Friedrich Gulda, Klavier
Friedrich Gulda spielt Wiener Klassik
Friedrich Gulda war schon zu Lebzeiten eine Pianisten-Legende. Seine Nähe zum Jazz polarisierte das traditionelle Publikum und zog vor allem junge Hörer an, auch als er 1967 in Berlin Wiener Klassik spielte - ein exklusiv-legendärer Archiv-Mitschnitt.
Friedrich Gulda war schon in jungen Jahren eine umstrittene Künstlerpersönlichkeit. Seine Klavierkunst stand außer Frage, doch seine Offenheit gegenüber anderen Stilen als dem Barock, der Klassik und Romantik, vor allem seine Liebe zum Jazz, verwirrte viele traditionelle Konzertgänger.
Raus aus der Schublade
"Um ehrlich zu sein, in letzter Zeit übe ich kaum noch, aber ich spiele gern und viel Klavier.", so der Pianist Friedrich Gulda in einem Gespräch mit Schülerinnen und Schülern in Berlin.
Friedrich Gulda lebte von 1930 bis 2000. Der Wiener war ein typischer Nachkriegsjugendlicher, der die Befreiung vom Nationalsozialismus auch musikalisch erlebte. Entsprechend neugierig und offen war er für den Jazz. Den empfand er als Offenbarung, nicht zuletzt als Mittel, die klassische Musik adäquat zu spielen und zu begreifen.
RIAS Berlin, eine der Vorgängeranstalten von Deutschlandradio, hat im November 1967 in der Philharmonie Berlin das Gulda-Rezital aufgenommen.
Diesmal "nur" Wiener Klassik
Häufig spielte Friedrich Gulda Soloabende mit zwei verschiedenen Hälften. Eine bestand aus Klassik, die andere aus Jazz. Das Programm, das Gulda am 6. November 1967 in West-Berlin spielte, beinhaltet allerdings ausschließlich Werke der Wiener Klassik und des Barock. Als allerletzte Zugabe spielte er ein eigenes Stück.
Mehr Freude mit Jugendlichen
Vier Impromptus von Franz Schubert, die Sonate Nr. 21 von Beethoven, die a-Moll-Sonate KV 310 von Mozart bilden das Hauptprogramm. Dazwischen können Sie Friedrich Gulda in verschiedenen Gesprächssituationen erleben, in journalistischen Interviews oder auch im Dialog mit jungen Menschen. Letzteres schien ihm deutlich mehr Spaß gemacht zu haben.
Haydns trockene Poesie
Das Solo-Rezital beginnt mit Joseph Haydns Andante con Variazioni f-Moll Hob. XVII/6. Es zeigt den Komponisten auf dem Weg zu neuen Gefilden, erst recht in der Gestaltung von Friedrich Gulda. Der setzt das altersweise Stück in ein trocken-poetisches Licht.
Ausnahmsweise das gedruckte Programm gespielt
Die Berliner Kritiken zu diesem Konzert Friedrich Guldas waren zwar wohlwollend, letztlich doch darauf aus, ein gewisses Fremdheitsgefühl zu artikulieren: zu viel Rhythmus bei Mozart, zu viel Freiheit bei Beethoven und zu viel Stringenz bei Schubert.
Aus den Zeitungsartikeln vom 7. November 1967 erfahren wir außerdem, dass das Publikum jugendlich dominiert war und es nicht allzu viele Gäste im Saal gab, weil Gulda dafür bekannt war, nicht das zu spielen, was in den Annoncen ausgedruckt war.
Doch an diesem Abend in der Philharmonie hielt er sich ans Programm, wie es avisiert war. Auch deshalb kann man dieses Konzert als legendär bezeichnen.
Aufzeichnung vom 6. November 1967 in der Philharmonie Berlin
Joseph Haydn
Andante con Variazioni f-Moll Hob. XVII/6
Andante con Variazioni f-Moll Hob. XVII/6
Wolfgang Amadeus Mozart
Sonate a-Moll KV 310
Sonate a-Moll KV 310
Ludwig van Beethoven
Sonate Nr. 21 C-Dur op. 53 "Waldstein-Sonate"
Sonate Nr. 21 C-Dur op. 53 "Waldstein-Sonate"
Franz Schubert
4 Impromptus D 899
4 Impromptus D 899