Solms: FDP will Verstaatlichung von Banken verhindern

Hermann Otto Solms im Gespräch Gabi Wuttke |
Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms, hat den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Guttenberg, insolvenzgefährdete Banken unter staatliche Zwangsverwaltung zu stellen, im Grundsatz zugestimmt.
Gabi Wuttke: Zwangsverwaltung statt Enteignung – wäre das für den Wunschkoalitionspartner der Union, die FDP, ein gangbarer Weg in die noch immer krisengeschüttelte Zukunft? Um das zu klären, ist Hermann Otto Solms jetzt am Telefon, der finanzpolitische Sprecher der Liberalen. Guten Morgen, Herr Solms!

Hermann Otto Solms: Guten Morgen!

Wuttke: Wie viel Staat lässt die FDP denn inzwischen zu?

Solms: Nun, wir haben als FDP-Bundestagsfraktion ein Positionspapier zu der Frage der Insolvenz von Banken schon vor einigen Wochen vorgelegt. Die Zielsetzung ist die, übrigens wie bei Guttenberg, dass man eine Verstaatlichung oder Enteignung vermeidet, aber eine Insolvenz einer systemrelevanten Bank verhindert. Das wäre ja natürlich für das System gefährlich, deswegen stimmen wir in der Zielsetzung mit Guttenberg völlig überein.

Wuttke: Was ist denn inzwischen alles systemrelevant? Da kann ja jeder kommen. Ich denke, es war nur die HRE und alles andere können wir und müssen wir ertragen?

Solms: Ja, gut, aber bei HRE haben wir eben das Problem, dass der Steuerzahler für die hohen Risiken, die diese Bank eingegangen ist, eintreten musste, um einen Zusammenbruch der HRE – mit Folgewirkungen für viele andere Banken und auch andere Kunden der Banken – zu vermeiden. Das sollte in Zukunft nicht mehr eintreten. Die Frage ist eben, wie man das verhindert. Der Plan von Guttenberg, sage ich ja, geht in die richtige Richtung, setzt aber zu spät an, weil wenn Sie schon im Insolvenzfall sind oder in der Situation, dass die Bank von Insolvenz bedroht ist, dann ist das nur noch eine Notmaßnahme, dann nützt die staatliche Verwaltung auch nichts. Sie müssen verhindern, dass die Bank überhaupt in diese Situation kommt. Deswegen brauchen Sie Kriterien, nach denen die Bankenaufsicht frühzeitig einschreiten kann und die Bank zu einem anderen Verhalten zwingen kann.

Wuttke: Aber müsste ein liberaler Politiker nicht sagen, der freie Markt trennt Spreu von Weizen?

Solms: Nein, das ist gerade im Finanzmarkt nicht der Fall. Auch wir sind der Meinung, dass es eine klare, strikte Regelung und insbesondere einer kompetenten Bankenaufsicht bedarf, die Risiken des Finanzsystems, welches ja international verknüpft ist, sind allzu groß geworden. Daraus entstehen Schneeballeffekte, die man dann nicht mehr eindämmen kann. Deswegen ist der Staat gezwungen, die Regeln so strikt durchzusetzen, dass es eben möglichst zu solchen Fällen nicht wieder kommen kann.

Wuttke: Also sind die Banken in Deutschland immer noch zu leichtfertig?

Solms: Nun, in Deutschland, na, die Banken überall auf der Welt sind Risiken eingegangen, die eigentlich nicht verantwortbar waren. Häufig haben die Bankenmanager überhaupt nicht verstanden, welche Risiken sie eingehen. Die Bankenaufsicht hat voll versagt. Die hat zwar teilweise die Risiken gesehen, aber nicht gehandelt. Also, hier sind Korrekturen eben nicht nur bei den Banken, sondern auch in der Bankenaufsicht dringend geboten, gerade hier in Deutschland, und man muss ihr Instrumente an die Hand geben, dass sie noch früher, wenn schon die ersten Warnzeichnen drohen, wenn man erkennt, dass die Banken zu hohe Risiken eingehen oder dass sie von den sogenannten Fristentransformationen Gebrauch machen, dass sie also langfristige Ausleihungen mit kurzfristigen Mitteln refinanzieren, das führt ja dann immer zu diesen Risiken, dann muss eben vorzeitig eingegriffen werden. Und dann sollte die Bankenaufsicht, auch nach unserer Ansicht, eben eine Art Insolvenzverwaltung einsetzen, um die Bank zu zwingen, ihre Politik zu korrigieren.

Wuttke: Liegt ein Signal dieses Plans von zu Guttenberg auch in der Drohung, die gesamte Manageretage vor die Tür setzen zu können?

Solms: Nun, das ist … Meiner Ansicht nach gehört das zwingend dazu. Wenn ein Vorstand Risiken eingeht, die die Bank nicht beherrschen kann, dann hat er seine Aufgaben verfehlt. Entscheidend aber ist, dass die Bank nicht unter Staatsverwaltung gestellt werden kann, denn der Staat kann das ja auch nicht. Wer ist denn der Staat? das sind Beamte, die eigentlich für diese Aufgaben gar nicht ausgebildet sind, sondern es muss ein Fachmann als Art Insolvenzverwalter, als Reorganisationsverwalter von der Bankenaufsicht eingesetzt werden, der dann die Kompetenzen und die Verfügungsmacht hat, die notwendigen Schritte einzuleiten.

Wuttke: Herr Solms, mich beschleicht der Verdacht, wenn es solche Pläne gibt, egal ob von der FDP oder von der CSU, dann droht Gefahr. Stehen noch mehr Banken am Abgrund?

Solms: Nein. Das kann ich jetzt nicht beurteilen, ich bin ja nicht die Bankenaufsicht. Ich sehe nur, dass die Probleme noch nicht endgültig gelöst sind. Einerseits, daran ist die Bundesregierung ja … leider ist das per Gesetz so ausgelegt worden, dass es nicht von den Banken in Anspruch genommen wird, weil die Bedingungen zu eng sind und zu teuer sind, und das Zweite ist eben, für die Zukunft so etwas zu vermeiden. Dafür brauchen wir eine gesetzliche Lösung. Ich denke, dass die Vorstellungen von Guttenberg und unsere Vorstellungen dann nach der gewonnenen Bundestagswahl so zusammengebracht werden können, dass ein vernünftiges Konzept daraus wird.

Wuttke: Da haben Sie jetzt in die Kristallkugel geschaut. Vielen Dank, Hermann Otto Solms, der finanzpolitische Sprecher der FDP, er sagt: Ja, insolvenzbedrohte Banken sollten unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt werden. Herr Solms, vielen Dank und schönen Tag!

Solms: Schönen Tag!