Hausmeisterhelfer mit Mindestlohn
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Eine unbefristete Stelle, Mindestlohn und raus aus HartzIV: Vor einem Jahr hat der Berliner Senat das Modellprojekt „Solidarisches Grundeinkommen“ gestartet. 1000 Jobs sind zu vergeben, gut die Hälfte ist besetzt. Was bringt der Ansatz?
Der Dienst von Axel Bünger beginnt morgens um sieben. "Quartiersläufer" – so nennt sich sein Job bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. In Friedrichshain ist er für das Umfeld der landeseigenen Häuser zuständig, meldet Graffiti, kontrolliert die Spielplätze.
Jetzt steht der 53-Jährige – blaues T-Shirt, blaue Arbeitshose – vor den versenkten Müllcontainern in der Friedensstraße und schüttelt den Kopf: Ein Mieter hat seinen Beutel mit Essensresten und leeren Büchsen neben den Mülleimer gelegt. Eine Schar Wespen macht sich darüber her.
"Es gibt leider auch viele Leute, die schaffen es nicht mal, obwohl es gleich hier ist, das reinzuschmeißen. Ich weiß gar nicht, ob ich einen Schlüssel dafür habe."
Bünger besorgt sich einen Schlüssel für den Hausmüllcontainer, streift schwarze Gummihandschuhe über und befördert die übel riechende Tüte in die versenkbare Tonne.
"Wenn man erst mal einen Blick dafür hat, das ist wirklich schlimm. Manche Wohnecken - das verstehe ich einfach nicht. Ich sage immer Nestbeschmutzer dazu. Wie kann man in einer Gegend, in der man lebt, das so versauen, dass das so eklig ist?"
Dreimal mehr als Hartz IV
Axel Bünger ist ein hilfsbereiter Kumpeltyp, im linken Ohr trägt er drei große Silberringe, der Schädel ist frisch geschoren, der Bart gestutzt. Er hat nie eine Berufsausbildung gemacht, hat als Bauhelfer gejobbt und als Fahrgastbetreuer. Dann wurde er arbeitslos. Als das Jobcenter ihm die Stelle als Quartiersläufer anbot, sagte er sofort zu.
Die Arbeit sei super. "Weil: Ich bin draußen." Er könne sich nicht vorstellen, den ganzen Tag im Büro zu sitzen. "Ich habe viele Kontakte, was auch meinem Wesen entspricht. Macht Spaß, kann man nicht anders sagen."
Axel Bünger verdient 2100 Euro brutto - jetzt hat er dreimal mehr zur Verfügung als vorher mit Hartz IV. Außerdem fühlte er sich vom Jobcenter schlecht behandelt.
"Man wird doch schon sehr drangsaliert." Oder es werde versucht, einen "in Sachen zu drängen, wo sie gerade Leute brauchen, wo man aber gar keine Affinität dazu hat oder überhaupt kein Interesse." Und dann heiße es:"Na, ihre Ansprüche sind aber hoch."
Sinnvolle Beschäftigung statt kurzfristiger Maßnahmen?
Axel Bünger ist einer von genau 543 Nutznießern des "Solidarischen Grundeinkommens". Die Vorteile gegenüber Hartz IV: Bezahlt wird der Tariflohn oder der Landesmindestlohn in Höhe von mindestens 12,50 Euro die Stunde. Außerdem ist der Job unbefristet. Fünf Jahre lang kann Bünger bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte arbeiten. Wenn das Unternehmen ihn danach nicht übernimmt, bekommt er einen Job in einem anderen landeseigenen Unternehmen.
Die Idee zum "Solidarischen Grundeinkommen" stammt von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller. "Viele Menschen brauchen Arbeit, wollen arbeiten, können arbeiten. Und sie wollen eine sinnvolle Beschäftigung haben und nicht über kurzfristige Arbeitsmarktinstrumente von einer Maßnahme in die andere geschickt werden", sagt Müller.
Nachdem der SPD-Politiker gemeinsam mit Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung das Modellprojekt entwickelt hatte, stellte er es dem Bundesarbeitsministerium vor und versuchte, seinen Parteifreund Hubertus Heil für seine Idee zu gewinnen. Doch Heil lehnte ab und legte im Gegenzug ein eigenes bundesweites Programm auf: das sogenannte Teilhabe-Chancengesetz.
"Wir haben, um es vorsichtig zu sagen, wenig Unterstützung bekommen von der Bundesebene", moniert Müller. "Aber wir waren fest davon überzeugt, wir haben eine gute und richtige Idee. Und die ersten Schritte, dass wir über 500 Stellen besetzt bekommen haben, das bestätigt uns auch in diesem Gedanken."
Kritik von mehreren Seiten
In beiden Fällen geht es um die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen, wobei das Berliner Landesprogramm früher ansetzt als das des Bundes. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit äußerte sich kritisch über das Berliner Modellprojekt, ebenso das bundeseigene Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Dessen Vize-Chef Ulrich Walwei gibt zu bedenken, es müssten die richtigen Personen ausgewählt werden. "Ich darf nicht dafür sorgen, dass da Personen reinkommen, die wir auch in anderer Form in Beschäftigung bringen könnten." Und es müsse dafür gesorgt werden, dass die Suche auf dem ersten Arbeitsmarkt bestehen bleibt. "Deshalb darf das keinesfalls unbefristet sein."
Die Wirtschaft forderte, Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt dürften nicht durch die staatlich geförderten Stellen verdrängt werden, es dürfe keine Konkurrenz entstehen. Deshalb sind lediglich Helfertätigkeiten erlaubt.
Nur Helfertätigkeiten erlaubt
In der Wohnungsbaugesellschaft Mitte unterstützen jetzt fünf Quartiersläufer die regulär bezahlten 30 Hausmeister. Axel Bünger fühlt sich unterfordert: "Ich darf ja nicht viel machen, manchmal fühle ich mich selber ein bisschen nutzlos, ich dürfte ja noch nicht einmal den Hof fegen, eine Glühbirne austauschen dürfte ich auch nicht."
Der 53-Jährige will die angebotene Weiterbildung nutzen, um später vielleicht in einen qualifizierten Hausmeisterjob wechseln zu können.
Das Solidarische Grundeinkommen wird wissenschaftlich begleitet – der rot-rot-grüne Berliner Senat hofft nach wie vor, dass andere Länder oder gar der Bund diese Idee ebenfalls umsetzen.