Filmregisseur Sönke Wortmann

"Wenn es mal schiefgeht, geht es danach trotzdem weiter"

32:45 Minuten
Der Regisseur Sönke Wortmann kommt über den Roten Teppich zur Premiere des Kinofilms "Eingeschlossene Gesellschaft". Er trägt einen blauen Pullover und darunter ein Hemd.
„Wenn mein erster Film ein Flop gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich gar keinen zweiten machen können“, sagt Sönke Wortmann. © picture alliance/dpa
Moderation: Katrin Heise |
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Zum Fußballprofi fehlte Sönke Wortmann der Ehrgeiz. Stattdessen wurde er Regisseur und drehte Filme über Fußball – und Kassenschlager wie „Der bewegte Mann“. Sein neustes Werk „Eingeschlossene Gesellschaft“ spielt nun in einem Lehrerzimmer.
In der Enge des Lehrerzimmers, von dem ehrgeizigen Vater eines Schülers gefangen gehalten, zeigen sich die wahren Charaktereigenschaften der Lehrer, so die Versuchsanordnung von Sönke Wortmanns jüngsten Film „Eingeschlossene Gesellschaft“. Der Regisseur ist heute, nach unzähligen Erfolgen, nicht mehr so nervös wie früher, wenn sein Werk auf der Premiere dem Publikum gezeigt wird.
„Wenn mein erster Film ein Flop gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich gar keinen zweiten machen können“, so Wortmann. Der existenzbedrohende Druck, den ein Neuling spürt, sei schon lange nicht mehr da. "Wenn es mal schiefgeht – und ich habe schon bewiesen, dass ich auch Flops herstellen kann – geht es danach trotzdem weiter.“

Keine Klischees

„Eingeschlossene Gesellschaft“ ist nicht der erste Film Wortmanns über Schule, Schüler und Lehrer. An kaum einem Setting ließen sich so gut allgemeinmenschliche Dramen von Macht und Revolte, Liebe und Verrat inszenieren wie an einer Schule. Außerdem sei es ein Ort, den zudem jeder kennt.
Das Lehrerkollegium kommt bei Wortmann nicht immer gut weg: Lehrer werden mitunter als blasierte, ichbezogene und inkompetente Besserwisser dargestellt, die zudem ihren Schülerinnen nachstellen. Dass er mit seinen Filmen auch abgegriffene Klischees bedient, streitet er ab: "Das sind keine Klischees, das ist so. Das höre ich immer wieder."

Falsch verstandene Debattenverbote

Wortmann schreckt in seiner Arbeit nicht davor zurück, zu polarisieren. Im Gegenteil, er wünscht sich mehr Streitkultur und sorgt sich darum, dass Sprech- und Denkverbote zunehmend einen freien Diskurs vergiften: „Das hat natürlich viel mit sozialen Netzwerken zu tun, in denen man anonym die gröbsten Beleidigungen und Morddrohungen ausstoßen kann, ohne dass es verfolgt werden kann. Früher war nicht alles besser. Aber dieser Punkt war früher anders. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht verrohen."
Sönke Wortmann hat jüngst einen Roman geschrieben. Im Herbst 2021 erschien „Es gilt das gesprochene Wort“, in dem es um den Redenschreiber eines fiktiven deutschen Außenministers geht und um aufkeimende Verschwörungstheorien, von denen es auch bereits vor der Coronazeit zu viele gab. „Ich wollte das Romanschreiben mal versuchen. Erst habe ich das Thema gefunden: Diplomatie und Sprache. Davon ausgehend habe ich mir Figuren ausgedacht. Im Vergleich zum Filmen war das eine einsame Arbeit. Aber eine schöne Erfahrung, ein Glücksgefühl", erzählt der Regisseur.

Als Praktikant in zwei Botschaften

Um das Buch zu schreiben, war ihm keine Recherche zu aufwendig: Er hospitierte in deutschen Botschaften in Marokko und Südafrika, mit für ihn höchst zufriedenstellendem Resultat, wie er sagt: „Ich bin dafür gelobt worden, dass ich mir ein Thema gesucht habe, das mit mir nichts zu tun hat. Wenn ich über eine Botschaft schreibe, muss ich wissen, wie die funktioniert. Da war ich dankbar, dass mich die Botschaftsangestellten in Rabat und Pretoria als Praktikant an die Hand genommen und mir alles gezeigt haben.“
 (AB)
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