"Wir beobachten klassische Suchtsymptome"
Sind unsere Kinder süchtig nach dem Smartphone? Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie, warnt vor den Folgen einer ständigen Nutzung – und rät Kindern wie Eltern im Urlaub zu einer "digitalen Auszeit".
Gerade erst hat der Verband der Kinder- und Jugendärzte vor exzessiver Mediennutzung und Computerabhängigkeit in Familien gewarnt. Verbandspräsident Wolfram Hartmann warf der Politik im Berliner "Tagesspiegel" vor, zu wenig dagegen zu unternehmen. Der Verband möchte besonders die Nutzung von Smartphones näher erforschen – hat aber noch nicht das notwendige Geld auftreiben können.
Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, teilt die Sorgen der Kinderärzte. Zwar gebe es noch keine offizielle Diagnose wie Smartphone-Sucht. Man könne aber "klassische Suchtsymptome" beobachten: die ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Smartphone, Entzugserscheinungen wie Nervosität, wenn es nicht verfügbar ist, und steigenden Konsum, "um den gleichen Glücksmoment mit dem Medium zu erreichen".
Auf dem Smartphone kann man ständig die Kanäle wechseln
Montag sieht im Smartphone eine neue Dimension der digitalen Möglichkeiten. Denn auf Smartphones sei alles, was bisher im Suchtbereich als problematisch aufgetaucht sei, versammelt: Fernsehen, Computerspiele, Internet. Zudem habe das Smartphone die soziale Kommunikation maßgeblich verändert.
Bei der Internet-Sucht gebe es deutliche Parallelen zu ADHS und zur Depression, berichtete Montag. Kinder, die impulsiv seien und sich nicht konzentrieren wollten, könnten auf dem Smartphone ständig die Kanäle wechseln, warnte er. Wer sich aber maximal zerstreue und ständig selbst unterbreche, könne keine guten schulischen Leistungen erbringen. Montags Empfehlung für den Sommerurlaub, für Kinder wie Eltern: eine "digitale Auszeit", das Smartphone einfach auslassen.