Soziologe zur Lockdownverlängerung

Der Friseurbesuch als Belohnung fürs Durchhalten

08:01 Minuten
Ein Friseur mit Maske schneidet einem Kunden die Haare.
Ein Friseurbesuch ermögliche die "Erfahrung kollektiven Gelingens" nach den Entbehrungen des Lockdowns, meint Heinz Bude. © picture alliance / NurPhoto | Artur Widak
Heinz Bude im Gespräch mit Gabi Wuttke |
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Der Lockdown wird bis zum 7. März verlängert. Aber: Friseure dürfen bereits ab dem 1. März öffnen. Warum das wichtig ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, erklärt Soziologe Heinz Bude.
Der Lockdown in Deutschland ist bis zum 7. März verlängert worden, das entschieden Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungen der Länder auf einem Treffen zur Coronakrise. Demnach sollen Friseure bereits am 1. März wieder öffnen dürfen. Ab wann Schulen und Kindertagesstätten öffnen, ist abhängig vom Bundesland.
Erst ab einem Inzidenzwert von 35 soll der Einzelhandel öffnen können, mit einer Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 20 Quadratmeter. Im nächsten Schritt sollen Museen und Galerien öffnen und Betriebe der körpernahen Dienstleistungen.

Kollektives Gelingen und soziale Intelligenz

Dass die Friseure demnächst wieder öffnen, sei ein wichtiges Signal, sagt der Soziologe Heinz Bude. Die Bevölkerung habe viel hingenommen und viel Bereitschaft gezeigt, es habe eine Art "sozialer Lähmung" vorgeherrscht.
"Aber irgendeine Form von Belohnung braucht man einfach", meint Bude. Ein Friseurbesuch gehöre zu den "zivilisatorischen Einfachhandlungen", die die Erfahrung eines gemeinschaftlichen Lebens und eines "kollektiven Gelingens" ermöglichen.
"Darum geht es, glaub ich: Dass man das Gefühl hat, nicht als Monade durch die Welt gehen zu müssen, sondern dass es eine gewisse freundliche Verlässlichkeit füreinander gibt".
Um das Virus in Schach zu halten, müssten wir "unsere gesamte soziale Intelligenz aufbieten", so Bude. Ein Problem stellten aber die Virusmutationen dar. Dieser Kampf könne nur vor Ort, in den Landkreisen und städtischen Quartieren, gewonnen werden. Dort sei es einfacher, gemeinsame Verpflichtungen einzugehen.

Appell an den Gemeinsinn

Eine Nachlässigkeit wie nach der Lockerung des ersten Lockdowns, als die Zahlen rasant wieder stiegen, dürfe nun nicht wieder geschehen. Dazu müssten aber nicht die Maßnahmen "von oben diktiert" werden. Besser sei es, eine Art "sozialen Pakt von unten zu schaffen, wo sich die Leute einander versprechen, das Virus gezähmt zu bekommen."
Klassische Organisationen wie Gewerkschaften oder Kirchen sieht Bude in der Pflicht, stärker aktiv zu werden. Sie hätten in der Vergangenheit bewiesen, zusammen große Aufgaben bewältigen zu können.
"Es geht nicht darum eine Diktatur auszurufen, sondern zu vertrauen in die Möglichkeiten, die wir haben". Auch in einer freiheitlichen Gesellschaft sei es möglich, kollektiv zu handeln. "Ich glaube, wir schaffen das und kommen aus der Coronakrise gestärkt heraus."
(sbd)
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