Smithsonian Anthology of Hip-Hop und Rap
9 CDs mit 300 Seiten Booklet
momentan nur in den USA erhältlich
Aus der Bronx in die Welt
05:44 Minuten
Den Siegeszug des Hip-Hop vom Gettophänomen in der Bronx zur weltweiten Jugendkultur dokumentiert jetzt eine umfangreiche Sammlung. Auf 9 CDs und 300 Seiten Booklet liefert die "Smithsonian Anthology of Hip-Hop" musikalischen Geschichtsunterricht.
Afrika Bambaataa und sein "Planet Rock" ist wohl einer der wichtigsten Hip-Hop-Songs überhaupt. Denn Bambaataa, einst Anführer einer der größten Gangs in New York City, politisch aktiv und interessiert an den Freiheitsbewegungen der Schwarzen weltweit, riss 1982, also ganz früh im Hip-Hop-Zeitalter, mit diesem Song Grenzen ein.
In den Plattenläden wandte er sich nicht den Regalen mit den Funkscheiben zu, sondern durchstöberte die Platten für die Immigranten aus Polen, Russland und eben auch aus Deutschland nach passenden Beats für seine Raps.
Er suche nach den Beats der Zukunft, nicht nach denen der Vergangenheit, meinte er, so erinnert sich ein Freund an diese Record-Store-Besuche. Afrika Bambaataa fand Kraftwerks "Trans Europa Express" und ließ sich davon inspirieren.
Dies ist nur eine der vielen Geschichten aus der wohl umfangreichsten Hip-Hop-Sammlung bislang, die nun bei Smithsonian Folkways erschienen ist. Genau jenem Label, das vor allem für seine Veröffentlichungen von Woody Guthrie, Pete Seeger und amerikanischer Roots Musik bekannt ist.
Mit der "Anthology of Hip-Hop and Rap" versucht das Label auf neun CDs mit 129 Songs darauf und mit einem fast 300 Seiten dickem Begleitbuch den weltweiten Erfolg von Hip-Hop zu erklären. Es ist nach der "Anthology of American Folk Music" und der Jazz Anthology erst die dritte umfangreiche Sammlung in der langen Geschichte des Labels.
Als Crowdfunding-Projekt realisiert
Die mehrere Kilogramm schwere und sperrige Box mit ihren CDs erscheint ziemlich "Retro". Die Kids von heute hören keine CDs mehr und der jüngste Song auf der Anthology stammt aus dem Jahr 2013. In dem Jahr setzten sich DJs, Wissenschaftler, Kenner der Szene zusammen, um über dieses gewaltige Projekt nachzudenken und die wichtigsten Songs in der Hip-Hop-Geschichte aufzulisten.
Auf 900 kam man. Danach wurde links und rechts gestrichen. Dazu kamen Lizenzprobleme, nicht alle Lieder, die man haben wollte, konnten auf dieser Sammlung veröffentlicht werden.
All die großen und wichtigen Namen sind zwar vertreten, aber nicht unbedingt mit ihren besten oder bahnbrechenden Songs. Von daher ist der Schwerpunkt auch vor allem auf die Anfangsjahre, also die ersten 20 Jahre der Hip-Hop-Geschichte gelegt worden.
Im Dezember 2017 wurde dann eine Kickstarter-Kampagne gestartet, um die Finanzierung des Projekts zu garantieren. 368.000 Dollar von über 2800 Unterstützern und 44 Monate später liegt nun das Ergebnis vor.
Anarchisch, provokant, radikal
Alles fing in der Bronx an. Schwarze Kids, Kinder von Immigranten und Afro-Amerikanern, suchten und fanden im Rap ihre Sprache. Das in einer Zeit, in der Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre die gesellschafliche Kälte, die Ausgrenzung und die Hoffnungslosikeit gerade von jungen Schwarzen in den USA zunahm.
Rap wurde zur Sprache, zur musikalischen, künstlerischen Anti-Establishment-Ausdrucksform und zum Soundtrack einer Dauerparty. Es war anarchisch, provokant, kulturell radikal und eben ein Eigengewächs aus den Straßen von New York.
Der Big Apple war ohne Zweifel das Zentrum dieser neuen Szene, doch der Funke, der Beat, breitete sich schnell im ganzen Land aus. Andere Städte folgten, wie Philadelphia, Los Angeles und auch Oakland. Es gab den Krieg zwischen East– und West Coast. Offen ausgetragene "Battles".
Auch das wird in dieser "Anthology" angesprochen. Und die Frauen im Hip-Hop werden hier nicht als kleiner und unbedeutender Teil genannt, sondern durchaus als "driving forces" der Bewegung.
Der Hip-Hop bleibt aktuell
Die "Smithsonian Anthology of Hip-Hop und Rap" ist eine Spurensuche, ein Blick zurück auf ein Kulturphänomen, das klein in den Straßen der Bronx in New York City begann und mittlerweile zum führenden Musikstil weltweit geworden ist. In nahezu allen Charts rund um den Globus ist der Erfolgsweg des Hip-Hop auszumachen. Und das seit Jahrzehnten, kein Ende ist in Sicht.
Der frühere US Präsident Barack Obama beschrieb es einmal so: Hip-Hop ist nicht nur ein Spiegel für das, was jetzt ist. Es sollte auch eine Spiegelung davon sein, was sein könnte.