Spaniens größter kultureller Außenposten in Deutschland

Von Dirk Fuhrig |
Spaniens Kronprinz Felipe hat in Frankfurt das größte spanische Kulturinstitut in Deutschland eröffnet. Das neue Instituto Cervantes ist im ehemaligen Amerikhaus untergebracht. Es ist das fünfte und größte Institut in Deutschland. Hier soll der kulturelle Dialog zwischen Deutschland und der spanischsprachigen Welt verbessert und angeschoben werden. Das Institut soll mit der Frankfurter Buchmesse und der Universität der Stadt zusammenarbeiten.
Es sind nur ein paar Schritte von Frankfurts kulturellem Zentrum -dem Konzerthaus Alte Oper - und auch von seinem finanziellen: der Phalanx der Bankentürme. Die Universität - die vor einigen Jahren in den grandiosen Poelzig-Bau, das ehemalige IG-Farben-Gebäude zog, ist um die Ecke. Vorne an der Straße macht ein großes Schild mit den roten Initialen des Instituto Cervantes markant auf das neue Haus im großbürgerlichen Stadtteil Westend aufmerksam.

Breite Fensterfronten, die den Durchblick von außen bis in den hinter dem Gebäude liegenden Garten erlauben. Die für Architektur der 50er-Jahre typische Kachelverkleidung wurde sorgfältig aufgearbeitet.

Ignacio Olmos: "Die Fassade ist geblieben, aber das ist fast alles. Die Räumlichkeiten sind völlig neu, wir haben alle Büros offen gemacht, Gartenmodellierung mit einer zweiten Bühne für Sommerveranstaltungen. Das Haus steht unter Denkmalschutz, das heißt wir konnten nicht auf dem Haus weiter aufbauen. Aber nach unten schon. Wir haben gegraben und eine Bibliothek von 1000 m² neu erschaffen. Und darauf sind wir besonders stolz."

Ignacio Olmos kann in der Tat zufrieden sein. Der Direktor des neuen Frankfurter Kulturinstituts hatte bereits vor sechs Jahren das Instituto Cervantes in Berlin gegründet - in einem prächtigen Gründerzeit-Geschäftshaus in unmittelbarer Nähe von Alexanderplatz und Hackeschem Markt, inmitten des neuen östlichen Stadtzentrums also.

In Frankfurt hat Olmos nun eine echte Preziöse der Nachkriegsarchitektur entdeckt. Die Stadt, die normalerweise sehr verächtlich mit der Nachkriegsmoderne umgeht, hat in diesem Fall architektonische Sensibilität beweisen. Sie hat für die denkmalgerechte Restaurierung gesorgt. Die 3 Millionen Euro Kosten dafür lässt sie sich innerhalb von 30 Jahren als Miete vom spanischen Staat zurück überweisen.

Für den Frankfurter Kulturdezernenten Felix Semmelroth ein Fall von Standortmarketing:

"Wir haben eine große spanische Gemeinde. Es gibt große spanische Unternehmen in Frankfurt. Und es gibt, das ist in dem Fall besonders wichtig, eine große lateinamerikanische Gemeinde in Frankfurt."

Die Renovierung lässt das lange Zeit im Abseits vor sich hin rottende alte Amerika-Haus neu glänzen. Das Gebäude war 1957 zum Zwecke der Umerziehung der Deutschen, der Re-Education, eröffnet worden. Die Leichtigkeit der Nachkriegsarchitektur, das Schwebende, die Transparenz waren Symbole für Demokratie, Diskussion und Weltoffenheit.

Während die USA ihre Auslands-Repräsentanzen mittlerweile nicht mehr als gastliche Sommerhäuser, sondern als abweisende Trutzburgen konzipieren - siehe die neue Botschaft in Berlin -, möchte das Instituto Cervantes in dem nicht nur modernisierten, sondern tatsächlich "modernen" Pavillon an die Idee der Kommunikation und des Austauschs anknüpfen.

Ignacio Olmos: "Es muss ein Haus für die Begegnung zwischen Deutschen und Spaniern und Lateinamerikanern werden, und ich hoffe, wir werden ein Kulturprogramm aufbauen, in dem sich die Kulturpolitik widerspiegeln kann. Es geht nicht um die unidimensionale Selbstdarstellung unserer eigenen Kultur, wir machen kein Marketing, sondern möchten einen Dialog ausbauen mit deutschen Intellektuellen und Schriftstellern ... Die Erwartungen an uns sind sehr groß. Wir möchten auf jeden Fall Impulse für die Stadt geben, uns in der kulturellen Haut der Stadt zu implementieren."

Auch in dem fünften Instituto Cervantes in Deutschland - neben München, Bremen, Berlin und Hamburg - geht es keineswegs nur um Spanien, sondern um die Sprache und Kultur aller spanischsprachigen Länder. Das ehemalige (Nord-)Amerika-Haus ist damit also jetzt, teilweise jedenfalls, eine Art "Süd-Amerika-Haus" geworden. Das macht das Instituto auch für eine Kooperation mit Deutschlands größtem Kultur-Umschlagplatz interessant. Der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Jürgen Boos, hat ein Kopperationsabkommen vereinbart.

"Wir planen, in einer der internationalen Hallen einen Schwerpunkt Spanisch gemeinsam aufzubauen. Vor allen Dingen im letzten Jahre mit dem Auftritt der Katalanen ist noch einmal eine ganz besondere Beziehung entstanden. So dass, als Herr Olmos, der Leiter des Instituts, hier nach Frankfurt kam, wir uns ganz früh getroffen haben. Und über die vielen Gespräche im Laufe des Jahres sind wir zu dieser Kooperation gekommen. Es ist ein Wachstumsmarkt ... deshalb haben wir auch Argentinien eingeladen."

2010 wird Argentinien mit seinen vielen Nachwuchs-Autoren Gastland der Frankfurter Buchmesse.

Die Cervantes-Institute können noch nicht auf eine allzu große Tradition zurückblicken. Erst 1991 entschloss sich der spanische Staat, eine neue auswärtige Kulturpolitik zu initiieren - teilweise nach dem Vorbild des Goethe-Instituts. Nach der Neueröffnung heute hat nur Brasilien und Marokko mehr Cervantes-Filialen als in Deutschland - ein Phänomen, das sicherlich auch der Spanisch-Mode hierzulande geschuldet ist.

Immer mehr Eltern lassen ihre Kinder die spanische Sprache lernen, in bildungsbewussten Schichten sind spanische Kitas heiß begehrt. In Frankfurt am Main, der Stadt, die sich so gerne ihrer Internationalität rühmt, sowieso. Kein Wunder, dass die Eröffnung des Instituto Cervantes dort schon seit vielen Wochen intellektuelles Stadtgespräch ist. Und umgekehrt ließ es sich Spaniens Kronprinz Felipe nicht nehmen, die Einweihungszeremonie persönlich vorzunehmen. Da in Frankfurt, zitierte der Prinz von Asturien natürlich Goethe:

Johann Wolfgang von Goethe hat gesagt, so der Kronzprinz, "arbeiten sei leicht, denken aber schwer". Und er wünschte sich, dass in dem neuen Instituto viel über das Verhältnis zwischen Deutschland und Spanien, und auch zwischen Europa und Lateinamerika diskutiert und nachgedacht werden könne.

Klare Gedanken sollten in diesem vorbildlich und wunderbar restaurierten Gebäude mit seiner neuen unterirdischen Bibliothek jedenfalls nicht schwer fallen.