Sophie Passmann über "Alte Weiße Männer"

Kulturmilieu ohne Klempner

14:27 Minuten
Sophie Passmann im "Lesart"-Interview auf der Leipziger Buchmesse 2019
Will den Feminismus zu den Menschen bringen: Sophie Passmann. © Deutschlandradio
Interview: Maike Albath |
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In ihrem neuen Buch "Alte weiße Männer" hat Sophie Passmann sich an einem Feindbild abgearbeitet. Warum dazu vor allem Politiker, Medien und Kulturschaffende gehören aber keine Klempner, erklärt sie im Gespräch.
Maike Albath: Sophie Passmann hat sich als Anthropologin bestätigt und ist vorgedrungen in ein ganz bestimmtes Land, das Sie auch alle kennen, meine Damen und Herren, es ist nämlich das Land der weißen Männer, der alten weißen Männer, um ein bisschen genauer zu sein. Der Titel Ihres Buches lautet dann dementsprechend "Alte weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch". Warum denn um alles in der Welt ein Schlichtungsversuch?
Sophie Passmann: Ich fand, das war nicht die erwartbare Position. Man hätte wahrscheinlich erwartet, das ist gerade eine Kultur, die eher den Wunsch zum Streitgespräch belohnt als den Wunsch zum Schlichten, und es ging ja auch nicht darum, dass ich in diesen 15 Gesprächen, in diesen Eins-zu-eins-Situationen ein Gespräch schlichte, es ging eher um die Metaebene, auf der ich das Schlichten spannend finde. Ich habe diese Methodik nicht angewandt mit dem Gedanken, das ist jetzt die einzige richtige, wichtige Methode. Ich sehe diesen feministischen Diskurs eher als den Versuch, gerade an ganz vielen verschiedenen Fronten mit verschiedenen Methoden den Dreck aus den Karren zu ziehen, und deswegen war das meine Wahl der Methode.

Alte weiße Männer, die keine sind

Albath: Wie kam die Auswahl zustande?
Passmann: Ich bin mit der Idee an das Buch gegangen, dass der weiße Mann, der alte weiße Mann in seinem Feindbildsinne ein mächtiger Mann ist, der Angst hat, diese Macht zu verlieren. Das heißt, die einzige Grundvoraussetzung war natürlich, neben dem Männlichsein und dem Weißsein einen Zugang zu einer Macht zu haben. Es sind also nicht Männer, wo ich von Anfang an entscheide, das ist jetzt ein alter weißer Mann und erklären Sie mal warum. Ganz im Gegenteil, ich habe Männer genommen, die durch ihren Zugang zu Machtressourcen in irgendeiner Elite der Gesellschaft das Potenzial hätten, ein alter weißer Mann zu werden.
Albath: Die hätten Sie ja sonst auch vielleicht gleich aus dem Büro geworfen, also wenn Sie von vornherein mit dieser Einstellung gekommen wären, oder?
Passmann: Ich habe überraschend wenig verletztes Ego in Absagen bekommen. Ich habe dann so versucht, mich da reinzuversetzen, wenn ich eine Mail bekommen würde, wo irgendwie eine Anfrage für ein Interview mit dem Thema alte weiße Männer, da hätte ich, glaube ich, auch erst mal irritiert geguckt, aber die meisten haben im ersten Satz relativ schnell verstanden, was ich meine oder was ich machen möchte. Ich habe da auch immer Kevin Kühnert, der auch beim Buch ist, so ein bisschen benutzt als Schutzschild, weil ich gesagt habe, nein, nein, es geht nicht darum, dass Sie ein alter weißer Mann sind, selbst Kevin Kühnert macht mit, und der ist 29. Dann haben die meisten sich in dieser Feindbild … Anfeindung der potenziellen, sich wieder irgendwie gerecht behandelt gefühlt.
Albath: Das ist ja erst mal sehr überraschend, dass einige doch immer noch als halbjung gelten könnten oder als höchstens mittelalt. Also ich denke an Christoph Amend, das ist der Chefredakteur des "Zeit-Magazins" oder Robert Habeck, der Politiker der Grünen. Das sind ja nicht unbedingt Männer, die man damit assoziieren würde.
Passmann: Genau.

Gespräche mit dem Kulturmilieu ohne Klempner

Albath: Und das war dann kein Kriterium, dieses Alter an sich, das Demografische, sondern da haben Sie ganz einfach nach dieser Verkörperung dieses Bildes gesucht.
Passmann: Wie gesagt, es geht nicht darum, dass es Männer sind, wo ich sage, das sind alte weiße Männer. Ich habe lediglich Männer versucht zu interviewen oder zu sprechen, die durch ihre Voraussetzungen in der Gesellschaft, durch ihr Dasein als Männer und als weiße Männer in einer Machtposition potenziell die Möglichkeit hätten, ein alter weißer Mann zu werden oder zu sein oder vielleicht auch angstvoll auf die Welt blicken, oh Gott, werde ich mal ein alter weißer Mann. Also das ist quasi überhaupt nicht die Idee gewesen, das ist jetzt eine Liste mit alten weißen Männern, die arbeite ich ab, weil sonst wäre diese Liste viel zu jung, weil, wie gesagt, von 29 bis, ich glaube, der Älteste ist Rainer Langhans mit 79, aber es ist schon deutlich alterstechnisch im Mittelfeld bei Mitte 40. Das wäre dann zu jung, wenn das die Idee des Buches gewesen wäre.
Albath: Wie ist es dann mit anderen Berufen? Es fällt auf, dass es doch relativ viele Leute gibt aus dem Medienmilieu oder dem kulturnahen Milieu, während mir so ein bisschen gefehlt hat, oder es hätte mich einfach interessiert, wie ein Klempner über diese Frage nachdenkt oder ein Bäcker, jemand aus dem Handwerkerberuf oder auch ein Chefarzt, der so ja in unserer Gesellschaft auch fast ein Inbild ist dieser Machtposition.
Passmann: Das war nicht die Idee des Buches. Also der alte weiße Mann ist ein Feindbild, das mit Macht zu tun hat.
Albath: Aber ein Chefarzt ist ja auch sehr mächtig.
Passmann: Genau, ich wollte auf den Klempner und auf den Bäcker, den Sie angesprochen haben, eingehen.

Als Rainer Langhans die Kontrolle verlor

Albath: Die sind inzwischen auch wahnsinnig mächtig. Denken Sie daran, wie viele ganz dringend Handwerker suchen und wie knapp die geworden sind.
Passmann: Ja, auf einer strukturellen Machteben würde ich sagen, der Klempner gehört dann leider eher zu den Digitalisierungsverlierern on the long run. Deswegen, nein, es geht schon um Männer, die in irgendeiner Elite der Gesellschaft wirklich eine strukturelle Macht- oder von einer strukturellen Macht-Ungerechtigkeit profitieren, und dazu gehört mit Sicherheit der Klempner und der Bäcker nicht dazu. Es wurde auch schon oft nach dem Bauarbeiter gefragt, der ja oft in diesem Sketchklischee, der dann mir hinterherruft und irgendwie eine Frau vom Baugerüst runter sexuell belästigt oder irgendwie, der vermeintlich nette Kosenamen hinterherruft. Aber auch das hat nichts mit dem alten weißen Mann zu tun. Der alte weiße Mann ist etwas, an dem bricht sich eine Machtfrage und die Frage, wie man mit einer emanzipatorischen Bewegung umgehen möchte.
Albath: Wird das denn reflektiert von den Herren, mit denen Sie gesprochen haben?
Passmann: Nicht von allen.
Albath: Erzählen Sie mal. Wer weicht aus, wer ist derjenige, der da überhaupt nicht bemerkt, wie sehr er im Vorteil ist gegenüber anderen.
Passmann: Ich glaube, das Schöne und das Spannende an diesen Begegnungen war und auch das Schöne daran, dass ich das in Reportageform geschrieben habe, also meine Eindrücke und meine Beobachtungen und die Gesprächsdynamik da reingebracht habe, war, dass da sehr deutlich wird, das gerade die Männer, die von sich selber behaupten, dass alles durchstiegen zu haben und die Welt verstanden zu haben, eigentlich mit dieser Behauptung, ich habe die Welt verstanden und durchstiegen, eigentlich schon einen Habitus des alten weißen Mannes an den Tag legen. Also was selten untergekommen ist, dass wirklich Leute hanebüchen falsche oder sexistische Dinge gesagt haben. Ich glaube, das Kapital mit Rainer Langhans war schon so, dass wir irgendwann jede Art von logischer Argumentation verloren haben. Es war einfach nur noch ein wütendes, böses "wenn Frauen sich einfach genug gegen Vergewaltigung wehren, dann wird das auch nicht so"-Gerede. Also da haben wir auch jede Art von sinnlicher Diskussionsebene verloren, verlassen. Aber was selten sonst untergekommen ist, ist, dass Leute sagen, nein, nein, ich bin ein alter weißer Mann, finde ich aber auch nicht so schlimm. Es waren eher die Versuche, sich raus zu manövrieren und zu sagen, ja, ich bin keiner, weil ich versuche ja zu sein, und dann aber auf der nächsten Seite so der Habitus des alten weißen Mannes komplett bestätigt.

Mit Ulf Poschardt in der Erkenntnistheorie

Albath: Wie waren denn zum Beispiel die Haltungen von jemandem wie Marcel Reif, dem Fußballexperten und im Vergleich Ulf Poschardt, dem Chefredakteur der "Welt"?
Passmann: Also ich glaube, beide würden sich als Liberale bezeichnen. Ich habe grundsätzlich unabhängig von dem Buch das Gefühl, dass man sich in Diskussionen an Liberalen wahnsinnig schön abarbeiten kann, weil die so durch ihre egalitäre Art so aalglatt sind, und dann gehen sie immer auf die individuelle Freiheit, und "nein, Quote ist Unfreiheit" rufen sie dann alle. Dann kann man nicht so richtig mit denen diskutieren. Das ist so eine Gemeinsamkeit. Natürlich ist der Unterschied, dass Marcel Reif, obwohl er auch in den Medien ist und war, qua Amt nicht die Verpflichtung hatte, diesen feministischen Diskurs zu beobachten, aber Ulf Poschardt als Chefredakteur der "Welt" muss und kommt gar nicht drumrum, diese Debatte mitzubekommen. Das heißt, Marcel Reif hatte, glaube ich, eher eine diffuse Vorahnung oder so einen Alltagsbezug zu Feminismus und zu Feminismusdebatten. Ulf Poschardt ist da schon knietief in die Erkenntnistheorie mit mir reingestiefelt während des Interviews.
Albath: Wie ist es denn mit Ihrer eigenen Position? Reflektieren Sie das? Das ist ja etwas, für diejenigen, die das Buch noch nicht kennen, was man genauso labeln könnte. Also man könnte sagen, Sie sind jetzt gebucht auf die freche junge Frau, das wäre so Ihre Rolle.
Passmann: Ja, das bin ich auch. Ich glaube, das ist genau der Grund, warum ich hier eingeladen wurde! Diese Labelung passiert, und damit muss man dann entweder entspannt oder einigermaßen klug umgehen.
Albath: Aber setzen Sie das nicht dann auch sehr gezielt ein in diesen Gesprächen?
Passmann: Was ich auf jeden Fall gezielt einsetze, ist das Spannungsfeld, dass ich eine junge Frau bin und vor allem eine junge Feministin und auch eine junge Feministin, die man kennt aus dem Satirebereich. Also ich arbeite ja für das "Neo Magazin Royale", und dann gab es schon den einen oder anderen Mann, der so dachte, Jan Böhmermann, die arbeitet für den, oh Gott, hoffentlich ist das jetzt nicht so eine Meta-Meta-Sache, wo sie am Ende entlarvt, dass die Idee was ganz anderes war. Das sorgt natürlich für eine Art von Verunsicherung, aber ich glaube, es ist eigentlich überhaupt nicht schlimm, das Gegenüber zu verunsichern, wenn man von ihm Positionen hören möchte, die ein bisschen fernab vom üblichen Interviewstatement sind.

"Mir war klar, ich will mit Papa sprechen"

Albath: Das kann auch produktiv sein. Nun sind Sie auch Ihrem eigenen Vater gegenübergetreten. War der denn gleich bereit? Das ist ja schon ein Wagnis, sowas zu machen.
Passmann: Der war sofort bereit. Ich habe mich allerdings sehr, sehr lange gedrückt, bis ich ihn angefragt habe. Also der stand natürlich, als wir diese Liste gemacht haben, mit meiner Lektorin Mona Lang zusammen haben wir darüber gesprochen, wer könnte passen, und mir war völlig klar, ich will unbedingt mit Papa sprechen, und der stand auf dieser Liste. Wir haben uns dann wochenlang durch irgendwie Managements gekämpft und irgendwelche Büros von irgendwelchen Staatssekretären, angefragt, wahnsinnig viel Aufwand betrieben. Papa war eigentlich nur eine WhatsApp-Sprachnachricht entfernt, und ich habe dann, glaube ich, an einem Samstagabend auf der Couch habe ich dann meinen Mut zusammengenommen. Papa, machst du mit bei dem Buch, das ich gerade schreibe, und er hat mit einem Emoji geantwortet. Ich glaube, er hat mit diesem Emoji mit der Brille, das so die Zähne, so nach vorne so süß guckt, hat er geantwortet. Das war seine Zusage.
Albath: Wie war das Gespräch dann für Sie? Mussten Sie da sich vorbereiten auf eine andere Weise? Es besteht ja die Gefahr, dass man gerade, wenn man eine große Nähe hat biografisch, emotional immer in dieselben Arten zu sprechen auch hineinrutscht und in dieselben Rollen. Das muss man ja irgendwie aufbrechen.
Passmann: Der Vorteil war, ich war schon sehr gut eingelesen in das Thema Vater. Ich musste wenig recherchieren. Ich habe genau die gleichen Sachen abgefragt wie bei allen anderen Männern auch und habe in Vorhinein gedacht oder hatte Sorge, dass ich ihn zu wenig oder zu viel durchgehen lasse. Ich habe intensiv drüber nachgedacht, wie man so als Kind auch seinen Eltern gegenüber ist und dass man manchmal manche Verhaltensweisen so lakonisch abtut im Sinne von, ja, machen die immer schon so, und bei anderen Sachen aber komplett an die Decke geht, die aber eigentlich Kleinigkeiten sind. Das ist ja dieses Phänomen, man hat Freunde zu Hause, und die freuen sich über den lustigen Papa, und man als Kind denkt, oh Gott, hör bitte auf, Witze zu machen. Da hatte ich Sorge vor, dass ich da keinen gesunden Mittelweg finde. Ich glaube, ich habe das so gelöst, dass ich bei manchen Argumenten, die ich von ihm total hanebüchen fand, glaube ich, sehr angemessen als Tochter, auch sehr harsch reagiert habe, mit ein bisschen diesem "ach Papa, jetzt komm", und andere Stellen, wo ich auch wusste, das sind seine charakterlichen, seine großen Stärken, wo ich dann auch sehr wohlwollend und sehr versöhnlich sagen konnte, ja, irgendwie, ich finde nicht alles toll, was du da heute gesagt hast, und du bist kein Feminist, aber das, was du da gerade gesagt hast, das war schon wirklich wahr und schön und klug.
Albath: Wie ist das mit der feministischen Theorie, Sie haben ja gesagt, dass …
Passmann: Die feministische Theorie …!

Den Feminismus zu den Leuten bringen

Albath: Ja, es gibt Grundlagentexte, mir fallen sofort ein: Silvia Bovenschen, Gisela Wisotzki. Also da sind ja etliche Dinge, die einfach vorhanden sind, die Sie vielleicht auch geprägt haben, aber da habe ich manchmal nachgedacht, das macht es sehr lesbar, aber Sie gehen so direkt in den Kontakt. Wäre das nicht manchmal auch ein Mittel gewesen, das theoretisch so ein bisschen aufzubrechen, auch in der Art, wie Sie das Buch dann geschrieben haben. Warum der Verzicht auf diese Seite?
Passmann: Also ja, es wäre eine Möglichkeit gewesen. Ich erlebe in den letzten Wochen mit nicht Verwunderung, aber zumindest mit Erstaunen, dass gerade Frauen, die selber Feministinnen sind, dass die an diesem Buch ganz oft technisch rumfragen, warum hast du eigentlich nicht das und das gemacht, und die darunterliegende Frage ist eigentlich: Warum hast du nicht das Buch geschrieben, das ich an deiner Stelle geschrieben hätte. Natürlich wäre es mühelos möglich gewesen, dieses Buch mit auch gerade neueren und neusten feministischen theoretischen Texten zu unterfüttern, aber ich wollte ein Unterhaltungsbuch schreiben. Ich wollte Feminismus zu Leuten bringen, die zwei Dinge nicht tun: besonders oft Bücher lesen. Ich habe einfach eine große Instagram-Followerschaft, die irgendwie klug und lustig sind, aber die jetzt nicht irgendwie jeden Tag das Feuilleton aufschlagen und gucken, was gibt es Neues. Und ich wollte Feminismus zu Leuten bringen, die mit Feminismus nix am Hut haben. Es ist auch die Aufgabe von Leuten, gerade im Unterhaltungsbereich. Ich bin keine hauptberufliche Sachbuchautorin. Ich bin Unterhalterin, und ich finde, es darf die Aufgabe von Unterhaltungsmenschen sein, auch mal genau diesen theoretischen Unterbau zu haben, weil ich habe mich jahrelang im Studium durch Judith Butler und Nancy Fraser gekämpft, und ich kenne diese Texte und ich kenne auch diese sehr erwartbare Kritik an mir und an diesem Buch, aber das heißt nicht, dass ich die Leser und Leserinnen damit behelligen muss. Ich darf Dinge wissen, ohne Leuten das auf die Nase zu binden. Dann nehme ich in Kauf, dass die Leute mich für doofer halten als ich bin. Das führt dann meistens dazu, dass sie im dritten Satz sich ein bisschen erschrecken und merken, ich bin schlechter … Also das hätte ich vielleicht mal nicht ihr sagen sollen, mach doch mal, warum hast du nicht eigentlich noch den Mann getroffen, weil der wäre doch viel besser gewesen.
Albath: Haben Sie denn einen idealen Mann gefunden?
Passmann: Für mich persönlich jetzt? Nein, noch nicht.
Albath: Nein, ich meine wirklich als Gesprächspartner, bei dem Sie den Eindruck hatten, der reflektiert es so, wie ich es mir vorstelle.
Passmann: Absolut, und das ist das erstaunlichste Kapitel, was diesen Aspekt angeht. Klaus von Wagner, der Moderator von "Die Anstalt". Ein absolut durchreflektierter Mann, der an keiner Stelle in irgendeinen jovialen Habitus geraten ist. Er hat auch nicht diesen klassischen männlichen Feministenfehler gemacht, dass männliche Feministen sehr oft gerne wahnsinnig viel Raum und Rederaum einnehmen und Frauen so zur Seite drängen und sagen, ich bin übrigens Feminist, ich wollte es noch mal sagen. Es war ein so harmonisches Treffen, das uns gegenseitig noch mal bestätigt hat, Alter, wir müssen noch viel mehr machen als wir beide dachten, was dazu führte, dass dieses Gespräch keinen Ertrag hatte, keinen intellektuellen. Wir saßen da im Englischen Garten auf einer Picknickdecke, wir stimmten uns gegenseitig zu, ich konnte mich an seinem Habitus irgendwie nicht ärgern oder reiben, er hat mir zugestimmt und meinte, ja, da hast du bestimmt auch mit Probleme. Dann haben wir drüber gesprochen, was wir besser machen müssen. Es war so eine linke Selbstgeißelung, die ja immer dann dazugehört bei männlichen Feministen. Deswegen, was den Erkenntnisertrag angeht, war das natürlich das Geringste. Trotzdem ist er dann, auf die Frage antwortend, der ideale Mann.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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