Cooler Countrysound aus Melbourne
Der 24-jährige australische Singer-Songwriter Fraser A. Gorman hat sich ganz dem amerikanischen Country und Folk verschrieben. Auf seinem Debütalbum "Slow Gum" finden sich neben Balladen und groovigen Gitarrenstücken auch Blues-Songs.
Er sieht aus wie der junge Bob Dylan - hat lockiges, dunkles Haar, trägt weiße Hemden und im Gegensatz zu Dylan immer ein verschmitztes Lächeln auf dem Gesicht. Fraser A. Gorman versprüht durchaus Charme und dazu strahlt er eine Portion Lustlosigkeit aus. Der junge Australier hat Country zu seinem persönlichen Rock'n'Roll erklärt.
"Ein direkter Blick auf das Skelett der Stücke"
Aufgewachsen ist Fraser A. Gorman an der Südküste Australien, in der Nähe von Melbourne. Eine Gegend, in der Surfer die Jugendkultur dominieren – also die Typen mit glänzenden, blonden Haaren und geblümten Badehosen. Surf-Musik hatte auf Gormans Plattenteller aber nichts zu suchen, denn seine Helden waren Bob Dylan, Woody Guthrie und Bill Callahan. Erste musikalische Erfahrungen hat Gorman schon in jungen Jahren beim Gesangsunterricht gesammelt:
"Meine Mutter hielt es für eine gute Idee, mich zum Gesangsunterricht zu schicken, damit ich weniger stottere. Ich war damals noch ziemlich jung, so ungefähr sieben Jahre alt. Der Gesangsunterricht half mir zwar nicht, aber mir wurde klar, dass mich Musik sehr interessiert. Damit fing alles an. Dann lernte ich Gitarre zu spielen, und mir gefiel es live aufzutreten. Ich fing an Songs zu schreiben und zu singen. Und so hat sich dann alles entwickelt."
Wenn man Fraser A. Gorman live erlebt, dann ist da nichts mehr von dem stotternden Jungen von damals übrig. Die Musik scheint ihm Selbstbewusstsein zu geben. Seine ersten Schritte auf der Bühne machte er noch mit verschiedenen Bands im Rücken, spielte Garage und Punk, doch dann entschied er, dass es allein besser klappt. Jetzt muss er nämlich auf niemanden mehr Rücksicht nehmen. Außerdem haben Songs, die solo performt werden, für ihn einen ganz besonderen Charme:
"Ich finde es sehr interessant und fesselnd, wenn ein Sänger seine Stücke allein mit der Akustikgitarre vorstellt. Man hat dann einen direkten Blick auf das Skelett der Stücke ohne all die hübschen Ausschmückungen."
Pressefotos mit den eigenen Hühnern
Seit ein paar Jahren lebt Gorman in Melbourne, auf einer Art Farm mitten in der Stadt. In seinem kleinen Garten hält er zum Beispiel ein paar Hühner und die sind auch in seinen Musikvideos und auf Pressefotos präsent. Jeder, der in Australien Musik macht, scheint über kurz oder lang in Melbourne zu landen, die Psychedelic Rock Band Tame Impala zum Beispiel oder auch Courtney Barnett, seine Label-Chefin, mit der er erst kürzlich auf Tour war.
"Courtney hat gerade richtig Erfolg, was ich klasse finde. Wir haben schon damals in Melbourne viel zusammen gespielt, als wir beide noch gar keinen richtigen Plan hatten. Wir haben uns gegenseitig auf Gigs unterstützt, bei denen bloß eine Handvoll Zuschauer auftauchte. Mittlerweile sind wir sehr gute Freunde und haben einander viel geholfen. Wir haben sehr ähnliche Interessen und sind von Beginn an gut miteinander klar gekommen."
Und auch musikalisch scheint sich bei Courtney Barnett und Fraser A. Gorman so einiges zu überschneiden: zum Beispiel ihre Allüren-freie Erscheinung und der nonchalante Klang ihrer Songs. Auf Slow Gum sind getragene Balladen, groovige Gitarrenstücke und gechillte Blues-Songs vereint. Solo-Stücke sind mit viel Hall und Akustikgitarre ausgelegt. Die dichteren Songs bauen sich mit Chören, Schellenkranz und verspielten Keyboardsounds auf. Thematisch geht es ums Erwachsenwerden, und natürlich um die Liebe.
Ungezwungene Coolness aus Melbourne
Die Texte auf Slow Gum sind meist autobiografisch und lassen viel Raum für Interpretation. Fraser A. Gorman hält sich bedeckt beim Erklären des Inhalts. Auf Nachfrage bekommt man nur knappe Antworten wie: "das ist ein Popsong" oder: "den Song sollte man beim Autofahren hören". Den Grundton gibt seine gelangweilt-rotzige Stimme an – ob die nun eher Gelassenheit oder auch Gleichgültigkeit ausdrückt, man weiß es nicht genau. Vielleicht hat das ja so ein echter Melbourner Musiker im Blut, diese ungezwungene Coolness, von der sich die braungebrannten Surferboys mal eine Scheibe abschneiden könnten. Fest steht also: Wenn Fraser A. Gorman seine Songs dahin-nölt, dann hört man ihm verdammt gerne zu.