So klingt Heimat

Keine Angst vor Volksmusik!

Der Musiker Hubert von Goisern tritt am 10.10.2014 in München bei einer Fernseh-Gala auf.
Voll in seinem Element: der Musiker Hubert von Goisern am Akkordeon. © picture alliance / dpa
Christian Höppner und Jochen Kühling im Gespräch mit Matthias Hanselmann |
Heimatlieder - der Begriff löst unterschiedliche Reaktionen aus. Die einen sind begeistert, kennen alte Volkslieder. Für andere sind sie ein "No-Go". Sie denken an Karl Moik, den Musikantenstadl oder verweisen auf die Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten.
Heimatlieder – der Begriff löst hierzulande widersprüchliche Reaktionen aus. Die einen sind begeistert, kennen alte Volkslieder, musizieren vielleicht auch selbst. Für andere sind sie ein "No-Go", sie denken an Karl Moik, den Musikantenstadl oder verweisen auf die Vereinnahmung der Lieder durch die Nationalsozialisten.
In vielen Ländern sieht es ganz anders aus: Dort gehören Volkslieder selbstverständlich zum kulturellen Erbe. Jeder Grieche, Kroate oder Russe kann aus dem Stand mit einstimmen. Diese Verbundenheit zu den musikalischen Wurzeln zeigt sich auch bei vielen Zuwanderern oder auch den Flüchtlingen. Sie alle bringen auch ihre Musik mit nach Deutschland. Für sie sind ihre traditionellen Klänge ein Stück Heimat – auch in der Fremde.
Darauf macht auch der diesjährige "Tag der Musik" aufmerksam, der zum nunmehr achten Mal stattfindet – vom 17. bis 19. Juni. Initiator ist der Deutsche Musikrat. Das diesjährige Motto lautet: "Willkommen in Deutschland – Musik macht Heimat".
"Gerade die Musik als universelle Sprache weckt Neugierde auf Unbekanntes und lässt im Dialog der Kulturen Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen", sagt der Generalsekretär des Deutschen Musikrates Christian Höppner. Musik schlage Brücken zwischen Menschen, die zwar keine gemeinsame Sprache haben, aber sich doch verstehen könnten. Viele Musikerinnen und Musiker, Orchester oder Vereine hätten daher Projekte entwickelt, die Flüchtlinge bei ihrem Neuanfang in Deutschland unterstützen und willkommen heißen.

Das Heimatgefühl in der Musik

Der diesjährige "Tag der Musik" habe aber auch einen weiteren Zweck:
"Wir wollen zeigen, welches Heimatgefühl Musik vermitteln kann, welche Schätze wir in Deutschland haben." Es gebe immer noch eine Dis-Balance im kulturellen Erbe: "Wir werden im Ausland beneidet, was wir für ein reiches kulturelles Erbe haben." Musikalisch zeigten sich aber Brüche, zum Beispiel, wenn es um die Volksmusik gehe. Allenfalls die Älteren könnten sie noch zitieren.
"Ein Land, was nicht frei von der Leber weg singt, hat grundsätzlich ein Problem mit sich selbst", sagt Jochen Kühling. Der Musikproduzent ist Mitbegründer von "Heimatlieder aus Deutschland", einem einzigartigen Projekt, das Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern zusammenbringt, damit sie die Lieder ihrer Herkunftsländer hier in Deutschland spielen. Dazu gehören Gruppen unter anderem aus Kroatien, Vietnam, Portugal, Russland, Marokko und Slowenien.
Sie haben mehrere CDs herausgebracht; ihre Auftritte sind regelmäßig ausverkauft.

Durch Lieder näher an die Wurzeln

Seine Erfahrung: "Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Deutsche gemeinsam ein Volkslied von Anfang bis Ende singen können, geht doch gegen null."
Mit den traditionellen Liedern der Einwanderer hofft er, auch die Deutschen wieder näher zu ihren eigenen Wurzeln zu bringen: "Dass wir aufgrund der Stärke dieser Lieder vielleicht auch hier lebende Deutsche dazu bringen können, sich mal wieder damit zu beschäftigten, was sie in der Kindheit gesungen haben, oder dass es sich lohnt, mal wieder gemeinschaftlich irgendwo anzustimmen. Ich glaube, eine Kultur, die singt, ist eine Kultur, der es gut geht. Und das ist etwas, dass uns hier in Deutschland so ein bisschen fehlt."

Unsere Gäste:

Christian Höppner: Generalsekretär des Deutschen Musikrates, geboren1956 in Berlin. Er ist Klassikfan, Cellist, Dirigent und Musikpädagoge.

Jochen Kühling: Musikproduzent und Mitbegründer von "Heimatlieder aus Deutschland", einem einzigartigen Projekt, das Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern zusammenbringt – damit sie die Lieder ihrer Herkunftsländer hier in Deutschland spielen.

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