"Smartphone-Bank" statt Kreisfiliale?
Weil jüngere Kunden oft nichts mehr mit Offline-Banking zu tun haben wollen, planen einige Großsparkassen Banking-Apps fürs Smartphone. Dadurch könnte mittelfristig auch das Regionalprinzip der Sparkassen in Gefahr geraten.
"Number 26 ist das Girokonto für Dein Smartphone."
Werbung für einen neuen Typ Bank: die Girokonto-App. Ein junges Berliner Fintech, Finanztechnologieunternehmen also, hat diese App entwickelt und in kurzer Zeit mehr als 100.000 Kunden gewonnen.
"Downloade die App und entdecke, wie einfach Banking sein kann."
Jüngere Kunden wollen oft nichts mit einer physischen Bank zu tun haben
Solche Fintechs sind neue Konkurrenten für die traditionellen Banken, die sich aus dem gesamten Leistungsspektrum der Geldhäuser einige Dinge herausbrechen. Sie bringen die herkömmlichen Institute in Zugzwang. Wollen die nicht immer mehr Kunden an die neue Konkurrenz verlieren, müssen auch die als etwas behäbig geltenden Sparkassen etwas tun.
Einige von ihnen planen nun "Yomo" – das steht für "your money", ebenfalls als App für das Smartphone. Es gibt auch schon eine Homepage, doch da erblickt man bisher nur den Schriftzug auf farbigem Hintergrund. "Yomo" ist bisher nur ein Projekt, eines aber, das nur einige Großsparkassen vorantreiben. Eine solche App soll vor allem jüngere, technikbegeisterte Kunden ansprechen, erklärt Alexander von Schmettow, Sprecher des DSGV, des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands:
"Das sind Menschen, die wollen gar nichts mehr mit einer physischen Bank zu tun haben. Und da sind wir der Meinung, muss es auch ein Produkt der Sparkassen-Finanzgruppe geben, wo eben Banking-Applikationen, Banking-Dienste auch angeboten werden können in Form einer App für genau diese Zielgruppe."
Nicht immer beißen bei Innovationen die Letzten die Hunde
Aber kommen die Sparkassen mit einer solchen Smartphone-Bank nicht etwas zu spät? Eigentlich schon, meint Bernd Nolte, unabhängiger Sparkassenexperte und Chef der Beratungsfirma 4P Consulting, aber:
"Das muss aber gar kein Nachteil sein. Sozusagen der erste first mover ist nicht immer derjenige, der die größten Marktanteile für sich gewinnt. Denn diese Technologien haben häufig Kinderkrankheiten und auch Akzeptanzprobleme. Das kann also strategisch ganz clever sein, erstmal andere den Boden bereiten lassen, um dann mit einer guten Lösung im eigenen Klientel gewissermaßen zu punkten und darüber hinaus dann mit dem guten Ruf der Sparkassenkunden zu akquirieren."
Die Sparkassen selbst nehmen zu ihrem Projekt "Yomo" noch nicht Stellung, sie lassen lieber den Verband vor. Die Angelegenheit ist etwas pikant, denn es preschen eben mindestens acht große Sparkassen vor, während viele kleinere erst einmal zuschauen. Ein Affront für die? Ein Verstoß gegen das Regionalprinzip? DSGV-Sprecher von Schmettow versteht die Aufregung nicht:
"Wir haben ja nicht ein Innovationslabor, das von Berlin oder Frankfurt aus gesteuert irgendwelche Innovationen in den Markt bringt, sondern wir sind ja eine Gruppe von 409 unabhängigen Sparkassen, d.h. wir haben die Möglichkeit, eine relativ kleine Anzahl an Sparkassen zu nehmen, die dann mal für die gesamte Gruppe neue Produkte auf dem Markt testen. Und wenn dieser Markttest dann erfolgreich war, dann können alle Sparkassen dieses Produkt ihren Kunden anbieten."
"Das Internet kennt kein Regionalprinzip"
Das Regionalprinzip lässt sich zwar im traditionellen Bankgeschäft durchsetzen, meint Hans-Peter Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, aber:
"Das Internet kennt kein Regionalprinzip, und insofern funktioniert das alte Sparkassenmodell im Internet nicht mehr. Andererseits will man diese Kunden natürlich nicht einfach verloren geben, und man muss differenzieren: Man muss ein anderes Preismodell haben, man muss sehr viel billiger sein, natürlich auch mit den entsprechenden Einschränkungen des Leistungsspektrums, als man das gegenüber den anderen Kunden ist."
"Yomo" dürfte zunächst ein Verlustgeschäft sein. Eine solche Investition können sich zunächst nur die ertragsstärkeren Sparkassen leisten. Unter den niedrigen Zinsen und geringen Erträgen leiden alle, doch wegen des technologischen Wandels wächst der Wettbewerbsdruck. Bundesweite Lösungen wie "Yomo" sind deshalb zeitgemäß. Das Regionalprinzip müsse man deshalb bald anders definieren, prophezeit Sparkassenexperte Bernd Nolte:
"Über diese Ertragsproblematik und diesen Technologie- und Kundendruck gehe ich schon davon aus, dass wir von den 400 mit Sicherheit um die 100 Sparkassen verschwinden sehen werden, weil sie den Marktverhältnissen nicht gerecht werden. Dann heißt Regionalprinzip nicht mehr Stadtsparkasse, sondern Kreis- oder Gebietssparkasse."
Es müssen aber nicht unbedingt die größten von ihnen sein, die diesen Wandel überstehen werden. Kreativität und Pfiffigkeit spielen eben auch eine große Rolle für das Überleben der Institute.