Soziologe zum Klimakompromiss der Koalition

"Eigentlich müsste man durchregieren"

05:56 Minuten
Bei den Fridays-for-Future-Protesten hält eine Demonstrantin ein Schild mit der Aufschrift: Tut endlich etwas! Euer Versagen wird uns zum Verhängnis" in die Höhe.
Jugendliche bei den Fridays for Future-Protesten: Am Thema Klimaschutz kommt niemand mehr vorbei, sagt der Soziologe Armin Nassehi. © imago / IPON
Armin Nassehi im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Am Thema Klimaschutz komme niemand mehr vorbei - "das ist der Erfolg von Fridays for Future", sagt der Soziologe Armin Nassehi. Im Kompromiss über den CO2-Preis erkennt er den Einstieg in einen gesellschaftlichen Wandel, der allerdings nicht ohne Frust auskomme.
Bund und Länder haben bei den Verhandlungen über das Klimapaket einen Durchbruch erzielt. Der ursprünglich von der großen Koalition geplante Einstiegspreis von zehn Euro pro Tonne CO2 ist vom Tisch. Der CO2-Preis soll nun ab 2021 25 Euro betragen und dann schrittweise bis 2025 auf 55 Euro steigen.
Der CO2-Preis wird fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln.
Als Ausgleich sollen Fernpendler stärker entlastet werden. Die zusätzlichen Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis sollen zudem zur Senkung der Erneuerbare-Energien-Umlage verwendet werden.

Gewöhnungseffekt bei gesellschaftlichen Veränderungen

"Es ist ein Lichtblick, weil man in so einen Prozess eingetreten ist", kommentiert der Soziologe Armin Nassehi. Bedeutsam ist für ihn das Moment des gesellschaftlichen Wandels. "Für manche wirkt das geradezu revolutionär, aber nach einiger Zeit hat man sich so daran gewöhnt, dass man es nicht mehr merkt."
Es sei der Erfolg der Bewegung Fridays for Future, dass am Thema Klimaschutz nun niemand mehr vorbeikomme. "Jeder muss sich dazu verhalten." Auch eine starke Fraktion von Klimaleugnern sei eigentlich ein Effekt dieses Erfolges.

Das umsetzen, was praktisch möglich ist

Festzustellen sei aber auch, dass sich die Gesellschaft nicht so leicht in eine bestimmte Richtung schieben lasse. Eigentlich müsste man nach allem, was wir über den Klimawandel wissen, "durchregieren", meint der Soziologe. "Denn wir können uns ungefähr vorstellen, wie diese Welt aussehen müsste, damit der CO2-Ausstoß geringer wird."
Verschiedene Gruppen wollten allerdings Verschiedenes. Und die Bordmittel für Veränderung seien in einer Gesellschaft der Gewaltenteilung begrenzt. In vielen Situationen sei das auch gar nicht so schlecht.
"Ich fürchte, wir müssen uns mit dem zufrieden geben, was praktisch möglich ist", resümiert Nassehi. "Und das muss man möglichst stark ausformulieren."
(huc)
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