Kommentar

Wo bleibt die Solidarität mit den jüdischen Opfern sexueller Gewalt?

04:48 Minuten
Am Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen demonstrieren einige jüdische Frauen gegen das Schweigen feministischer und queerer Organisationen zur Gewalt gegen Jüdinnen beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023
Am Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen demonstrieren einige jüdische Frauen gegen das Schweigen feministischer und queerer Organisationen zur Gewalt gegen Jüdinnen beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 © IMAGO / ABACAPRESS / Prezat Denis
Ein Standpunkt von Sharon Adler |
Audio herunterladen
Im Zuge des Hamas-Massakers am 7. Oktober 2023 wurden Frauen und Mädchen Opfer sexualisierter Gewalt. Einen Aufschrei gegen diese Verbrechen vermisst die Autorin Sharon Adler bis heute - besonders von feministischen und queeren Gruppen. 
Juni 2024. Sommer. Sonne. Solidarity. Die Zeit der Kunst-, Kultur, und Musikfestivals, der Fusion, des Christopher Street Day. Der Juni ist Pride Month. Eine Zeit, die für den Kampf gegen Diskriminierung, Homophobie und für Safer Spaces steht. Für geschützte Räume für queere Menschen. Das ist gut so.

Weltweit ohne Safe Space

Seit dem 7. Oktober, seit dem Massaker an den Menschen in Israel, in den Kinderzimmern und den Felder der Kibbuzim, auf die tanzenden, feiernden jungen Leute auf dem Nova Music Festival, ist die jüdische Community weltweit ohne diesen Safe Space. Frauen und Mädchen waren das Ziel des Pogroms.
Es hätte jede von uns treffen können. Meine Schwester. Meine Freundin. Meine Tochter. Meine Mutter. Meine Kollegin. Mich.
Kurz nach dem Überfall am 7. Oktober gab es am 13. Oktober von der Hamas einen Gewaltaufruf gegen Jüdinnen und Juden in der Diaspora weltweit. Jüdinnen und Juden weltweit sind zum Freiwild geworden für Angriffe aller Art. Vor ein paar Tagen wurde eine Zwölfjährige in der Nähe von Paris das Opfer einer Gruppenvergewaltigung. Weil sie Jüdin ist.

Kein Zeichen der Anteilnahme

Wo sind die Verbündeten, das Netzwerk, wo sind unsere Allies?
Seit dem 7. Oktober habe ich auf ein Zeichen von Politiker*innen, von Prominenten, von Frauenorganisationen, von Queerfeministinnen gewartet, die sexualisierte Gewalt gegen die Frauen in Israel zu thematisieren, anzuerkennen, zu verurteilen. Als Herausgeberin des feministischen Online-Magazins AVIVA-Berlin habe ich am 25. November 2023, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, jede einzelne eingehende Pressemitteilung nach einem Wort, einem Zeichen der Solidarität oder auch nur der Anteilnahme abgesucht.
Vergeblich. Es gab keins. Weder von UN Women, noch von Terre des Femmes, auch nicht von medica mondiale.

Sind jüdische Opfer weniger wert?

Ich frage: Passt das Leid der Israelinnen nicht in die Narrative von Feministinnen, von feministischen Organisationen? Sind jüdische Opfer sexualisierter Gewalt weniger wert? "MeToo_UNless_UR_a_Jew!": Unter diesem Hashtag wird das Schweigen und Verschweigen dokumentiert.
Am 19. Juni, dem "Internationalen Tag zur Beendigung sexueller Gewalt in Konflikten" habe ich - wieder mal - auf ein Zeichen gewartet. Und wieder kam keins.

Sharon Adler, 1962 in Berlin-West geboren und in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Holland und Israel aufgewachsen, ist Fotografin, Publizistin, Moderatorin, Herausgeberin von AVIVA-Berlin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Zurückgeben. 

Mehr zum Thema sexualisierte Gewalt