Den Zugang zum Impfstoff vereinfachen, aber wie?
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Eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung zeigt: Möglichkeiten für Coronaimpfungen erreichen sozial Schwächere oft nicht. Betriebsärzte und vor allem gezielte Impfaktionen in Wohnvierteln könnten helfen, sagt der Gesundheitsexperte Benjamin Schüz.
Der Blick auf die aktuellen Impfquoten zeigt: 39,9 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft, mindestens einmal 57,1 Prozent. Aber es geht langsamer voran, als es eigentlich sollte.
Insbesondere Geringverdienende geraten laut einer Umfrage von Lohnspiegel.de ins Hintertreffen. Lohnspiegel.de ist eine Website des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Demnach ergab die Umfrage in Betrieben, dass 49 Prozent der Geringverdienenden eine Impfung bekommen haben, während es bei den Gut- beziehungsweise Besserverdienenden 70 Prozent sind.
Das WSI fordert deshalb mehr betriebliche Impfangebote und Impfaktionen. Auch Benjamin Schüz, Professor für Public Health an der Universität Bremen, betont, wie wichtig niedrigschwellige Angebote sind.
Viele Unternehmen ohne Betriebsärzte
Bei den Betriebsärzten sei noch viel Luft nach oben, sagt er. Allerdings lasse sich aus der Umfrage herauslesen: "Im Niedriglohnsektor gibt es viele Betriebe, die so ein Angebot gar nicht haben. Das heißt: Dort gibt es möglicherweise gar keinen Betriebsarzt, der oder die in so eine Impfkampagne miteingebunden werden könnte."
Das wiederum zeige, "wie wichtig es ist, direkt vor Ort über das Impfzentrum oder den Impfbus" Angebote zu machen. Inwiefern spielt aber auch eine grundsätzliche Ablehnung der Impfung in dieser Gruppe eine Rolle?
Vielfältige Aspekte von Benachteiligung
Wichtig sei es, sich zu vergegenwärtigen, dass hinter "Niedrigverdienenden" ein "ganzes Konglomerat an Benachteiligungsaspekten" stehe, gibt der Gesundheitsexperte zu bedenken: zum Teil ein niedriges Bildungsniveau mit wenig Zugang zu gezielten Informationen über Vor- und Nachteile der Impfung und oft ohne festen Hausarzt.
Es brauche mehr Informationen vor Ort, in den Wohnvierteln der Menschen und einen unkomplizierten Zugang zum Impfstoff.
Als ein Positivbeispiel nennt Schüz seine eigene Stadt Bremen. Dort gebe es in Brennpunktvierteln gezielte Impfaktionen mit kurzfristigen Terminen. Verimpft werde Johnson & Johnson, bei dem nur eine Impfung nötig ist.
(mkn)