Kein Dach überm Kopf
Die schnelle Versorgung von Flüchtlingen mit Wohnraum in Köln wird wohl nicht einfach werden. Verteilungskämpfe zwischen ihnen und bedürftigen Ortsansässigen sind möglich. Grund ist unter anderem, dass soziale Wohnungsbau in der Vergangenheit vernachlässigt wurde.
"Wohnraum für alle und zwar sofort! Wohnraum für alle und zwar sofort!"
Die Kölner Südstadt an einem Freitagabend im Herbst. Eine kleine Gruppe von Menschen protestiert gegen Zwangsräumungen, Immobilienspekulation und Wohnungsnot.
"Also, es wurden über Jahre zu wenig Wohnungen gebaut. Die Stadt Köln, finde ich, ist auch in der Verantwortung Häuser zu bauen mit preiswerten Wohnungen und ich finde, dass sie diese Verantwortung auch endlich wahrnehmen muss und das, was sie versäumt hat die letzten 20 Jahre, nachholt, ganz schnell…"
Erst recht jetzt, wo so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen, findet Sozialarbeiterin Monika, die sich in den Demonstrationszug eingereiht hat.
"Ich denke, wir lernen jetzt Solidarität und das wird unsere Entscheidung sein. Ansonsten gehen wir alle kaputt."
Teilen oder Untergehen – eine andere Wahl gebe es nicht, denn eine derart egoistische Gesellschaft geht an sich selbst zugrunde, meint Monika. Doch längst nicht alle sehen das so. Nadine, eine junge alleinerziehende Mutter, steht mit dem Kinderwagen am Straßenrand. Sie fühlt sich benachteiligt, ungerecht behandelt.
"Wir sind ja deutsche Bürger, zahlen hier unsere Steuern, sag ich mal, und man wird auf gut Deutsch in den Arsch getreten und die kriegen alles."
Seit mehreren Monaten sucht sie eine Wohnung, bisher vergeblich. Der Grund liegt ihrer Meinung nach auf der Hand:
"Ich hab Erfahrungen gemacht, dass ich jedes Mal 'ne Absage bekomme wegen Asylanten. Die sind verpflichtet, an Asylanten die Wohnungen zu vermieten, also kriegen wir keine Wohnungen. Ich sag, Helfen kann man ja, das ist ja alles gar kein Thema, nur man muss dafür nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hier von den deutschen Bürgern hier so im Stich lassen; die brauchen Hilfe, nicht nur die anderen alle. / Und was soll man dann mit denen machen? / Ja, vielleicht woanders unterbringen und vielleicht Container aufstellen, aber nicht dass die deutschen Bürger auch noch aus ihren Häusern raus müssen und so, das finde ich nicht ok!"
Gerüchte machen die Runde
Mieter, die für Flüchtlinge ihre Wohnungen und Häuser räumen müssen? Deutsche Bürger, die keine Wohnung finden, weil Asylbewerber bevorzugt werden? Immer wieder machen solche Gerüchte die Runde und sorgen für Schlagzeilen. Äußerst fragwürdige Einzelfälle, die derzeit geprüft würden, sagt jedoch der Deutsche Mieterbund. Und auch Josef Ludwig, stellvertretender Leiter des Kölner Amts für Wohnungswesen, weist derartige Vorwürfe zurück:
"Das ist absoluter Unsinn! Nein, wir haben Kooperationsvereinbarungen mit verschiedenen Wohnungsunternehmen auch einen gewissen Prozentsatz von Wohnungen an Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen – konkret mit der GAG haben wir vereinbart, 200 Wohnungen pro Jahr für diesen Personenkreis zur Verfügung zu stellen. Und 200 Wohnungen von einem Gesamtwohnungsbestand von über 40.000, das wird wohl nicht der Grund dafür sein, dass dann deutsche Wohnungssuchende abgewiesen werden, nein."
Dennoch, günstiger Wohnraum ist in Köln schon seit Langem Mangelware. Dabei wächst die Stadt jährlich um mehrere Tausend Bürger. Auch in anderen deutschen Ballungsgebieten ist der Wohnungsmarkt seit Jahren äußerst angespannt. Laut Deutschem Mieterbund fehlen bundesweit rund 800.000 Wohnungen – vor allem im unteren Preissegment. Gab es in den 1980er-Jahren etwa noch knapp vier Millionen Sozialwohnungen, so sind es heute nur noch rund 1,5 Millionen.
Ein Grund für diesen drastischen Schwund: Kommunale Wohnungsgesellschaften privatisierten in der Vergangenheit im großen Stil. Zwar bauen auch private Investoren Sozialwohnungen, doch die fallen meist nach 15-25 Jahren aus der sogenannten Bindung. Sprich: Der Bauherr und Eigentümer kann die Mieten dann frei festlegen, besonders günstiger Wohnraum geht somit also verloren.
"Ich sehe die Konkurrenzsituation, die wird kommen, aber ich sehe sie nicht als Gefahr."
Sagt Josef Ludwig vom Kölner Wohnungsamt.
"Ja, es werden zurzeit oder demnächst weitere Bewerber um dieses knappe Gut preiswerter Wohnungsbau auf dem Markt sein. Das werden die Flüchtlinge sein. Und dann wird sich der Eigentümer, der Vermieter den passenden Mieter aussuchen und die Konkurrenz ist da. Die wird auch anhalten, aber ich sehe diese Konkurrenz nicht als Gefahr. Sie wird zu einer Gefahr werden, wenn wir nicht in der Lage sein sollten, die Bautätigkeit so anzuregen, dass wir auch Angebot und Nachfrage in einem vernünftigen Gleichgewicht halten können."
Ein klares Missverhältnis von Angebot und Nachfrage sieht hingegen Silke Gottschalk vom Deutschen Mieterbund bereits jetzt:
"Wenn man zum Beispiel Städte wie Köln nimmt, da haben 50 Prozent der Bevölkerung Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Da kann man sich leicht ausrechnen, dass es keine 50 Prozent der Wohnungen gibt, die öffentlich gefördert sind in Köln. Der Bedarf ist riesig, gerade in den großen Städten, da kann man nicht genug machen. Dass der in den nächsten zwei Jahren gedeckt wird, das denke ich nicht."
Versprechen der Politik
Entsprechend besorgt sind derzeit viele Politiker. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte unlängst bezahlbaren Wohnraum für alle. Und Bundesbauministerin Barbara Hendricks versprach Ende September beim Asylgipfel von Bund und Ländern deutlich mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Insgesamt zwei Milliarden Euro zusätzlich sollen ab dem kommenden Jahr bis 2019 entsprechend zweckgebunden an die Bundesländer fließen. Denn sozialer Wohnungsbau oder "Wohnraumförderung" – wie es heute heißt – ist Ländersache.
2006 ging die Aufgabe im Zuge der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder über. Dafür überweist Berlin so genannte Kompensationsmittel, jährlich bislang rund 518 Millionen Euro, die nach einem bestimmten Schlüssel an die Länder verteilt werden. Genutzt wurden diese Mittel in der Vergangenheit aber häufig, um die eigene Kassenlage aufzubessern, sagt Silke Gottschalk:
"Leider war es so in der Vergangenheit, dass die so ein bisschen dazu gedient haben, den kommunalen Haushalt auszugleichen, weil die Kommunen natürlich auch häufig klamm sind, wurde dann an der Stelle das Geld rein geholt. Aber das ist wahrscheinlich die falsche Idee von dem, was eigentlich die Aufgabe ist von den kommunalen Wohnungsunternehmen. Denn wenn ich zu wenig günstigen Wohnraum habe, dann muss ich zum Beispiel Transferleistungsempfänger in teureren Wohnungen unterbringen als Kommune, ja und letztendlich zahl ich dann auch nochmal."
Im Fachjargon heißt das Subjektförderung statt Objektförderung. Investitionen in Menschen, statt in Stein – klingt eigentlich sympathisch, kommt den Staat aber teuer und erlaubt es privaten Vermietern, ordentlich Gewinn zu schlagen aus der nachlässigen Wohnungspolitik, sagt Gerd Kuhn vom Institut für Wohnen und Entwerfen an der Uni Stuttgart.
"Meines Erachtens zeigt jetzt diese Entwicklung in aller Dramatik, dass dieser Weg schwerpunktmäßig auf Subjektförderung, also über Wohngeld zu setzen, ein falscher Weg war. Jetzt wird es zunehmend wichtig, Objekte zu fördern, also günstigen Wohnraum, aber in sehr großer Mengenzahl, damit man gerade die Verwerfungen zwischen Ansässigen und neu Ankommenden nicht potenziert."
Die Maxime der vergangenen Jahre, dass der Markt die Sache gewissermaßen von allein regele, hat sich Kuhn zufolge als Irrglaube erwiesen. Doch es reiche nicht aus, lediglich die Mittel für den sozialen Wohnungsbau zu erhöhen und auf diesem Weg schnell für Abhilfe zu sorgen.
"Wir müssen aktuell erst mal die Leute unterbringen. Das ist der eine Aspekt. Aber wir müssen gleichzeitig langfristig denken, also wie können wir einen Wohnraum schaffen, der nicht billig ist, also nicht viel wert, sondern dass wir einen qualitätsvollen Wohnraum haben, der schnell hergestellt werden kann, zum Beispiel über Modulbauweise, aber der auch einen längeren Nutzungszyklus hat. Also wenn wir ihn jetzt nicht mehr für Familien brauchen, wie kann man ihn umnutzen für Studenten, für andere Wohnbedürfnisse? Also, das heißt, wir müssen neu nachdenken und schnell neu nachdenken: Wie können wir diese große Aufgabe bewältigen?"
Modul- und Leichtbauweise, sprich moderner Plattenbau, der schnell hochgezogen, aber flexibel genutzt werden kann – das ist eine Antwort auf die akute Wohnungsnot. Auf diese Weise will etwa Berlin die sonst üblichen zwei bis vier Jahre Bauzeit deutlich verkürzen und schnell günstige Wohnungen schaffen. Zudem hat die Bundesregierung das Bauplanungsrecht gelockert. Nun kann leichter in Gewerbegebieten gebaut werden, Bürogebäude dürfen in Flüchtlingsunterkünfte umgewandelt werden. In den Ländern sollen außerdem die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Aus den Reihen der Bauminister der Länder kommt zudem die Forderung, die nächste Stufe der Energieeinsparverordnung, die im kommenden Jahr in Kraft treten soll, vorerst auszusetzen. Darüber hinaus denkt die Bundesregierung offenbar über weitere steuerliche Vergünstigungen für private Investoren nach. Bauen – so die aktuelle Devise – soll schneller und vor allem billiger werden. Doch mit mehr Wohnraum allein ist es nicht getan.
Ezaz Osman steht hinter dem Empfangstresen eines früheren Hotels in der Kölner Innenstadt. Seit einem knappen Jahr ist der reguläre Betrieb eingestellt, rund 130 Flüchtlinge sind in den Zimmern untergebracht. Der junge Mann aus Eritrea arbeitet an der Rezeption. Auch er selbst ist Flüchtling: Von Libyen aus ist er mit einem Boot nach Italien gekommen, über Frankreich schließlich nach Deutschland eingereist. Hier lebt er nun seit zwei Jahren, demnächst wird er vom Wohnheim in seine erste eigene Wohnung einziehen.
"Im Wohnheim auch ist gut, aber ich kann sagen: 90 Prozentig Nachteil, nicht Vorteil, nicht gut. Jetzt wir haben hier 80 aus Eritrea und sie sprechen immer unsere Muttersprache. Ich kann nicht meine Sprache verbessern. Wenn ich mit eine Deutsche wohne, kann immer mit ihm auf Deutsch sprechen und kann ich meine Deutsch weiter verbessern."
Osman hatte Glück: Nach rund neun Monaten Suche hat er nun eine kleine Wohnung am Stadtrand von Köln gefunden – mit Familienanschluss. Der deutsche Vermieter wohnt ebenfalls im Haus, einmal im Monat – so der Plan – soll es ein gemeinsames Abendessen geben. Ezaz Osman lernt seit acht Monaten Deutsch, besucht einen Integrationskurs und außerdem ein Kolleg, um sein Abitur zu machen.
"Viele Sachen kann ich lernen. Ich bin aus Eritrea und er ist aus Deutschland. Es ist verschieden: Kultur, Religion ist verschieden, Essen verschieden – ja, es ist verschieden und man kann viel lernen. Zuwanderer, Migranten, die ein Bleiberecht haben, die haben selbstverständlich den gleichen Anspruch auf eine Wohnung und für diese Menschen ist es wichtig, gerade aus einer anderen Kultur, dass sie möglichst schnell integriert werden."
Fordert Gerd Kuhn von der Uni Stuttgart.
"Das heißt, sie müssen ein Umfeld haben, das integrationsoffen ist und der wichtigste Weg für Integration ist, dass sie Arbeit finden, dass sie soziale Kontakte finden, dass sie Wohnraum finden. Die Frage des Wohnraums isoliert zu betrachten ist meines Erachtens eine total falsche Sichtweise."
"Die Sünden der 70er-Jahre nicht wiederholen"
Zwar gibt es in Deutschland auch reichlich Leerstand – insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern. Vorschläge wie die des grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, die Flüchtlinge dort anzusiedeln, stoßen bei den meisten Experten allerdings auf Skepsis. Denn dort wären sie weitestgehend isoliert, hätten kaum Aussicht eine Arbeit zu finden und sich zu integrieren. Doch auch in den Ballungszentren und Großstädten selbst kommt es darauf an, wo der dringend benötigte günstige Wohnraum geschaffen wird. Während Stadtsoziologe Gerd Kuhn sich durchaus neue Siedlungen am Stadtrand vorstellen kann, lehnt Josef Ludwig vom Kölner Wohnungsamt diese Option eher ab:
"Also nur die Flüchtlinge oder nur den preiswerten Wohnungsbau an einen Ort am Rande der Stadt – das wäre fatal. Dagegen sind wir unterwegs. Die Sünden, die wir vielleicht in den 70er-Jahren mit den Hochhäusern gemacht haben, die sollten wir nicht wiederholen, die werden auch nicht wiederholt. Die Sünden sind zu markant, sie stechen heraus und man sieht sie jeden Tag."
Die Sorge, neue Ghettos in den Großstädten zu schaffen, ist also groß. Auch bislang schon erklärtes Ziel der Wohnungspolitik: eine möglichst starke Durchmischung der Stadtquartiere, also: Arm neben Reich, Alt neben Jung, Migranten neben Ortsansässigen. Gebaut aber wurde vor allem von privaten Investoren in der Vergangenheit eher nach dem Prinzip der uneingeschränkten Gewinnmaximierung. Um dem entgegenzuwirken, setzen manche Kommunen deshalb auf eine Mischung aus Anreizen und Zwang. In München etwa verkauft die Stadt eigenen Baugrund zum Teil sehr günstig, verlangt dafür aber eine Sozial-Bindung von bis zu 60 Jahren. Josef Ludwig sieht solche Maßnahmen kritisch:
"Wenn Sie den Bauherren verpflichten wollen für 50 oder 100 Jahre oder die Lebensdauer seines Gebäudes nur 6,25 Euro mit geringen Steigerungsmöglichkeiten zu verlangen, dann wird keiner in dieser Republik, der ein bisschen rechnen kann in dieses Projekt investieren. Sie sind hier auf dem Kapitalmarkt unterwegs und jeder hat eine Renditeerwartung auch im öffentlich geförderten Wohnungsbau…"
Private Investoren wollen sich zwar oftmals vom Staat fördern lassen, dann aber wenigstens nach Auslaufen der Bindung mehr Geld machen. Doch derzeit funktioniert Wohnungsbau in Deutschland nicht einmal nach dieser Regel. Denn Baugeld ist momentan billig wie nie. Warum sollte ein privater Bauherr also Auflagen in Kauf nehmen und Sozialwohnungen bauen, wenn er frei finanziert schneller mehr Gewinn machen kann?
"Wenn Sie jetzt hier sehen, das sind jetzt quasi so die Strukturen. Wir haben also insgesamt praktisch drei Kategorien, einmal die Altbestände umfassend modernisiert, dann haben wir zwei Mittelblocks, die haben weiterhin günstigste Mieten… "
Gisbert Schwarzhoff, feine Hornbrille, bunte Fliege, edles Schuhwerk steht auf der Dachterrasse eines Neubaus in der sogenannten Klanggarten-Siedlung in Köln-Porz und blickt über die Häuser:
"Ich sag immer etwas flapsig: In Köln können Sie jeden Kohlenkasten vermieten… Aber wir wollen ja auch Qualität vermieten und deshalb haben wir uns entschlossen, das so zu machen…"
Sozial und gewinnbringend bauen, muss kein Wiederspruch sein
"So" – das bedeutet: Ein großes Angebot an Sozialwohnungen, eine Demenzwohngruppe, eine integrative KITA, ein Nachbarschaftsverein, Wohnungen für Seh- und Hörbehinderte, Rollstuhlwohngruppen, aber auch etwas teurere Mietwohnungen. Schwarzhoff ist Geschäftsführer der WSG, der Wohnungs- und Siedlungs-GmbH, einer Tochter des Sozialverbands VdK, also eines gemeinnützigen Vereins. Geld verdienen will Schwarzhoff mit der Klanggarten-Siedlung aber trotzdem. Sozial ausgewogen und zugleich gewinnbringend bauen – das sei kein Widerspruch. Sein Ziel, eine Rendite zwischen 3,5 und fünf Prozent und ein nachhaltiges Wohnprojekt:
"Wenn Sie heute Geld anlegen, kriegen Sie 0,… Prozent Zinsen. Wenn Sie ein bisschen an der Börse zocken, mögen Sie vielleicht fünf, sechs, sieben oder acht bekommen, aber wir haben ja ein anderes Ziel, wir haben ja ein Produkt, das langlebig ist und wenn wir aus diesem Produkt langlebig unsere fünf Prozent erzielen, sind wir sehr glücklich. Und unsere Eigentümer bekommen trotzdem noch ihr Kapital aus unserer Gesellschaft, und wir bezahlen die Mitarbeiter auch gut und alle sind glücklich und zufrieden. Ich glaub, das ist ein gutes Konzept."
Aus Schwarzhoffs Sicht ist es nicht allein das Streben nach dem schnellen Geld, das private Investoren davon abhält, Sozialwohnungen zu bauen. Der soziale Wohnungsbau habe ein extremes Image-Problem:
"Die privaten Investoren haben oft Angst vor der Belegung mit diesem Klientel, das einen Wohnberechtigungsschein hat. Wir erleben es immer wieder, gerade jetzt wo wir Wohnraum dazukaufen, der eine öffentliche Förderung hat: Die meisten privaten Investoren sind glücklich das loszuwerden, weil sie auch mit dem Prozess nicht umgehen können. Wann kann ich Miete anpassen? Wie verhalte ich mich dabei?"
Früher sei oft sehr einseitig belegt worden – sagt Schwarzhoff und meint damit, dass bei den Bewohnern von Sozialwohnungen nicht gemischt wurde und soziale Brennpunkte geschaffen wurden, sprich Schwierigkeiten, die sich kein Eigentümer wünscht. Und auch in anderer Hinsicht gelte es, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen: Wenn Bund und Länder jetzt die Bedingungen der Wohnraumförderung verbessern, also etwa mehr Fördermittel bereit stellen und Bauvorschriften aufweichen, dann müsse zugleich streng kontrolliert werden, so Schwarzhoff:
"In so einer Notsituation haben wir ja auch in den 70er-Jahren gearbeitet. Da war die Not ganz groß, es musste schnell was gebaut werden und dann stürzen sich eben alle, die vielen Baugesellschaften, Unternehmen und Handwerker darauf und machen im Grunde genommen wohl wissend dass es ein billiger Wohnungsbau ist, eben auch eine weniger wertige Arbeit."
Der Stadtsoziologe Gerd Kuhn fordert deshalb, auf eine Vielzahl von Akteuren zu setzen. So müssten etwa Baugemeinschaften, Baugenossenschaften und kommunale Wohnungsgesellschaften stärker gefördert, der Grundstock an Sozialwohnungen vergrößert werden.
"Ich bin nicht naiv und sage, wir können, indem wir jetzt in großer Anzahl Wohnraum bauen, dass wir jetzt schnell auch eine Durchmischung herstellen können, aber wir dürfen das Ziel der Integration nie aus dem Blick lassen. Lange Zeit hatte Wohnungspolitik in Deutschland keine Konjunktur mehr gehabt und das muss sich wieder grundlegend ändern, dass wir drüber diskutieren: Wie wollen wir zusammen leben? Wo wollen wir leben? Wie können wir unser Zusammenleben auch räumlich und sozial organisieren?"
Grundsätzliche Fragen also, die mit Bedacht zu beantworten sind. Gleichzeitig aber gilt: Einen "Masterplan" für die ganze Republik, wie ausreichend günstiger Wohnraum geschaffen werden kann, wird es wohl nicht geben, sind im Bundesstaat Deutschland doch in erster Linie die Länder am Zug. Die wiederum arbeiten derzeit in aller Eile an individuellen, aber mitunter kleinteiligen Lösungen. Ob am Ende mehr bleibt als Flickwerk, werden Politiker, Soziologen, Stadtplaner und Architekten an den Städten der Zukunft ablesen können.