Sommertheater - Berliner Staatsoper

Deutschlands spannendste Baustelle

Die Berliner Staatsoper Unter den Linden ist noch immer eine Baustelle.
Die Berliner Staatsoper Unter den Linden ist noch immer eine Baustelle. © dpa / picture alliance / Rainer Jensen
Von Susanne Arlt |
Seit 2010 wird die Berliner Staatsoper umfänglich renoviert. In einem sanierten historischen Gewand soll dann ab 2017 hochmodernes Theater entstehen. Ein Prozess, der manchmal länger dauern kann als geplant - auch die Kosten sind exorbitant in die Höhe gestiegen.
Diese Pause dauert schon etwas länger. Statt Werke von Verdi und Wagner, sind an der Berliner Staatsoper Unter den Linden seit fünf Jahren vornehmlich Baugeräusche zu vernehmen. Das klassizistische Bauwerk sollte schon vor zwei Jahren eröffnet werden. Damals ging die Baubehörde auch noch von 300 Millionen Euro Gesamtkosten aus. Inzwischen sind es knapp 400 Millionen. Und die Eröffnung ist für 2017 anvisiert.
"Ah ja schön, das ist richtig schön, der Hof hier ist echt schön ..."
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher lehnt über das Geländer im ersten Stock der Intendanz, schaut hinunter in den Innenhof. Der war lange Jahre verbaut, jetzt bietet er viel freie Fläche. Zum Beispiel für ein Schwätzchen oder Nickerchen zwischen den Orchesterproben.
"Ah ja schön, das ist richtig schön, der Hof hier ist echt schön ... der war ja so verbaut ... ja das ist ja ein totaler Befreiungsschlag. Das man auch das Ensemble so wahrnimmt, das ist schon toll."
Akustik auf Weltniveau
Senatsbaudirektorin Lüscher bleibt bei der Besichtigung dieser Baustelle zum Glück nicht mehr das Lachen im Halse stecken. Trotz aller Widrigkeiten, es geht voran. Am Weitesten ist das Bühnenhaus hinter den Kulissen. Die Hinterbühne ist nun so groß wie die Hauptbühne. Wände wurden abgerissen, Decken abgefangen. Stahlfachwerk hält den gewaltigen neuen Bühnenturm zusammen, an dem dann eines Tages die Kulisse hängen wird. Um die Akustik in der Staatsoper auf Weltniveau zu bringen, musste der Nachhall verbessert und dafür der Zuschauerraum vergrößert werden. Eine komplexe Angelegenheit, meint Hermann Josef Pohlmann, Leiter der Hochbauabteilung:
"Wir durften das Haus in seiner äußeren Kubatur nicht vergrößern. Das Haus steht unter Denkmalschutz, und alle sind der Auffassung, dass diese 1955er Fassung von Paulick wegen der guten äußeren Proportionen ganz besonders gut in das Ensemble dort passt, deswegen konnten wir nur innerhalb des Hauses was vergrößern und durften das Dach nicht anheben. "
Stattdessen wurde die Decke angehoben. Das Dach steht jetzt auf schlankeren Trägern, darum konnte die Decke um vier Meter hochgezogen werden. Im Moment remontieren Restauratoren die historischen Elemente. Warum dieser kostspielige Aufwand? Mehr Raum gibt mehr Nachhall. Der sanierte Zuschauerraum werde eine Nachhallzeit von 1,6 Sekunden haben. Das sei Weltniveau, sagt Hermann Josef Pohlmann:
"Das ist zukunftsträchtig für die nächsten 80 bis 100 Jahre. Also wir sind ganz froh, das sind so Meilensteine, die wir uns ja selber gesetzt haben, und das wir die geschafft haben."
Opernhaus und Magazin trocken bekommen
Nicht zu vergessen das unterirdische Bauwerk und der neue Magazintrakt. Dort können die Kulissen künftig durch einen 115 Meter langen Tunnel direkt zur Unterbühne transportiert werden. Berlin ist auf wässrig-sandigem Boden erbaut. Und um Opernhaus und Magazin trocken zu bekommen, mussten sich die Ingenieure einiges einfallen lassen. Pfähle wurden dicht an dicht in den Boden gerammt und mit Beton ausgegossen. Sie stützen jetzt die Magazinwände und dichten sie ab. Im Untergeschoss des Opernhauses wurden zig Meter Stahlbleche verlegt, um das Fundament trocken zu halten.
"Es gab früher im Umfeld des Opernhauses in den öffentlichen Straßen Pumpen, die den Grundwasserspiegel absenkten, sodass es nicht zu Überflutungen im Opernhaus kam. Und das ist natürlich nicht so ganz legal, weil man Grundwasser nicht so einfach absenken darf. Von daher würde, wenn wir das jetzt nicht gemacht hätten, würde das Opernhaus volllaufen."
Der Baustellenrundgang macht deutlich: Im Herzen Berlins lässt die Stadt eine Oper sanieren, die mit den technischen Möglichkeiten jeder modernen Spielstätte mithalten kann. Warum die Kosten aber so exorbitant in Höhe stiegen, soll jetzt ein Untersuchungsausschuss klären. Immerhin eine Hoffnung bleibt: Im Oktober in zwei Jahren ist diese Theaterpause endlich vorbei.
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