"Song of the South"

Disney verschweigt rassistischen Kinderfilm

08:40 Minuten
James Baskett als Onkel Remus sitz in einem Stuhl, umkreist von drei Kindern; Luana Patten als Ginny Favers, Bobby Driscoll als Johnny und Glenn Leedy als Toby.
Ist heute unkommentiert nicht mehr zeigbar: der Kinderfilm "Song of the South". © picture alliance / Mary Evans Picture Library / Ronald Grant Archive
Patrick Lohmeier im Gespräch mit Max Oppel |
Audio herunterladen
Im Angebot des Streamingdienstes Disney+ gibt es auffällige Lücken – wie den Kinderfilm "Song of the South" von 1946. Filmkritiker Patrick Lohmeier erkennt darin eine Weigerung des Konzerns, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
"Song of the South" ist ein Kinderfilm aus dem Hause Disney, der 1946 ins Kino kam. In der deutschen Übersetzung heißt er "Onkel Remus' Wunderland". Auffällig ist, dass der Konzern ihn heute quasi totschweigt.
Genau dieses Schweigen thematisiert jetzt der US-Podcast "You Must Remember This" der Filmhistorikerin Karina Longworth. Sie befasst sich in ihrer aktuellen Staffel unter anderem mit der Geschichte von "Song of the South" und kritisiert, dass der Film für den interessierten Zuschauer heute kaum noch zu finden sei.
Nach Einschätzung des Filmkritikers Patrick Lohmeier ist Disney dieser Film wegen seiner rassistischen Stereotype peinlich.
"Der Film, ein Kinderfilm basierend auf Onkel Remus-Büchern von Joel Chandler Harris, hat einen fiktiven Erzähler: Onkel Remus, ein ehemaliger Sklave in den Südstaaten, der über Bruder Bär, Meister Lampe und andere tierische Protagonisten fabuliert."
Dabei sei der Film voller rassistischer Plattheiten, wobei African-Americans hier zwar keine Bösewichte, aber völlig klischeebeladen dargestellt würden – etwa als unbekümmert, naiv, wenig intelligent oder abergläubisch.

Schlimmer als in "Dumbo" oder "Pocahontas"

Diese stereotype Darstellung sei von einem derartigen Ausmaß, dass sich selbst in Sketchshows wie "Saturday Night Live" bis heute über den Film lustig gemacht werde. People of Colour seien in dem Film ausschließlich devote, glückliche Feldarbeiter und Hausbedienstete, die ihr angenehmes Leben auf der idyllischen Südstaatenfarm besängen, so Patrick Lohmeier: "Menschenrechtlich unentschuldbares Gebaren der Konföderierten Staaten etwa wird hier völlig ausgeblendet."
Zwar seien rassistische Stereotype und geschichtliche Umdeutungen bei heutiger, kritischer Betrachtung auch leicht in "Dumbo", "Susi und Strolch", "Aladin" oder "Pocahontas" zu erkennen, sagt Lohmeier. Doch in "Song of the South" seien diese so tief verwurzelt, dass man sie nicht zensieren oder wegreden könne.
Statt aber all dies zu thematisieren, nutze Disney lediglich die vermarktbaren Elemente des Films und schlachte sie aus – etwa die beliebten Songs. Auf dem neuen Streaming Dienst des Konzerns aber sei "Song of the South" nicht verfügbar, berichtet Patrick Lohmeier.
Der Film sei natürlich heutzutage unkommentiert nicht mehr zeigbar. Aber auch die probaten Mittel, mit solch kontroversen Klassikern umzugehen, nutze Disney nicht. Dies sei eher ein Beweis für eine Verweigerungshaltung bei Disney, sich mit der der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
(sru)
Mehr zum Thema