Kunst für Kenianer
Mit den sozialen Netzwerken ändert sich der Kunstmarkt in Kenia: Über Instagram oder Facebook können einheimische Künstler wie Michael Soi ihre Werke auch außerhalb klassischer Galerien verkaufen.
Im Atelier von Michael Soi stehen und hängen Leinwände eng nebeneinander. Die großflächigen Malereien zeigen das, was die politische und gesellschaftliche Elite gerne übertüncht. Zum Beispiel die Korruptheit von Politik und Polizei oder die in Nairobi weit verbreitete Prostitution.
Die 19-jährige Sofia hat sich eins der preiswerteren Werke ausgesucht, eine Tasche, bemalt mit einem bunten, großflächigen Frauenkopf:
"Ich will sie meiner besten Freundin schenken, sie liebt diese Taschen genauso wie ich. Die kräftigen Farben, die Frauen – das ist sehr afrikanisch. Die typische afrikanische Frau. Und sehr kenianisch."
Sofia hat auch schon zwei dieser Taschen von Michael Soi. Sie lebt mit ihren britisch-französischen Eltern in Nairobi.
"Ich bin zum ersten Mal in Michaels Atelier, deshalb bin ich ganz aufgeregt. Ich kenne seine Werke von Instagram und Facebook, jetzt habe ich ihn persönlich kennen gelernt - das war wunderbar."
Der 44-Jährige hat auf einem College in Nairobi Kunst studiert und lebt seit mehr als zwei Jahrzehnten von seiner Malerei:
"Immer mehr meiner Käufer sind Kenianer, und darüber bin ich sehr glücklich. Das sind vor allem junge Leute, und diese Entwicklung finde ich sehr positiv."
Von KFZ-Werkstätten zum Atelier-Areal
Allerdrings, sagt Michael Soi, seien immer noch 70 Prozent seiner Kunden Ausländer. Sein Atelier befindet sich auf einem ehemaligen Gelände von Kfz-Werkstätten. Vor 13 Jahren wurde hier das GoDown Arts Center gegründet. Viele der rohen Mauern sind mit Graffitis und Malereien geschmückt, die Mischung aus Gewerbe-Ambiente und Kreativität gibt dem GoDown seinen eigenen Charme – das Kulturzentrum könnte genauso gut in London oder New York beheimatet sein.
"Ich würde das GoDown als Erstes multidisziplinäres Kunstzentrum in Nairobi bezeichnen. Wir liegen zwischen der Innenstadt und dem Industriegebiet, aber auch zwei Wohngebiete sind nicht weit. Also eine ziemlich interessante Lage."
Judy Ogana leitet das Kulturzentrum. Das GoDown bekommt sein Geld vor allem von internationalen Stiftungen, Botschaften und ähnlichen Geldgebern. Etwa 20 Prozent der Einnahmen verdient es durch Konzerte, Workshops und Seminare. Immer mehr Besucher seien Kenianer, sagt Judy Ogana:
"Dass die Mittelschicht wächst, spielt dabei sicher eine Rolle. Die Künstler werden selbstbewusster weil sie merken, dass sie von ihrer Arbeit leben können. Sie bekommen mehr Anerkennung, und die drückt sich darin aus, dass mehr Menschen Konzertkarten oder Kunstwerke kaufen. Für Nairobi gilt also sicherlich, dass die wachsende Finanzkraft den kreativen Sektor beeinflusst hat."
Aber nicht nur deshalb interessieren sich immer mehr Kenianer für kenianische Kunst, meint Judy Ogana:
"Eine wichtige Rolle spielt die digitale Offenheit. Viele Künstler werden Ihnen erzählen können, dass sie online verkaufen. Diese Möglichkeit hat ihnen Märkte eröffnet, zu denen sie sonst niemals Zugang bekommen hätten. Die Möglichkeit, Arbeiten kostenfrei im Internet zeigen zu können, hat vieles verändert. Kunstinteressierte können sich die Werke viel einfacher angucken und vielleicht tatsächlich kaufen. Es haben sich also in den vergangenen Jahren einige Faktoren zugunsten der kreativen Unternehmer verändert."