Sofie Hagen: Happy Fat. Nimm Dir Deinen Platz!
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz
Dumont, Köln 2020
352 Seiten, 13,99 Euro
Über die Selbstakzeptanz zur Systemveränderung
05:20 Minuten
Witzig, tiefgründig und politisch schreibt die dänische Comedienne und Podcasterin Sofie Hagen über ihr Leben als übergewichtige Frau - und zwar so treffend, dass einem das Lachen dabei im Hals stecken bleibt.
"Wir brauchen eine dicke Disney-Prinzessin", twitterte die dänische Comedienne, Podcasterin und Autorin Sofie Hagen eines Abends - und bekam tausende Kommentare. Sie wurde beschimpft und gemaßregelt, ihr wurde erklärt, Dicke seien hässlich und sie müsse schon abnehmen, wenn sie einen Prinzen oder Sex haben wolle. Was war passiert? Eine dicke Frau hatte einen Anspruch formuliert.
Kaum Dicke im Fernsehen
Dicke Figuren gibt es kaum in Filmen, Serien und Büchern, das macht Sofie Hagen in ihrem Buch "Happy Fat" sehr deutlich. Diese mangelnde Repräsentation ist Ausdruck einer Gesellschaft, in der dicken Menschen konstant gesagt wird, sie hätten keinen Platz in dieser Welt.
Flugzeugsitze und Toilettenkabinen sind zu eng, dicke Menschen werden öffentlich beschimpft und beschämt, gelten als unsexy, verdienen weniger Geld und werden aus Bereichen öffentlichen Lebens ausgeschlossen. Hinter allem steckt die konstante Botschaft, "dass dünn sein gut ist und dick sein schlecht".
Mit "Happy Fat" fordert Sofie Hagen den Platz ein, den die Gesellschaft Dicken verweigert. Das Buch ist kein Ratgeber, der "Body Positivity" oder Selbstliebe vermarkten will. Hagen schreibt zwar im lockeren Plauderton und leicht redundant über ihre Kindheit, über Scham, Selbsthass, Depression und ihren langen Weg zur Selbstakzeptanz, aber sie erweitert diese anekdotische Perspektive durch Studien und Interviews mit Schwarzen, Queeren, Behinderten und Trans-Aktivist*innen.
Die "Fat Liberation"-Bewegung
Explizit verortet sich Sofie Hagen in der Tradition der "Fat Liberation"-Bewegung, die seit den 1960er Jahren von Frauen vorangebracht wurde, die "überwiegend dick, jüdisch, schwarz und queer" waren. Die Bewegung kämpft gegen strukturelle Unterdrückung und Diskriminierung. Die Akzeptanz des eigenen Körpers und die selbstbestimmte Bezeichnung als dick oder fett sind Bestandteile des Aufbegehrens.
Sofie Hagen legt mit ihrem politischen Buch überzeugend dar, dass sich der Hass auf Dicke auf den Kapitalismus und das Patriachat zurückführen lässt. Im Kapitalismus würden Menschen Minderwertigkeitskomplexe eingeredet, damit sie entsprechende Produkte kaufen, die Abhilfe versprechen. Das Patriarchat wiederum verlange Frauen extreme Selbstdisziplin ab, um einem Schönheitsideal zu entsprechen – wer sich diesem verweigere, werde abgelehnt.
Humorvoll und gut zu lesen
Am Ende dieses humorvollen und gut zu lesenden Buchs ist zweierlei sehr klar: Man muss sich und seinen Körper nicht lieben, es reicht schon aus, ihn einfach zu akzeptieren und netter zu sich selbst zu sein.
Und: Der Kampf gegen Diskriminierung ist immer auch ein Kampf gegen den Kapitalismus und das Patriarchat. Ohne das System zu verändern, gibt es keine wirkliche Veränderung.