Smileys zeigen Emotionen

Peter Schlobinski im Gespräch mit Gabi Wuttke |
Die Erfindung des Smileys sei eine Folge der Netzkommunikation, sagt Peter Schoblinski, Sprachwissenschaftler an der Leibnitz Universität Hannover. Dem Erfinder sei es darum gegangen, nonverbale Informationen darzustellen.
Gabi Wuttke: "Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht." – Kennt jeder, seit er zum ersten Mal einen Stift in der Hand hatte. "Doppelpunkt, Gedankenstrich, Klammer, fertig ist der Smiley." Kennt jeder, der in die Tasten haut. Heute vor 30 Jahren schlug ein amerikanischer Wissenschaftler vor, diese Zeichenfolge zu institutionalisieren. Das schiefe Lachen hatte durchschlagenden Erfolg. Wieso und was daraus erwachsen ist, kann uns Professor Peter Schlobinski erklären, Sprachwissenschaftler an der Leibnitz Universität Hannover. Schönen guten Morgen!

Peter Schlobinski: Einen schönen guten Morgen!

Wuttke: Drei Zeichen zur Vorbeugung von Missverständnissen oder als ironischer Kommentar – auf diese Idee hätte man doch schon vor ein paar Tausend Jahren kommen können. Oder hatte man damals einfach mehr Zeit?

Schlobinski: Zunächst ist zu sagen, dass tatsächlich die Schrift ja aus Bildzeichen entstanden ist, und wenn man sich mal die Schriftgeschichte ansieht, ist es so, dass auch Bilder immer eine Rolle gespielt haben. Aber der Smiley, der setzt ja voraus den Doppelpunkt, den Strich und die runde Klammer, und das setzt natürlich voraus ein bestimmtes Schriftsystem, und man könnte sagen, dass eigentlich vor der Schreibmaschine überhaupt jemand auf die Idee gekommen wäre, einen Smiley zu kreieren, das ist recht unwahrscheinlich.

Und was nun den Smiley an sich betrifft, ist er tatsächlich eine Folge wirklich der Netzkommunikation, denn es ging ja dem Erfinder darum, nonverbale Informationen, also das, was man nicht sehen kann, hier entsprechend in der schnellen Kommunikation, in der digitalen Kommunikation darzustellen, und das gab dann eigentlich den konkreten Anlass.

Wuttke: Und das heißt, Gott im Himmel, der ironische Kommentar musste erst erfunden werden, um dann darauf zu kommen, dass man das auch noch kürzer haben kann, als dann zu schreiben, "übrigens nehmen Sie es jetzt nicht ganz ernst, wenn ich sage, dass ... "?

Schlobinski: Das ist alles ganz in Ordnung. Bei der elektronischen Kommunikation, bei bestimmten Kommunikationsformen, zum Beispiel dann die Chat-Kommunikation, die ja auch in den Anfängen der Kommunikation eine relativ große Rolle gespielt hat, der E-Mail-Kommunikation und so weiter ist ja auch ein gewisser Zeitdruck da.

Und wenn Sie sich überlegen, Sie gebrauchen einen Smiley oder schreiben vielleicht "ich freue mich, Dich zu sehen", oder schreiben einfach "freue mich, Dich zu sehen", also man hat verschiedene Formen der Kürzung. Und der Smiley ist natürlich auf der einen Seite eine Stufe der Kürzung, auf der anderen Seite der Bildcharakter spricht für sich, und von daher ist er auch, wenn man es sieht und liest, sehr schnell als Information zu verarbeiten.

Wuttke: Die Sprache, Sie haben es ja schon angedeutet, ist so ökonomisch wie der Mensch. Aber aus "hab Dich lieb" die drei Buchstaben HDL zu machen, das ist doch schon ziemlich lieblos?

Schlobinski: Ja, wenn Sie das so sehen. Aber ich meine, Sie sehen ja, dass sehr viele Jugendliche gerade dieses HDL gebrauchen und das gar nicht als lieblos empfinden, und man muss auch sagen, dieses HDL bedeutet nicht im eigentlichen Sinne mehr "hab Dich lieb", sondern ist eine Art Begrüßungs- oder auch Verabschiedungsfloskel und hat sozusagen die eigentliche engere Bedeutung verloren.

Wuttke: Wie viele dieser Emoticons gibt es denn jetzt inzwischen?

Schlobinski: Es gibt sehr viele, wenn man mal in diese Lexika schaut. Allerdings muss man sagen, dass nicht alle diese gebraucht werden und die meisten, wenn Sie sich das mal ansehen, werden Sie weder kennen noch verstehen.

Wuttke: Ich gebe es zu, ja!

Schlobinski: Aber das ist bei mir auch so und das ist bei allen so. Es ist so, dass im Prinzip eine bestimmte Menge gebraucht wird, der zwinkernde Smiley, der lächelnde Smiley, teilweise mit zwei oder drei runden Klammern, um das zu verstärken, dass ich besonders freundlich bin oder mich besonders freue. Aber im Prinzip ist es so, dass es doch nur eine relativ kleine Menge im aktuellen Gebrauch gibt. Aber in den Listen findet man unendlich viele.

Wuttke: Und offensichtlicherweise, das haben Sie ja schon gesagt, die bewegen sich auch, die verändern sich. Es gibt welche, die verändern ihre Bedeutung, und andere sind inzwischen schon wieder verschwunden?

Schlobinski: Genau. Zum einen kann man sagen, dass bestimmte Smileys oder Emoticons in ihrer Bedeutung sich verändern. Es kommen neue hinzu, andere verschwinden. Wir können das ja sehr schön sehen in den letzten Jahren, dass der japanische Smiley, also die Smileys, die nicht um 90 Grad gedreht sind, mittlerweile auch immer stärker in den elektronischen oder digitalen Kommunikationsformen in Deutschland und in anderen westlichen Ländern gebraucht wird. Der japanische Smiley ist mittlerweile integriert in unsere Schriftkommunikation.

Wuttke: Glauben Sie denn, in 20 Jahren werden Smileys auch im ganz normalen Briefverkehr verwendet, oder gibt es dann eher keine Briefe mehr?

Schlobinski: Eher glaube ich, dass es weniger Briefe gibt. Die Entwicklung hat man ja heute schon. Aber in der normalen Kommunikation ist eigentlich der Smiley relativ selten. Das zeigen auch alle möglichen Untersuchungen. Und da muss man natürlich stark unterscheiden, ich sage mal, zwischen der privaten Kommunikation.

Es ist ein Unterschied, ob ich eine Postkarte schreibe, wo ja Jugendliche auch mal ein Bild einfügen und mittlerweile auch mal einen Smiley, oder ob ich, ich sage mal, meinem Präsidenten eine E-Mail schreibe. Ich würde mich natürlich schwer davor hüten, dort einen Smiley zu integrieren. Also die offizielle Kommunikation in der Administration und so weiter, da hat man natürlich diese ganzen Formen der Kommunikation nicht.

Wuttke: Mal abgesehen von der Hierarchie, ist das dann auch eine Generationenfrage?

Schlobinski: Auf jeden Fall! Es gibt eine schöne Untersuchung, und zwar zum Smiley-Gebrauch, also nicht nur, aber auch zum Smiley-Gebrauch in Japan. In Japan spielen die Bildzeichen noch eine viel größere Rolle als bei uns. Und da zeigt sich, dass insbesondere jüngere Mädchen so im Alter zwischen 13 und 16 Jahren sehr viel häufiger Smileys gebrauchen als natürlich ältere und auch als die Jungs.

Wuttke: Sie haben aber auch damals mal irgendwas gekritzelt, oder?

Schlobinski: Ja, auf jeden Fall! Ich gebrauche auch die Smileys in meiner E-Mail-Kommunikation oder auch beim Chatten.

Wuttke: Wir warten darauf, dass Sie dann das Smiley an Ihren Präsidenten schicken. Vielen Dank! 30 Jahre Smiley, dazu Professor Peter Schlobinski, Sprachwissenschaftler an der Leibnitz Universität Hannover.


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