Vergütungsmodell von Soundcloud
Soundcloud ist die Sound-Schmiede des Internet. Hier finden auch Act ohne Plattenvertrag ihr Publikum. Das soll sich in Zukunft auch finanziell für die Künstler lohnen. © imago /ZUMA Wire / Thiago Prudencio
Hier zählt jeder Fan
05:16 Minuten
Streaming beschert der Musikindustrie einen Geldsegen. Nur landet das Geld im Wesentlichen bei den großen Labels und großen Acts. Die Plattform Soundcloud beschreitet seit einem Jahr andere Wege - und zieht nun eine erste positive Bilanz.
Filesharing hat der Musikindustrie in den Nullerjahren schwer zugesetzt. Doch seit einigen Jahren herrscht wieder Auftrieb: Die Umsätze steigen. Streaming ist das Stichwort. Immer mehr Menschen, die jahrelang kein Geld für Musik ausgegeben haben, schließen Abos bei Streamingdiensten ab.
Nur: Bei vielen Künstlern kommt davon nichts an. Der Grund: Bei Streaming-Diensten ist das sogenannte Pro-Rata-Modell Standard. Verkürzt gesagt werden dabei am Ende des Monats alle Umsätze in einen Topf geworfen und mit der Gesamtzahl der Streams der Plattform verrechnet. Der einzelne Künstler erhält dann einen prozentualen Anteil, je nachdem wie oft seine Songs gestreamt wurden.
Dieses System begünstigt die Streaming-Millionäre. "Kleine" Acts haben das Nachsehen. Das Geld selbst ihrer treuesten Fans rieselt kaum durch. Es versickert im Mainstream.
Der Fan steht nun im Mittelpunkt
Im April 2021 hat die Plattform Soundcloud daher ein alternatives Ausschüttungsmodell eingeführt: "Fan-powered Royalties". Damit soll eine fairere Verteilung der Einnahmen einher gehen.
„Dieses Modell wird auch als user centric, also NutzerInnen-zentriert, bezeichnet", erklärt der Musikjournalist Kristoffer Patrick Cornils. "Nach diesem Modell wird mein persönliches Hörverhalten zur Grundlage der Abrechnung genommen. Mein monatlicher Beitrag wird dann nur auf die artists aufgeteilt, deren Musik ich gehört habe."
Plattform für Künstler ohne Label
Das Pro-Rata-Modell liege vor allem im Interesse der Major-Labels, die großen Einfluss auf die Streaming-Plattformen haben. Diese wiederum wollen es sich natürlich nicht mit den großen Labels verscherzen.
So erklärt sich auch, warum gerade Soundcloud gegenüber fanbasierten Abrechnungen offen ist: Die 2007 in Berlin gegründete Plattform bot lange Zeit vor allem Acts ohne Plattenvertrag ein Zuhause. Zudem funktioniere Soundcloud auch eher wie ein soziales Netzwerk, das einen direkten Austausch zwischen Fans und Acts gestatte, sagt Cornils.
Einer Bilanz des Unternehmens zufolge mit Erfolg: „Die Anzahl von Fans, die einer einzelnen Band oder einer einzelnen Künstlerin mehr als fünf Dollar haben zukommen lassen, ist wohl um gut 97 Prozent gestiegen“, sagt Cornils. „Nur wie viel Geld insgesamt verteilt wurde, das wird nicht gesagt." Den Angaben nach sollten die Künstler und Künstlerinnen, die dieses System nutzen, rund 60 Prozent mehr Einnahmen verzeichnen.
Kosten bei Soundcloud
Cornils ist allerdings nicht uneingeschränkt überzeugt von dem neuen Modell der Künstler-Entlohnung: Erstens heiße Umsatzsteigerung nicht automatisch mehr Gewinn. Zweitens entstehen auch Kosten: "Wer als artist von diesen Fan-powered Royalties profitieren will, muss ein Soundcloud-Abo abschließen.“
Das sei erstmal nichts Ungewöhnliches. Es kostet immer Geld, Musik auf den Streaming-Plattformen zu platzieren. „Da kümmern sich in der Regel Vertriebe drum. Genau die aber dürfen nicht als Mittler eingesetzt werden", sagt Cornils.
Stattdessen müssten die Künstlerinnen und Künstler ihre Musik eigenständig hochladen oder Soundclouds Vertriebsservice Repost verwenden. Der liefere die Musik dann aber auch an Spotify und Co. aus.
Gerade für kleinere Künstler sei es daher fraglich, ob sich dieses Angebot tatsächlich lohnt, meint Cornils.
Sparsame Informationspolitik von Soundcloud
Zumindest mit einigen Künstlern schließe Soundcloud mittlerweile auch Lizenz-Deals ab. „Die können ihre Musik primär bei Soundcloud veröffentlichen und bekommen dafür bessere Konditionen.“ In diesen Fällen fungiere Soundcloud auch als eine Art Plattenlabel für die Musiker.
Wirtschaftlich gehe es der finanziell lange Zeit gebeutelten Firma mittlerweile im übrigen "blendend". Die Bilanz ist positiv und es werde investiert. Allerdings halte sich Soundcloud sehr bedeckt, was konkrete Nutzerzahlen betrifft. Einnahmen erwirtschaftet das Unternehmen aus Nutzergebühren, Künstlergebühren und Werbe-Einblendungen.
Nun gehe es für die Firma darum, möglichst viele weitere zahlende Hörerinnen und Hörer an sich zu binden. Denn ein Risiko bleibt: Wenn sich die "Fan-powered Royalties" für die Bands nicht lohnen, könnten viele davon auch ihre Abos kündigen.