Apple will Kinderpornografie bekämpfen
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Apple-Geräte sollen künftig in den USA kinderpornografische Bilder erkennen und eine polizeiliche Verfolgung erleichtern. Computerexperte Jörg Schieb kann sich das auch in Europa vorstellen, aber da stehe noch eine kritische Debatte aus.
In den USA soll eine neue Funktion ab Herbst zunächst in den USA auf allen iPhones aktiviert werden: "neuralMatch". Apple will so daran mitwirken, kinderpornografische Bilder im Internet aufzuspüren und zu melden. Die Software soll immer dann zum Einsatz kommen, wenn Nutzer ihre Fotos in die iCloud zum Backup hochladen. Das Vorhaben ist umstritten.
Kurswechsel bei Apple
In den USA sei das Vorgehen nicht ungewöhnlich, erläutert der Computerexperte Jörg Schieb. Microsoft, Google und andere Firmen machten das auch. Apple könne nicht etwa in die Fotografien oder Videos hineinsehen, sondern es werde vollautomatisiert abgeglichen, ob es sich um Material aus fragwürdigen Datenbanken handele. Dann könne eine Warnung ausgelöst werden, um den Verdacht polizeilich zu prüfen.
"Aber das ist natürlich schon ein Eingriff", sagt Schieb. Bislang sei Apple vor allem dadurch positiv aufgefallen, dass die Firma Datenschutz und Privatsphäre sehr hoch gehängt habe. Das Unternehmen habe alles dafür getan, dass andere keinen Zugriff bekämen. Diese Initiative zum Kinderschutz sei deshalb schon überraschend, so Schieb. Es handele sich um eine ganz andere Vorgehensweise, als man sie bisher von Apple kenne.
In Deutschland sei das ebenfalls denkbar, sagt der Computerexperte. Die EU-Kommission habe den Herstellern erst vor wenigen Wochen eine Ausnahmegenehmigung für genau diesen Zweck erteilt. Sie gelte zunächst nur für anderthalb Jahre. "Da hat es auch schon Proteste gegeben, es ist auch noch nicht in geltendes Recht gegossen." Es handele sich bisher nur um eine Initiative. Ob das Verfahren auch in Europa zugelassen werden sollte, müsse unbedingt diskutiert werden.
Missbrauch durch Diktaturen möglich
Gefahren drohten aus autoritären Regierungen. Länder wie Saudi-Arabien, die Türkei oder Ungarn könnten Firmen wie Apple dazu verpflichten, solche Verfahren auch für ihre Zwecke einzusetzen, beispielsweise bei Informationen von Dissidenten. "Dann können die Hersteller wie Apple nicht mehr sagen: Wir können das gar nicht." Autoritäre Regierungen könnten das aber zur Bedingung machen, damit die Hersteller ihre Geräte im Land überhaupt verkaufen dürften, befürchtet Schieb. Die Funktion könne missbraucht werden, um Unschuldige gezielt zu diskreditieren.
(gem)