Fitness

Warum Spazierengehen so gesund ist

06:50 Minuten
Spaziergänger im Wald auf Usedom
Spazierengehen kann auch stimmungsaufhellende Wirkung haben. © IMAGO / dts Nachrichtenagentur / IMAGO / dts Nachrichtenagentur
Von Peter Kolakowski |
Audio herunterladen
Gutes Schuhwerk, passende Kleidung, Neugierde: Für Spaziergänge braucht man nicht viel. Trotzdem werden sie für Gesundheit und Fitness noch immer unterschätzt. Doch wie genau fördert das bewusste Gehen die mentale und physische Gesundheit?
Es regnet leicht und ist empfindlich frisch! Wer traut sich da nach draußen? Für eine Runde im Park oder um den Block? Dabei ist gerade bei solch einem Wetter die Luft besonders gut! Eine echte Wohltat für unsere Lungen, Bronchien und alle anderen Organe!
Tief atmen Margareta Hartung und Helga Frankert ein und aus und strecken ihre Nasen in den Wind, die aus ihren mit Schals geschützten Gesichtern herausschauen. „Ich gehe sehr gerne spazieren, weil es guttut - für Körper und Seele. Es hat eine unheimlich gute Wirkung!“, sagt Margareta Hartung und Helga Frankert fügt an: „Ich gehe seit jungen Jahren Golf spielen und bin gewohnt, an der Luft zu sein. Das ist ein Glücksgefühl und Freiheit! Man ist fast in einer anderen Welt. Wenn es geht bei Wind und Winder - dass ich immer in Bewegung bleibe.“

Sport als Wohlfühlprogramm

Für Sport und Bewegungsprogramme haben die zwei Frauen unter der Woche nicht immer Zeit. Die Spaziergänge gehören aber fest zum täglichen Wohlfühlprogramm.
Gehen sei die vielleicht natürlichste körperliche und wichtigste Bewegungsform, sagt Jens Kleinert, Professor für Sport- und Gesundheitspsychologie an der Deutschen Sporthochschule Köln.
Das Wetter ist nicht gerade geeignet zum Spazierengehen. Es regnet, ist windig, soll man trotzdem rausgehen?
„Das ist so der alte Spruch mit dem schlechten Wetter, dass es eben kein schlechtes Wetter gibt, sondern nur schlechte Kleidung. Bewegung ist dann positiv, wenn man sich warm und ein Stück erwärmt fühlt, körperliche Aktivität beinhaltet auch das Spazierengehen, die Viertelstunde bringt da schon sehr viel, sowohl für das körperliche als auch seelische Wohlbefinden.“

Spazierengehen gegen den Winterblues

Nach dem Spaziergang auf dem Uni-Campus hat Sportpsychologe Kleinert in seinem Büro einige Studien hervorgeholt. Auf der Suche nach Sport- und Bewegungsalternativen zum Verein oder während der Hochphase der Coronapandemie, empfahlen Sportwissenschaftler und -mediziner: Gerade jetzt nicht die Beine hochlegen!
Stattdessen raus auf die Straße oder in den Stadtpark. Denn Spazierengehen wirkt auch gegen Trübsal und Winterblues, kann sogar depressiver Stimmung vorbeugen. Darauf weist eine norwegische Langzeitstudie hin. Auf die Intensität der Bewegung kam es dabei gar nicht an.

Die Effekte sind sehr unterschiedlich, fangen wir beim Inneren an. Es ist schon so, dass man eine bestimmte Stimmung aufbaut, dass man bei sich ist, positive Emotionen erlebt, gerade was die Umgebung angeht, wo ich meinen Körper erlebe, wo ich mich als vital erlebe. Spazierengehen ist sicher kein Allheilmittel gegen Depressionen, aber dass die stimmungsaufhellende Wirkung dazu beitragen kann, Depressionen vorzubeugen. Wenn die da sind und in Behandlung sind, sind Spaziergänge ein wichtiges ergänzendes Mittel, vor allem dann, wenn man nicht alleine geht.

Sportpsychologe Jens Kleinert

Der Regen hat inzwischen aufgehört. Margareta Hartung und Helga Frankert stehen entzückt vor einem schönen, uralten knorrigen Baum und rätseln, was für einer das denn sein könnte. Solche entspannenden Momente für Seele und Geist sind den beiden besonders wichtig.

Eine andere Perspektive beim Gehen

Spazierengehen und bewusst an einem Ort verweilen reichen aus, um das Herz-Kreislauf-System zu stärken, das Gedankenkarussell zu stoppen und gleichzeitig mental das Gehirn mit anderen Reizen zu füttern und so fit zu halten.
Helga Frankert: „Wir relaxen dabei. Uns würde etwas fehlen, wenn man nicht geht.“
Margareta Hartung: „Ich fühle mich auch sehr fit! Es ist einfach etwas für Körper und Seele ganz toll.“
Beim Gehen können wir Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten und neue Lösungswege finden, sagt Sportpsychologe Jens Kleinert. 

"Spazierengehen hat auch soziale Komponente"

Ähnlicher Meinung schien auch der griechische Philosoph Aristoteles gewesen zu sein: Gespräche mit seinen Schülern führte er in der Regel in einem Wandelgang - im Gehen.
„Spazierengehen hat auch häufig eine soziale Komponente, gemeinsam etwas zu machen. Ich gehe gemeinsam einen Weg, hat schon was Metaphorisches.“
Heute weiß man, dass beim längeren Gehen Wachstumshormone ausgeschüttet werden, die die Bildung von Zellen unter anderem im Gehirn fördern. Das Gehen steigert zudem die räumliche Merkfähigkeit und Orientierung.
Häufiger spazieren tut gut, erklärt auch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Körperliche Aktivität wie das Gehen verringere generell die Wahrscheinlichkeit, an Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes oder Krebsarten wie Brust- und Dickdarmkrebs zu erkranken. Oder, gerade im Alter, sich Knochenbrüche zuzuziehen und dann sehr häufig zum Pflegefall zu werden.
Das rhythmische Gehen fördert unter anderem den Gleichgewichtssinn, die Koordination der Muskeln, verbessert die Geh- und Gangsicherheit und beugt Stürzen vor, weiß Dorothea Weise, Rhythmik-Professorin von der Universität der Künste Berlin. Der Rhythmus der Schritte regt gleichzeitig neue Gedankengänge und die Kreativität an.
„Wenn der Mensch in der Lage ist, regelmäßige Schrittgrößen herzustellen, das ist etwas, was wir normalerweise ,tun, aber wenn der Mensch älter wird, verändern sich die Schrittweiten und um das zu stabilisieren, ist ein großer Faktor, die Sturzgefahr zu reduzieren.“

Studien zeigen: Gehen steigert das Wohlbefinden

Für einen Spaziergang braucht man nicht viel. Gutes Schuhwerk, passende Kleidung - und Neugierde. Dabei müssen weder bestimmte Orte wie Parks oder andere schöne Plätze in der Natur aufgesucht werden - egal wo: Gehen genügt.
Zumindest weisen darauf Untersuchungen der Universität Iowa hin. Spazierengehen steigerte das körperliche und geistige Wohlbefinden auch dann, wenn die Studienteilnehmer und –teilnehmerinnen nur für zwölf Minuten auf dem Uni-Campus umherwanderten oder gar nur auf einem Laufband gingen.

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema