Bonn entdeckt Beethoven doch noch für sich
Lange hat sich Bonn wenig um den berühmtesten Sohn der Stadt gekümmert. Mit den Feiern zum 250. Geburtstag des Komponisten soll sich das ändern: Ludwig van Beethoven soll zum Aushängeschild der Stadt werden.
Ein Altbau im schicken Bonner Stadtteil Poppelsdorf am 1. November. Rund 60 Menschen, vorzugsweise aus der zweiten Lebenshälfte, sind gekommen. Geschwungene Holzstühle, tiefe Sofas, Parkettboden und Bücherregale an der Wand erzeugen Salon-Atmosphäre – genauso wie die Klavierklänge.
Am Klavier sitzt Stephan Eisel. Der 62-Jährige, einst Redenschreiber und stellvertretender Leiter des Kanzler-Büros unter Helmut Kohl, später dann als Nachrücker CDU-Bundestagsabgeordneter, ist seit April 2013 Vorsitzender des Kulturvereins "Bürger für Beethoven" – und in der Rolle auch Klavierkabarettist.
"Wir erinnern heute an die Abschiedsparty, die Ludwig van Beethoven vor 225 Jahren, auf den Tag genau, gegeben hat. Im Zehrgarten, am Bonner Marktplatz. Und deshalb wird es heute eine Reihe von Abschiedsliedern geben. Sie sind dann auch herzlich eingeladen, diejenigen, die sie kennen, mitzusingen. Eine Stimme hat jeder."
Erstes Gelächter im Publikum. "...niemals geht man so ganz: Wie Beethoven vor 225 Jahren Bonn verließ" so der Titel der Veranstaltung, die – trotz doppelter Aufführung an diesem Tag – beide Mal komplett ausgebucht ist. Am 1. November 1792 verließ der nunmehr bekannteste Sohn der Stadt seine Heimat, um nach Wien aufzubrechen. 22 Jahre lang lebte Beethoven in Bonn – und an diese Jahre erinnert Eisel nun, launig-musikalisch untermalt, und hofft bei seinen Klavier- und Gesangskünsten auf die Gnade des Besungenen:
"Dass Beethoven viel Sinn für Humor hatte und auch musikalische Witze und unterhaltsame Dinge, ist klar. Und er hat ja mal selber gesagt, es kommt auf die innere Haltung an und wenn man sich mal verspielt, ist es Zufall. Also, insofern würde ich auf Gnade hoffen."
Am Klavier sitzt Stephan Eisel. Der 62-Jährige, einst Redenschreiber und stellvertretender Leiter des Kanzler-Büros unter Helmut Kohl, später dann als Nachrücker CDU-Bundestagsabgeordneter, ist seit April 2013 Vorsitzender des Kulturvereins "Bürger für Beethoven" – und in der Rolle auch Klavierkabarettist.
"Wir erinnern heute an die Abschiedsparty, die Ludwig van Beethoven vor 225 Jahren, auf den Tag genau, gegeben hat. Im Zehrgarten, am Bonner Marktplatz. Und deshalb wird es heute eine Reihe von Abschiedsliedern geben. Sie sind dann auch herzlich eingeladen, diejenigen, die sie kennen, mitzusingen. Eine Stimme hat jeder."
Erstes Gelächter im Publikum. "...niemals geht man so ganz: Wie Beethoven vor 225 Jahren Bonn verließ" so der Titel der Veranstaltung, die – trotz doppelter Aufführung an diesem Tag – beide Mal komplett ausgebucht ist. Am 1. November 1792 verließ der nunmehr bekannteste Sohn der Stadt seine Heimat, um nach Wien aufzubrechen. 22 Jahre lang lebte Beethoven in Bonn – und an diese Jahre erinnert Eisel nun, launig-musikalisch untermalt, und hofft bei seinen Klavier- und Gesangskünsten auf die Gnade des Besungenen:
"Dass Beethoven viel Sinn für Humor hatte und auch musikalische Witze und unterhaltsame Dinge, ist klar. Und er hat ja mal selber gesagt, es kommt auf die innere Haltung an und wenn man sich mal verspielt, ist es Zufall. Also, insofern würde ich auf Gnade hoffen."
Bürger retten das Beethovenfest
Und eigentlich geht es Eisel ja auch um etwas anderes: Als Verein wollen sie auf Beethoven aufmerksam machen, auf seine Verbindung zur Stadt Bonn, …
"… weil in Bonn traditionell das Bürgerengagement für Beethoven immer größer war als das der offiziellen städtischen Institutionen."
Und da liegen auch die Wurzeln des Vereins "Bürger für Beethoven": Im Jahr 1993 kürzte die Stadt Bonn die Unterstützung des traditionellen Beethovenfestes, das erstmals 1845 stattgefunden hatte. Daraufhin gründete sich eine Rettungsinitiative, die das Fest dennoch stattfinden ließ – der Vorläufer des heutigen Vereins.
"Die Bürger realisieren viel mehr, dass Beethoven der größte Bonner Sohn ist. Dass er länger in Bonn war als Mozart in Salzburg und vermissen, dass man mehr aus diesen Chancen macht."
"… weil in Bonn traditionell das Bürgerengagement für Beethoven immer größer war als das der offiziellen städtischen Institutionen."
Und da liegen auch die Wurzeln des Vereins "Bürger für Beethoven": Im Jahr 1993 kürzte die Stadt Bonn die Unterstützung des traditionellen Beethovenfestes, das erstmals 1845 stattgefunden hatte. Daraufhin gründete sich eine Rettungsinitiative, die das Fest dennoch stattfinden ließ – der Vorläufer des heutigen Vereins.
"Die Bürger realisieren viel mehr, dass Beethoven der größte Bonner Sohn ist. Dass er länger in Bonn war als Mozart in Salzburg und vermissen, dass man mehr aus diesen Chancen macht."
Mittlerweile ist der Verein ein echter kulturpolitischer Faktor:
"Wenn Sie mal überlegen: So ein an sich Spezialisten-Verein wie die Bürger für Beethoven hat 1560 Mitglieder, mehr als Karnevalsvereine, Sportvereine. Dann sehen Sie ja die Identifikation der Bürger, wenn Sie merken: Ich kann durch die Mitgliedschaft, durch mein Engagement was bewegen. Und wir versuchen halt die offiziellen Stellen, die Verwaltung, die manchmal etwas Status-Quo verliebt ist, so ein bisschen auf Trab zu bringen."
Und Beethovens Bonner Geschichte den Menschen nahezubringen – und sei es eben am Klavier.
"Beethoven hat sich immer zu Bonn bekannt"
Am 17. Dezember 1770 in Bonn geboren erhielt Beethoven eine Musikausbildung von seinem Vater, der in der Hofkapelle am kurfürstlichen Hof in Bonn tätig war. Im Alter von sieben Jahren trat Beethoven zum ersten Mal öffentlich als Pianist auf. Es folgte eine erste Studienreise nach Wien, um Kompositionsschüler Mozarts zu werden, doch ob er ihn traf, ist unklar. Beethoven kehrte zurück, wurde später Organist und Bratschist an der Bonner Hofkapelle. Für Eisel ist klar: Bonn war seine Heimat.
"Beethoven selber hat sich immer zu Bonn bekannt, gibt viele Briefe, wo das deutlich geworden ist – und er hat noch in Wien vor seinem Tod Briefe unterschrieben mit: Beethoven, Bonnenses – Beethovener der Bonner."
"Beethoven selber hat sich immer zu Bonn bekannt, gibt viele Briefe, wo das deutlich geworden ist – und er hat noch in Wien vor seinem Tod Briefe unterschrieben mit: Beethoven, Bonnenses – Beethovener der Bonner."
Doch das war er damals nicht mehr. Denn: Nach eben jenem Abschiedsabend im Jahr 1792 vor seiner zweiten Studienreise nach Wien kam er nicht mehr zurück.
"Der Beethoven wollte zurück, aber dann kamen die Franzosen. Die Franzosen haben Bonn besetzt. Den Kurfürsten zum Teufel gejagt, den Hofstaat aufgelöst und damit auch das Orchester. In das moderne Deutsch übersetzt: Die Planstelle war weg. Beethoven hatte keine Möglichkeit mehr, nach Bonn zurückzukommen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Deswegen ist er in Wien geblieben. Sagen Sie das jedem Wiener, der Ihnen begegnet … Es ist so. Es ist so. Und wenn Sie einen Spielfilm sehen, wo Beethoven hochdeutsch spricht oder gar wienerisch. Das ist natürlich absoluter Quatsch. Beethoven hat nachweislich ein ganz breites Bönnsch gesprochen."
Um die Anerkennung und Bedeutung Beethovens für seine Geburtsstadt muss man sich an diesem Abend keine Sorge machen – wohl aber generell, meint auch Eisel.
"In Bonn selber, was die Bürgerschaft betrifft, ist da durchaus ein Fundament da. Aber wenn man ansonsten durch die Stadt Bonn geht, wird man kaum damit konfrontiert. Und das muss sich eben ändern."
Eisel kann genug Beispiele nennen: Beethovens Elternhaus musste einst durch eine Privatinitiative vorm Abriss bewahrt werden, der – durch private Gelder finanzierte – Bau eines Festspielhauses, um Beethovens Musik im großen Rahmen spielen zu lassen, scheiterte an Vorgaben der Verwaltung, was dann auch im Abschluss des Liederabends thematisierte wurde.
Das Aushängeschild für Bonn
Und dennoch hat auch Eisel Hoffnung: Denn im Jahr 2020 feiert die Stadt den 250. Geburtstages seines berühmtesten Sohnes. Dafür wurde eigens eine GmbH gegründet – um ein Jahr lang Veranstaltungen zu koordinieren.
"Das ist jetzt schon eine Chance: Jetzt muss man aufpassen, dass das Jubiläumsjahr 2020 nicht ein einmaliges Ereignis ist, sondern dass das ein Startschuss ist. Wenn Sie heute nach Bonn kommen und Sie stehen nicht vor dem Beethoven-Denkmal oder dem Geburtshaus, wissen Sie nicht, dass Sie in der Beethoven-Stadt Bonn sind. Solche Dinge müssen sich ändern, da muss ein Beethoven-Rundgang her, man muss erleben, dass man in der Beethoven-Stadt ist – und zwar durchaus modern, nicht nur historisch, sondern modern und zeitgemäß und da gibt es noch sehr, sehr viel zu tun und damit ist ja auch eine große wirtschaftliche Chance verbunden."
"Das ist jetzt schon eine Chance: Jetzt muss man aufpassen, dass das Jubiläumsjahr 2020 nicht ein einmaliges Ereignis ist, sondern dass das ein Startschuss ist. Wenn Sie heute nach Bonn kommen und Sie stehen nicht vor dem Beethoven-Denkmal oder dem Geburtshaus, wissen Sie nicht, dass Sie in der Beethoven-Stadt Bonn sind. Solche Dinge müssen sich ändern, da muss ein Beethoven-Rundgang her, man muss erleben, dass man in der Beethoven-Stadt ist – und zwar durchaus modern, nicht nur historisch, sondern modern und zeitgemäß und da gibt es noch sehr, sehr viel zu tun und damit ist ja auch eine große wirtschaftliche Chance verbunden."
"Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich freue mich, dass die Themenwahl der heutigen Veranstaltung offensichtlich großes Anklang gefunden hat."
Ein prallgefülltes Auditorium, wenige Wochen zuvor, bei einer Diskussionsveranstaltung der "Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik", bei der der ehemalige CDU-Bundesgeschäftsführer, Willi Hausmann, die Einführung hält.
"Der Abend steht ganz im Zeichen unserer Stadt: Beethoven – und dann? Zukunftsperspektiven der Bundesstadt Bonn."
Neben Vertretern des Bundes und des Landes NRW sitzt auch Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridahan auf der Bühne. Eine Studie, so der OB, habe ergeben, dass Bonn für zwei Faktoren stehe…
"…, nämlich einmal Beethoven und für die Internationalität. In Kürze beginnt unsere neue Imagekampagne, die den weltweit bekannten Namen Beethoven mit jenem Bonns verknüpfen soll."
Zustimmendes Nicken im Publikum. Für Sridahan ist klar: Bonn steht als UN-Standort für die Internationalität, hat – auch durch das Bonn-Berlin-Gesetz und trotz der Abwanderung im Zuge des Hauptstadt-Verlustes – eine gute wirtschaftliche Lage. Jetzt will die Stadt endlich seinen Beethoven angemessen würdigen – und nutzen.
"Beethoven ist der größte Sohn unserer Stadt und wir feiern 2020 seinen 250. Geburtstag, sind mitten in den Vorbereitungen, haben mit dem Bund, dem Land und dem Rhein-Sieg-Kreis eine Gesellschaft gegründet, die dieses Fest ja wirklich hervorragend vorbereitet."