Soundkünstlerin Byrke Lou

Mit dem Plattenspieler kreierte Gedankenwelten

04:56 Minuten
Platte auf Plattenspieler
Ihr aktuelles Album „Code“ hat Byrke Lou zusammen mit dem Research and Waves Kollektiv entwickelt. © Unsplash/James Sutton
Von Dennis Kastrup |
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Die Musikerin Byrke Lou stellt Objekte auf einen rotierenden Plattenspieler, eine Kamera filmt alles und ein Computer verwandelt das in Klänge. Mit solchen Sounds wird sie demnächst auch beim South by Southwest Festival in Texas zu erleben sein.
Ein Café im angesagten Stadtteil Neukölln in Berlin, der Heimatstadt von Byrke Lou. Hier ist sie geboren, aufgewachsen und später in die elektronische Clubszene eingetaucht. Sie machte ihren Bachelor in Physik und schloss danach ihren Master in digitalen Medien ab.
Heute arbeitet Lou als Künstlerin mit dem Fokus auf visuelle Kunst, Neue Medien und Tanz. Sie designed eigene Instrumente und schreibt selber auch Musik. Ihr aktuelles Album heißt "Code". Es wurde zusammen mit dem Research and Waves Kollektiv entwickelt.
"Der konzeptuelle Hintergrund war, dass wir uns überlegt haben: 'Ok, wie wäre das eigentlich, wenn man in der Zukunft wäre und Objekte finden würde aus der Vergangenheit, die Überbleibsel sind, so mediale, verschmolzene Überbleibsel von unserer Kultur. Und wenn man die zum Sprechen bringen würde, wie könnte man das darstellen? Was für ein System würde man vielleicht dazu entwickeln?"

Plattenspieler, Glasobjekte und die Milchstraße

Diese Überbleibsel sind Skulpturen, die an schwarze, tennisballgroße Asteroiden erinnern. Jede einzelne erzeugt Klänge.
"Das Objekt wird auf den Plattenspieler gestellt, um den Sound zu synthetisieren. Die Objekte sind aus einer Arbeit. Das sind Glasobjekte, die entstanden sind eigentlich in einer Auseinandersetzung von mir mit der Frage, was die Milchstraße ist und wie wir die beschreiben können und wie sie eigentlich entstanden ist."
Eine Kamera filmt die rotierenden Körper und wandelt diese in Daten um. Ein Synthesepatch, so nennt Lou den Computer, der das Ganze verarbeitet, kreiert aus diesen Informationen dann Klang. Die Parameter dafür hat Lou vorher bestimmt.

Avantgardistische Musik

"Also man spielt ein Sample ein in das System und die Daten aus dem Videofeed, die sich dann halt irgendwie zwischen 0 und 255 bewegen. Die kontrollieren an welchem Punkt in diesem Synthesepatch der Sound geschnitten wird und neu zusammengesetzt wird. Und weil sich das dreht auf dem Plattenspieler, dadurch entsteht halt so ein Loop und so eine Art Beat."
Das Album wurde als Vinyl veröffentlicht.
"Also was man auf der Platte hört ist auf der A-Seite Sounds, die aus dem Soundsystem generiert wurden, Soundsamples. Und auf der B-Seite eine Live Coding Session mit diesen Sounds."

Byrke Lou beim South by Southwest Festival in Texas

So eine Live Coding Session wird Lou auch auf dem South by Southwest Festival im "German Haus" spielen. Man nennt es auch "Algorave", eine Wortneuschöpfung aus "Algorithmus" und "Rave". Die Bewegung begann 2012 in Sheffield. Dabei werden Programmierbefehle im Computer eingegeben. Jeder Einzelne verändert die Musik in Echtzeit. All diese Zahlen und Buchstaben, die Algorithmen, werden auf eine Wand hinter dem Künstler projiziert, so dass das Publikum alles parallel mitlesen kann.
"Die konzeptuelle Idee dahinter ist, dass diese Platte ja keine ursprüngliche Komposition in dem Sinne übermitteln soll, sondern eine Kuration von den Kunstobjekten, den Glasobejekten, die ich gemacht habe, auf Vinyl."
Die Musik von Byrke Lou ist avantgardistisch und experimentell. Sie ist weder für die Charts noch für den Mainstream gedacht. Noch nicht? Schließlich verändern sich Hörgewohnheiten ständig. Und Veränderung ist in der Popmusik genau so essentiell wie bei jedem einzelnen Künstler.
"Es war zum Beispiel auch so, dass ich an der Kunsthochschule richtig umlernen musste am Anfang, weil ich eigentlich immer Arbeiten gemacht habe, die wirklich auch sehr direkte Übersetzungen waren von Fragestellungen, die ich hatte in physischen oder künstlerischen Medien und dann wirklich auch erst einmal lernen musste, dass es in der Kunst eigentlich mehr darauf ankommt, bestimmte Emotionen auszulösen oder bestimmte Gedankenwelten zu kreieren."
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