Sozialstandards in Bangladesch "geben die Rahmenbedingungen gar nicht her"
In der Diskussion um menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der Textilbranche rät Sebastian Siegele von "Sustainability Agents", auf Forderungen nach Sozialstandards zu verzichten. Diese seien ohnehin nicht durchsetzbar. Man müsste vor Ort gemeinsam mit Managern und Arbeitern nach Lösungen suchen.
Ute Welty: Unterbezahlt, ausgebeutet, in ihrer Gesundheit bedroht: Textilarbeiter in Fernost, in Südostasien müssen um ihr Leben fürchten, diese bittere Wahrheit haben die Brände in Bangladesch vor Augen geführt. Am Brandschutz wird gespart, damit wir beim Einkaufen sparen können. Ludger Heitbrink, Professor mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie, hat deshalb an unseren Verstand und unser Gewissen appelliert hier im Interview der "Ortszeit":
Ludger Heitbrink: "Wenn Discounter Jeans für 15 Euro anbieten, dann sagt der gesunde Menschenverstand – oder sagen wir, er sollte es zumindest schon sagen –, da stimmt irgendetwas nicht. Man kann keine Jeans für 15 Euro verkaufen, ohne dass irgendwo bestimmte Standards unterschritten werden. Also sollte man einfach nicht mehr bei Discountern einkaufen gehen. Das wäre der erste vernünftige Schritt."
Welty: Aber wenn das mal so einfach wäre! Verwirrende Auszeichnungen, eine Flut von Informationen und viele können es sich schlicht nicht leisten, anders zu entscheiden als nach dem Preis. Die Unternehmen stehen also am Pranger. Dagegen wehrt sich Sebastian Siegele, Gründer der Firma Sustainability Agents. Er berät Firmen, die in Ländern wie Bangladesch produzieren oder produzieren lassen wollen. Guten Morgen!
Sebastian Siegele: Guten Morgen!
Welty: Sie sagen, die Standards wie gute Bezahlung und sicheres Arbeit lassen sich manchmal gar nicht so leicht durchsetzen. Dieser Satz ist, glaube ich, erklärungsbedürftig. Kann denn jemand tatsächlich etwas dagegen haben, dass ein Näher, eine Näherin nicht anständig bezahlt wird?
Siegele: Ich glaube, da hat niemand etwas dagegen. Und es liegt mir auch fern, dort die Unternehmen jetzt zu verteidigen. Es ist eher die Frage, wie man das erreicht.
Welty: Wie denn?
Siegele: Man muss in die Betriebe gehen, man muss mit den Arbeitern arbeiten, man muss mit den Managern arbeiten. Man muss einen Betrieb als sozialen Zusammenhang verstehen. Was wenig hilfreich ist, die Brille von außen aufzusetzen und mit technischen Standards, mit Sozialstandards Forderungen zu stellen, die die Realität einfach nicht hergeben.
Welty: Aber lassen Sie uns doch vielleicht bei dem Beispiel der Bezahlung noch mal bleiben: Wie kann man dafür sorgen, dass das Geld, was der Unternehmer angesetzt hat für seine Mannschaft, auch tatsächlich bei diesen Menschen ankommt?
Siegele: Wenn es um Geld geht, das ist natürlich ein hoch komplexes Problem. Weil, das funktioniert letztendlich wirklich nur, wenn die Arbeiter gestärkt werden, wenn es dort soziale Beziehung, industrielle Beziehung gibt, wenn es einen Dialog zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt, wenn die Arbeiter in der Lage sind, auch ihre Forderungen zu stellen. Was wenig hilft, wenn man von außen versucht, die Probleme der Arbeiter zu lösen.
Welty: Wo wird der Preis, den wir bezahlen, eigentlich gemacht, wer streicht am Ende den größten Gewinn ein? Das ist ja wahrscheinlich nicht der Näher und wahrscheinlich auch noch nicht mal der Produzent in Bangladesch?
Siegele: Genau. Der Näher, die Näherin in Bangladesch ist das schwächste Glied in der Kette. Wenn irgendwie noch Geld übrig bleibt, dann wird sie bezahlt oder auch nicht oder gut bezahlt oder auch weniger, oder weniger schlecht bezahlt, sagen wir mal so. Wer den größten Gewinn macht, das ist eine gute Frage: Ist das jetzt das Einzelhandelsunternehmen? Wir wissen, auch in Einzelhandelsunternehmen, die Profitmargen im Vergleich zu anderen Sektoren, sind sehr, sehr gering, und ...
Welty: Die liegen wo?
Siegele: Oh, da möchte ich ... Das ist jetzt wirklich schwierig zu sagen, wo die liegen. Ich meine, ... manchmal bei drei, vier Prozent liegen die nur. Und wir kennen ja den Fall von Einzelhandelsunternehmen, auch großen, die ja in Insolvenz gegangen sind. Wer macht jetzt den Profit, ist das vielleicht der Konsument, der in der Lage ist, ein Produkt zu kaufen für einen Preis, der eigentlich den Nutzwert nicht widerspiegelt?
Es ist schwierig zu sagen. Wogegen ich mich wehre, ist, jetzt irgendwie den Schuldigen zu finden. Den Schuldigen zu suchen und zu finden und zu sagen, ist es jetzt der Konsument, ist es jetzt das Unternehmen, ist es jetzt der Manager in Bangladesch, ist es jetzt der Vorarbeiter!
Welty: Aber ist es verantwortbar, wenn der Einzelhandel mit Gewinnmargen von 100, 200, vielleicht sogar 300 Prozent arbeitet? Und das ist ja in der Textilbranche der Fall!
Siegele: Ja, der Einzelhändler, die Einzelhandelsunternehmen hier, die haben hohe Profitmargen. Das muss man ja unterscheiden: Ich habe einen Einkaufspreis und dann verkaufe ich das, das ist ja nicht meine Profitmarge. Das ist, ich muss vielleicht 200, 300 Prozent drauflegen, um hier die Kosten zu decken, meine Angestellten zu decken, die Mieten für mein Unternehmen, da muss man noch mal genau unterscheiden. Dass dieses Bild schon eine Aussage trifft, das ist auch richtig. Also, die Arbeiterin bekommt zehn Cent für das T-Shirt, und hier bekommt man ... Für den Einkaufspreis, der dann vielleicht bei 1,00 Euro oder 1,50 Euro liegt, und man verkauft das T-Shirt dann für 5,00 Euro, dass da irgendwie was schräg liegt, das ist offensichtlich.
Welty: Es gibt ja das Bemühen, C & A beispielsweise lässt einen Verhaltenskodex unterzeichnen von seinen Produzenten, von seinen Zulieferern, der aber mit unschöner Regelmäßigkeit nicht beachtet wird. Ist das Versehen oder ist das Absicht?
Siegele: Das ist System. Das ist aber System, die Unternehmen machen letztendlich das, was von ihnen gefordert wird. Es wird von ihnen gefordert Sicherstellung von Sozialstandards, das ist eine berechtigte Forderung, das ist eine wichtige Forderung, das ist auch besonders eine wichtige Forderung, um Aufmerksamkeit zu erzielen in der Öffentlichkeit, dass es hier ein Problem gibt. Für die Umsetzung vor Ort hilft uns das wenig.
Welty: Was hilft denn für die Umsetzung vor Ort?
Siegele: Für Umsetzung vor Ort hilft es, den Blick ein bisschen wegzunehmen von den Sozialstandards. Weil, in Bangladesch gibt es kein Unternehmen, das in der Lage ist, Sozialstandards umzusetzen oder auch nur annähernd einen Existenz sichernden Lohn zu bezahlen, das geben die Rahmenbedingungen gar nicht her. Man muss, man braucht einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in den Betrieben. Unter Einbindung der Arbeit, unter Einbindung der Manager.
Welty: Und wie sieht der aus?
Siegele: Man muss in die Betriebe gehen, man muss vor Ort Leute ausbilden, man muss in die Betriebe gehen und mit den Arbeitern und Managern zusammen an dem Problem arbeiten. Man muss zum Beispiel, darf nicht hergehen und sagen, das ist jetzt der Minimumlohn, das ist der Existenzlohn und wir müssen die Manager jetzt zwingen, diesen zu bezahlen, sondern man muss in den Betrieb gehen, mit den Arbeitern ... Die Arbeiter müssen in die Lage versetzt werden, auch ihren eigenen Lohn, den sie brauchen, auszurechnen und dann mit den Arbeitgebern in Verhandlung zu treten, dass eine Lösung entwickelt wird, wie dieser Lohn bezahlt werden kann.
Welty: Wissen die Menschen manchmal auch gar nicht, welches Risiko sie eingehen, wenn sie bestimmte Stoffe nicht vorschriftsmäßig lagern oder die Fluchtwege zustellen?
Siegele: Genau, genau. Das ist ein sehr guter Punkt. Man kann mit so einer technischen Sichtweise nach Bangladesch gehen und sagen, ja, wir haben hier einen Feuerschutzstandard und jetzt setzen wir das technisch um. Aber eine Fabrik ist in erster Linie ein sozialer Zusammenhang. Das heißt, wenn die Menschen nicht in der Lage sind, diese Feuerschutzstandards zu leben, oder auch nicht aus sich heraus sie nachhalten, dann hilft uns das wenig. Das heißt, wir müssen in die Betriebe gehen, wir müssen mit den Managern und den Arbeitern arbeiten.
Welty: Wo setzen Sie an, wie sieht das konkret aus, wenn Sie mit Ihrer Firma tätig werden?
Siegele: Wir gehen, wir haben, vor Ort arbeiten wir eben mit Gewerkschaftern, Menschenrechtsaktivisten zusammen, die bilden wir aus, mit denen zusammen gehen wir in die Betriebe, setzen uns mit den Managern und Arbeitern getrennt oder auch gemeinsam zusammen und sagen, vergesst das mal hier ein bisschen mit den Sozialstandards! Ihr habt ein Problem, und wenn ihr hier ein erfolgreiches Unternehmen sein wollt, wenn ihr gutes Geld machen wollt, dann müsst ihr diese Probleme lösen, und dabei können wir euch helfen. Wir können nicht die Probleme für euch lösen, wir können euch nur helfen, die Probleme zu lösen!
Welty: Sebastian Siegele, Gründer von Sustainability Agents. Er berät Firmen, die in Ländern wie Bangladesch produzieren oder produzieren lassen wollen. Ich danke für den Besuch im "Ortszeit"-Studio!
Siegele: Ja, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
"Links bei dradio.de:"
"Sie müssen nicht jeden Dreck kaufen"
Experten: Kunden können für bessere Arbeitsbedingungen in Textilbranche sorgen
"Fünf Überstunden pro Tag ist fast schon üblich"
Kampagne für mehr Transparenz in Bekleidungsindustrie
Gemeinsame Standards in der Modeindustrie
Hersteller diskutieren in Hamburg über nachhaltiges Wirtschaften (DLF)
Ludger Heitbrink: "Wenn Discounter Jeans für 15 Euro anbieten, dann sagt der gesunde Menschenverstand – oder sagen wir, er sollte es zumindest schon sagen –, da stimmt irgendetwas nicht. Man kann keine Jeans für 15 Euro verkaufen, ohne dass irgendwo bestimmte Standards unterschritten werden. Also sollte man einfach nicht mehr bei Discountern einkaufen gehen. Das wäre der erste vernünftige Schritt."
Welty: Aber wenn das mal so einfach wäre! Verwirrende Auszeichnungen, eine Flut von Informationen und viele können es sich schlicht nicht leisten, anders zu entscheiden als nach dem Preis. Die Unternehmen stehen also am Pranger. Dagegen wehrt sich Sebastian Siegele, Gründer der Firma Sustainability Agents. Er berät Firmen, die in Ländern wie Bangladesch produzieren oder produzieren lassen wollen. Guten Morgen!
Sebastian Siegele: Guten Morgen!
Welty: Sie sagen, die Standards wie gute Bezahlung und sicheres Arbeit lassen sich manchmal gar nicht so leicht durchsetzen. Dieser Satz ist, glaube ich, erklärungsbedürftig. Kann denn jemand tatsächlich etwas dagegen haben, dass ein Näher, eine Näherin nicht anständig bezahlt wird?
Siegele: Ich glaube, da hat niemand etwas dagegen. Und es liegt mir auch fern, dort die Unternehmen jetzt zu verteidigen. Es ist eher die Frage, wie man das erreicht.
Welty: Wie denn?
Siegele: Man muss in die Betriebe gehen, man muss mit den Arbeitern arbeiten, man muss mit den Managern arbeiten. Man muss einen Betrieb als sozialen Zusammenhang verstehen. Was wenig hilfreich ist, die Brille von außen aufzusetzen und mit technischen Standards, mit Sozialstandards Forderungen zu stellen, die die Realität einfach nicht hergeben.
Welty: Aber lassen Sie uns doch vielleicht bei dem Beispiel der Bezahlung noch mal bleiben: Wie kann man dafür sorgen, dass das Geld, was der Unternehmer angesetzt hat für seine Mannschaft, auch tatsächlich bei diesen Menschen ankommt?
Siegele: Wenn es um Geld geht, das ist natürlich ein hoch komplexes Problem. Weil, das funktioniert letztendlich wirklich nur, wenn die Arbeiter gestärkt werden, wenn es dort soziale Beziehung, industrielle Beziehung gibt, wenn es einen Dialog zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt, wenn die Arbeiter in der Lage sind, auch ihre Forderungen zu stellen. Was wenig hilft, wenn man von außen versucht, die Probleme der Arbeiter zu lösen.
Welty: Wo wird der Preis, den wir bezahlen, eigentlich gemacht, wer streicht am Ende den größten Gewinn ein? Das ist ja wahrscheinlich nicht der Näher und wahrscheinlich auch noch nicht mal der Produzent in Bangladesch?
Siegele: Genau. Der Näher, die Näherin in Bangladesch ist das schwächste Glied in der Kette. Wenn irgendwie noch Geld übrig bleibt, dann wird sie bezahlt oder auch nicht oder gut bezahlt oder auch weniger, oder weniger schlecht bezahlt, sagen wir mal so. Wer den größten Gewinn macht, das ist eine gute Frage: Ist das jetzt das Einzelhandelsunternehmen? Wir wissen, auch in Einzelhandelsunternehmen, die Profitmargen im Vergleich zu anderen Sektoren, sind sehr, sehr gering, und ...
Welty: Die liegen wo?
Siegele: Oh, da möchte ich ... Das ist jetzt wirklich schwierig zu sagen, wo die liegen. Ich meine, ... manchmal bei drei, vier Prozent liegen die nur. Und wir kennen ja den Fall von Einzelhandelsunternehmen, auch großen, die ja in Insolvenz gegangen sind. Wer macht jetzt den Profit, ist das vielleicht der Konsument, der in der Lage ist, ein Produkt zu kaufen für einen Preis, der eigentlich den Nutzwert nicht widerspiegelt?
Es ist schwierig zu sagen. Wogegen ich mich wehre, ist, jetzt irgendwie den Schuldigen zu finden. Den Schuldigen zu suchen und zu finden und zu sagen, ist es jetzt der Konsument, ist es jetzt das Unternehmen, ist es jetzt der Manager in Bangladesch, ist es jetzt der Vorarbeiter!
Welty: Aber ist es verantwortbar, wenn der Einzelhandel mit Gewinnmargen von 100, 200, vielleicht sogar 300 Prozent arbeitet? Und das ist ja in der Textilbranche der Fall!
Siegele: Ja, der Einzelhändler, die Einzelhandelsunternehmen hier, die haben hohe Profitmargen. Das muss man ja unterscheiden: Ich habe einen Einkaufspreis und dann verkaufe ich das, das ist ja nicht meine Profitmarge. Das ist, ich muss vielleicht 200, 300 Prozent drauflegen, um hier die Kosten zu decken, meine Angestellten zu decken, die Mieten für mein Unternehmen, da muss man noch mal genau unterscheiden. Dass dieses Bild schon eine Aussage trifft, das ist auch richtig. Also, die Arbeiterin bekommt zehn Cent für das T-Shirt, und hier bekommt man ... Für den Einkaufspreis, der dann vielleicht bei 1,00 Euro oder 1,50 Euro liegt, und man verkauft das T-Shirt dann für 5,00 Euro, dass da irgendwie was schräg liegt, das ist offensichtlich.
Welty: Es gibt ja das Bemühen, C & A beispielsweise lässt einen Verhaltenskodex unterzeichnen von seinen Produzenten, von seinen Zulieferern, der aber mit unschöner Regelmäßigkeit nicht beachtet wird. Ist das Versehen oder ist das Absicht?
Siegele: Das ist System. Das ist aber System, die Unternehmen machen letztendlich das, was von ihnen gefordert wird. Es wird von ihnen gefordert Sicherstellung von Sozialstandards, das ist eine berechtigte Forderung, das ist eine wichtige Forderung, das ist auch besonders eine wichtige Forderung, um Aufmerksamkeit zu erzielen in der Öffentlichkeit, dass es hier ein Problem gibt. Für die Umsetzung vor Ort hilft uns das wenig.
Welty: Was hilft denn für die Umsetzung vor Ort?
Siegele: Für Umsetzung vor Ort hilft es, den Blick ein bisschen wegzunehmen von den Sozialstandards. Weil, in Bangladesch gibt es kein Unternehmen, das in der Lage ist, Sozialstandards umzusetzen oder auch nur annähernd einen Existenz sichernden Lohn zu bezahlen, das geben die Rahmenbedingungen gar nicht her. Man muss, man braucht einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in den Betrieben. Unter Einbindung der Arbeit, unter Einbindung der Manager.
Welty: Und wie sieht der aus?
Siegele: Man muss in die Betriebe gehen, man muss vor Ort Leute ausbilden, man muss in die Betriebe gehen und mit den Arbeitern und Managern zusammen an dem Problem arbeiten. Man muss zum Beispiel, darf nicht hergehen und sagen, das ist jetzt der Minimumlohn, das ist der Existenzlohn und wir müssen die Manager jetzt zwingen, diesen zu bezahlen, sondern man muss in den Betrieb gehen, mit den Arbeitern ... Die Arbeiter müssen in die Lage versetzt werden, auch ihren eigenen Lohn, den sie brauchen, auszurechnen und dann mit den Arbeitgebern in Verhandlung zu treten, dass eine Lösung entwickelt wird, wie dieser Lohn bezahlt werden kann.
Welty: Wissen die Menschen manchmal auch gar nicht, welches Risiko sie eingehen, wenn sie bestimmte Stoffe nicht vorschriftsmäßig lagern oder die Fluchtwege zustellen?
Siegele: Genau, genau. Das ist ein sehr guter Punkt. Man kann mit so einer technischen Sichtweise nach Bangladesch gehen und sagen, ja, wir haben hier einen Feuerschutzstandard und jetzt setzen wir das technisch um. Aber eine Fabrik ist in erster Linie ein sozialer Zusammenhang. Das heißt, wenn die Menschen nicht in der Lage sind, diese Feuerschutzstandards zu leben, oder auch nicht aus sich heraus sie nachhalten, dann hilft uns das wenig. Das heißt, wir müssen in die Betriebe gehen, wir müssen mit den Managern und den Arbeitern arbeiten.
Welty: Wo setzen Sie an, wie sieht das konkret aus, wenn Sie mit Ihrer Firma tätig werden?
Siegele: Wir gehen, wir haben, vor Ort arbeiten wir eben mit Gewerkschaftern, Menschenrechtsaktivisten zusammen, die bilden wir aus, mit denen zusammen gehen wir in die Betriebe, setzen uns mit den Managern und Arbeitern getrennt oder auch gemeinsam zusammen und sagen, vergesst das mal hier ein bisschen mit den Sozialstandards! Ihr habt ein Problem, und wenn ihr hier ein erfolgreiches Unternehmen sein wollt, wenn ihr gutes Geld machen wollt, dann müsst ihr diese Probleme lösen, und dabei können wir euch helfen. Wir können nicht die Probleme für euch lösen, wir können euch nur helfen, die Probleme zu lösen!
Welty: Sebastian Siegele, Gründer von Sustainability Agents. Er berät Firmen, die in Ländern wie Bangladesch produzieren oder produzieren lassen wollen. Ich danke für den Besuch im "Ortszeit"-Studio!
Siegele: Ja, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
"Links bei dradio.de:"
"Sie müssen nicht jeden Dreck kaufen"
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