"Aus der Wurzel der CDU"
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Was ist davon zu halten, wenn AfD-Chef Alexander Gauland seine Partei als "bürgerlich" bezeichnet? Der Soziologe Joachim Fischer erkennt darin einen klaren Widerspruch - aber auch eine Art Selbstverpflichtung.
Wer und was ist eigentlich bürgerlich? Darüber streiten derzeit die politischen Parteien, nachdem AfD-Chef Alexander Gauland nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg für seine Partei die Bürgerlichkeit beansprucht hat.
Der Soziologe Joachim Fischer, derzeit Honorarprofessor an der TU Dresden, erkennt in diesem Themenkomplex "eine ganz neue Forschungsrichtung". Bisher sei die AfD immer aus der Perspektive von "Rechtsextremismus und Rechtspopulismus" untersucht worden, so Fischer im Deutschlandfunk Kultur.
Doch prominente Repräsentanten der AfD seien auf jeden Fall bürgerlich, sagt Fischer. Es sei "völlig sinnlos", beispielsweise Alexander Gauland die Bürgerlichkeit abzusprechen. Denn dieser sei Jurist, Publizist und war bis 2013 über vier Jahrzehnte in der CDU aktiv.
"Skepsis gegenüber dem Volk und dem Demokratischen"
Wenn man die CDU als "Inbegriff" einer bürgerlichen Partei verstehe, dann sei die AfD "mindestens entstehungsgeschichtlich" auch von dort aus zu begreifen, betont der Soziologe: "Sie ist sozusagen aus der Wurzel der CDU."
Mit der Bezeichnung "bürgerlich" binde sich die AfD allerdings "in gewisser Weise auch selbst an bestimmte Kriterien". Unklar sei in dem Zusammenhang, wie die AfD das Verhältnis von "Volk" und Bürgertum definiere.
"Eindeutig ist die AfD eine Partei, die sich auf das Volk beruft und das Volk stark macht", meint Fischer. Die bürgerliche, durch den demokratischen Rechtsstaat geprägte Verfassung verkörpere aber immer auch eine "Skepsis gegenüber dem Volk und dem Demokratischen". Wo es eine Verfassung gibt, könne das Volk eben nicht einfach alles ändern: "Es ist schon sehr viel festgelegt."
(huc)