Bald ist der Smart Geschichte: Der Zweisitzer, der den Individualverkehr revolutionieren sollte und dabei im Problemstau stecken blieb, wird dann nicht mehr gefertigt. Die Herausforderungen einer echten Verkehrswende bleiben.
Fast zwei Millionen Mal wurde der zweisitzige Smart gebaut, nun läuft die Fertigung aus. Branchenkenner sagen, das Auto habe nie Gewinn abgeworfen.
Das liegt möglicherweise daran, dass es nicht zu dem geworden ist, was es hätte sein sollen: die Verkörperung einer Verkehrswende in den Innenstädten.
Ich fordere ja zunächst einmal ein Auto, das nicht mehr so viel Schaden stiftet, wie das, was wir jetzt haben. Das langsam ist, das auch ohne Lärm fährt, keine Abgase erzeugt – das ist schon mal ein Riesenvorteil. Und dann fordere ich natürlich eine starke Reduktion des Verkehrs!
Frederic Vester, Biochemiker und Vordenker der Verkehrskybernetik im Jahr 1991
Seit Jahrzehnten finden die allermeisten Autofahrten im Nahbereich mit weniger als zwei Passagieren statt. Ein elektrischer Kleinwagen mit geringem Platzbedarf könnte diese Bedürfnisse vernünftig bedienen.
Mobil mit dem „Swatch-Auto“
Als „Swatch-Auto“ wurde die Idee vom Uhrenunternehmer Nicolas Hayek Anfang der 1990er-Jahre vorangetrieben.
Die Mobilität der einzelnen Menschen können Sie nie bremsen. Also wenn wir heute ein Gesetz machen und sagen, Sie und ich und jeder andere darf kein Auto mehr haben, da haben Sie eine Revolution in allen demokratisch geführten Ländern und die Regierungen werden weggefegt!
Doch die Wurzeln des Smart reichen bis in die 1970er-Jahre zurück, als der Ingenieur und Designer Johann Tomforde den Ur-Smart projektierte.
Mit dem Kontakt zum Auto-Manager Daniel Goeudevert, der von Ford zu VW gewechselt war und dort für den Vorstandsvorsitz gehandelt wurde, ging das revolutionäre Kleinwagenkonzept einen großen Schritt auf seine Verwirklichung zu.
Die Zusammenarbeit mit VW scheitert
Man hob ein Joint-Venture zwischen Swatch und dem Wolfsburger Konzern aus der Taufe. Doch dann wurde nicht Goeudevert Chef von VW, sondern Ferdinand Piëch, Automann der ganz alten Schule, Liebhaber von großen, schnellen Benzinkarossen.
Man unterschätzt die dunklen Kräfte eines Großunternehmens, die in Aktion sind, wenn es darum geht, über die Zukunft zu sprechen und nachzudenken.
Die verschlungene Technik- und Wirtschaftsgeschichte des Smart, der in den 90ern bei Mercedes landete, illustriert, wie visionäre Entwicklungen an kurzfristigen Konzerninteressen scheitern. Oder zukunftsweisende Projekte kommen zu früh.
Erst ab 2020 wurde der Zweisitzer ausschließlich elektrisch angeboten. Nach Ende des Benzinmodells ist damit nun auch Schluss. Der Nachfolger wird ein SUV sein.
Autor: Florian Felix Weyh Es sprechen: Ilka Teichmüller und Monika Oschek Ton: Hermann Leppich Regie: Klaus Michael Klingsporn Redaktion: Martin Hartwig