Sozialpsychologe über das Leben mit den Coronaregeln

Der Mensch, das unvernünftige Wesen

07:47 Minuten
Grafische, abstrahierte Darstellung von Viren, Virengruppen und einer Menschengruppe auf weißem Hintergrund.
Wenn es um Corona geht, sollen Experten sagen, was zu tun ist, fordert der Sozialpsychologe Rolf van Dick. © picture alliance / Zoonar.com / Wolfgang Rieger
Rolf van Dick im Gespräch mit Dieter Kassel · 14.08.2020
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Freiwilligkeit bei Maßnahmen zum Schutz vor Corona? Das wird nicht funktionieren, befürchtet der Sozialpsychologe Rolf van Dick. Schon Diskussionen über den Sinn einer Maske führen ihm zufolge nirgendwo hin.
Eine Befragung, die der Sozialpsychologe Rolf van Dick von der Goethe-Universität Frankfurt durchgeführt hat, ergab: 60 Prozent der Befragten befürworten eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit zum Schutz vor dem Coronavirus. 20 Prozent lehnen diese jedoch strikt ab.
Ließe man diese beiden Gruppen miteinander über das Für und Wider diskutieren, "käme sicherlich wenig dabei heraus", sagt van Dick: "Das ist ein wichtiges Thema. Hier müssen wir uns auf die Urteile der Experten verlassen können und dann die Politiker die richtigen Entscheidungen treffen lassen."

Freiwilligkeit? Funktioniert nicht

Der Wissenschaftler hält es zudem für keine gute Idee, bei Maßnahmen wie dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auf Freiwilligkeit zu setzen, denn: "Menschen sind unvernünftige Wesen." Deshalb werde es sicherlich auch nicht funktionieren, die Bevölkerung selbst in eine Debatte einsteigen und Ideen zum Umgang mit der Coronagefahr entwickeln zu lassen – wie es sich etwa der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, wünscht.
Nicht nur halte er es für nötig, diese Pflicht von oben vorzugeben, sagte van Dick. Auch Strafen seien wichtig: "Leider hat uns zum Beispiel in den 70er-Jahren die Gurtpflicht im Auto gezeigt, dass es manchmal ohne Bußgelder nicht geht."
Den Unmut großer Teile der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Coronamaßnahmen sieht van Dick auch im Föderalismus begründet. Während etwa Bayern recht streng vorgehe, handhabe Nordrhein-Westfalen Restriktionen eher locker.

Über das Leben mit Corona nachdenken

Doch würden die Maßnahmen selten durch konkrete Kriterien begründet. Da fast jedes Bundesland andere Regeln aufstelle, herrsche vielmehr der Eindruck vor, "die Politiker wollen sich persönlich profilieren, um wieder gut bei der Bevölkerung dazustehen. Ich glaube, das ist das Problem, das ist es, was die Menschen nicht mögen."
Generell, so van Dick weiter, müsse sich die Gesellschaft daran gewöhnen, nicht über ein Leben nach Corona, sondern über das Leben mit Corona nachzudenken.

Hören Sie zum Thema Coronaverbreitung mit Fokus auf die afrikanischen Länder das Interview mit dem Politikwissenschaftler Hans-Joachim Preuß: Audio Player

(mkn)
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