Schwerstarbeit in der Fremde
Um den Mangel an Fachkräften in Deutschland auszugleichen, werden Krankenpfleger aus Spanien angeworben. Manche erhalten weniger Geld als die deutschen Kollegen oder werden auf andere Art ausgenutzt. Es gibt aber auch Spanier, die zufrieden sind.
"Lagerungskissen raus, brauchen wir nachher ..... sterile Handschuhe ganz wichtig! "
Antonio Mesa, 30 Jahre alt, ist Krankenpfleger. Der Spanier aus Sevilla hat heute Spätdienst: 15 bis 22:30 Uhr. Auf der Station für neurologische Früh-Rehabilitation in Beelitz bei Potsdam betreut er Patienten, die gerade aus dem Krankenhaus kommen. Menschen mit schweren Erkrankungen, die oft noch beatmet werden müssen. Er saugt bei einer Patientin Schleim ab.
"Absaugen ist nicht schön. .... Urinbeutel, .... hatten Sie Stuhlgang?"
"Einen Teil der Arbeiten, die wir in Spanien gelernt haben, leisten wir auch hier. Allerdings ist die Arbeit eines Pflegers in Spanien eher technischer und hier in Deutschland liegt der Schwerpunkt auf der direkten Pflege am Patienten."
In Spanien fand Antonio keine Arbeitsstelle. In Deutschland werden Pflegekräfte händeringend gesucht. Georg Abel, Geschäftsführer der Rehabilitationsklinik in Beelitz, stellte deshalb vor anderthalb Jahren 30 Pfleger aus Spanien ein.
"Die Leute sind ganz primär aus finanziellen Gründen gewechselt. Das ist eigentlich der Hauptgrund, wir haben in Spanien profitiert von der enorm hohen Jugendarbeitslosigkeit."
Sehr theoretische Ausbildung in Spanien
In Spanien werden Pfleger und Krankenschwestern an der Universität ausgebildet. Die Ausbildung ist viel theoretischer als in Deutschland. Sie studieren drei Jahre Pflegewissenschaften absolvieren einen Bachelor und lernen vieles, was in Deutschland nur Ärzte ausführen dürfen.
"Die haben ja die Qualifikation in den Ländern und das merkt man auch, die sind auf dem neusten Stand."
... sagt Antonios Kollege Tobias Meier. Die beiden haben heute gemeinsam Dienst auf Station, kennen sich sein anderthalb Jahren. Jeder Pfleger betreut zwei bis drei, manchmal auch vier bettlägerige Menschen pro Schicht. Im Team spricht man sich ab und wenn Antonio mal etwas nicht versteht, dann fragt er seinen Kollegen.
".... es ist immer das Sprachproblem am Anfang. Das braucht einfach sein Zeit ... Spanisch ist ja eine ganz andere Sprache."
Antonio hat Glück. Er wird genauso bezahlt wie sein Kollege Tobias. Klinikchef Abel will ganz bewusst keine Unterschiede machen.
"Mir war immer wichtig, dass wir hier keine Sonderbehandlung der rekrutierten Kräfte vornehmen, weder in die eine noch in die andere Richtung. Also die haben die Originalverträge bekommen wie die deutschen Kräfte, sie werden auf den Cent genauso bezahlt."
Francisco Javier aus Malaga, 26 Jahre alt und Krankenpfleger wie Antonio, hat erstmal genug von der Pflege in Deutschland. Er war nicht in einer Klinik, sondern in der ambulanten Pflege beschäftigt und wurde als Pfleger durch die ganze Republik geschickt. Es wurde nach Bedarf disponiert.
"Als ich anfing, war vieles sehr schlecht organisiert. Oft wusste ich am Tag vor meinem Einsatz nicht, ob ich eine Unterkunft hatte. In den Unterkünften gab es oft Reservierungsprobleme. Und dann kam es vor, und zwar gleich in der ersten Woche, dass ein Patient, den ich betreuen sollte, ins Krankenhaus eingeliefert wurde und dann brauchte man mich nicht mehr und dann wurde ich auch nicht bezahlt."
Rund vier Euro weniger als die deutschen Kollegen
Francisco erzählt in einem Café von seinen Erfahrungen: 9,50 pro Stunde hat er verdient – wenn er Arbeit hatte. Rund 4 Euro weniger als seine deutschen Kollegen. Wechselnde Einsatzorte, 12-Stunden-Schichten, mindestens 7 Tage am Stück, ohne Garantie auf Beschäftigung. Einziger Kontakt für Francisco nach 12 Stunden Pflege eines schwerstkranken Menschen, war die Übergabe der Behandlungsdokumente an die nachfolgende Pflegekraft.
"So ein Einsatz ist nicht zu unterschätzen, man lebt in einer fremden Stadt, hat 12-Stunden-Schichten, da gib es kein soziales Leben. Du kennst keinen, Du bist allein."
Der Traum vom guten Pflegejob in Deutschland erfüllt sich für viele Spanier nicht. 80 Prozent kündigen wieder, nur 20 Prozent bleiben, zum Beispiel Antonio aus Beelitz. Ein schlechter Deal für beide Seiten. Dabei stehen viele Spanier enorm unter Druck, weil sie Knebelverträge unterschrieben haben:
"Nun stand in meinem Vertrag, dass, falls ich in den ersten zwei Jahren gehen wollte, das Geld zurückzahlen müsste, das der Deutsch-Kurs die ersten sechs Monate gekostet hatte. 6600 Euro."
Als Francisco gekündigt hat, hat sein Arbeitgeber gleich 1500 Euro seines noch ausstehenden Gehalts einbehalten. Bereits zweimal hat er Forderungen über mehr als 4000 Euro erhalten. Francisco ignoriert diese Briefe. Er weiß, dass nicht das Unternehmen, sondern der Europäischen Sozialfond seinen Sprachkurs finanziert hat.
Zusammen mit anderen spanischen Pflegekräften hat sich Francisco nun einer Gewerkschaftsgruppe angeschlossen, die die Arbeitsbedingungen ausländischer Pflegekräfte publik machen will.