Was ist dran am Rücktritts-Gerücht?
Sigmar Gabriel stehe kurz vor dem Rücktritt als SPD-Vorsitzender, behauptete "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort in einer Talkshow. Die Dementis aus der Partei kamen prompt. Ist trotzdem ein Körnchen Wahrheit darin? Antworten unserer Hauptstadt-Korrespondentin Gudula Geuther.
Die SPD kommt nicht zur Ruhe. Niederlagen bei Landtagswahlen, Umfragen taxieren die Partei bei 20 Prozent, die "Bild am Sonntag" meldet, der Kanzlerkandidat solle erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 gekürt werden. Und dann noch ein "Sonntags-Stammtisch" im Fernsehen, bei dem wieder mal Sigmar Gabriels Rücktritt als SPD-Vorsitzender ins Auge gefasst wird.
Die Spekulation geht auf den "Focus"-Mitherausgeber Helmut Markwort zurück, der in einer Talkshow des Bayerischen Rundfunks gesagt hatte, er wisse aus zuverlässiger Quelle, dass der SPD-Vorsitzende zurücktreten wolle. Die Nachfolge sei auch schon geregelt, behauptete Markwort: "Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz wird der neue Vorsitzende der SPD und als Spitzenkandidat ist Martin Schulz vom Europaparlament im Gespräch. Also Schulz und Scholz statt Gabriel."
Gudula Geuther, unsere Korrespondentin im Hauptstadtbüro, meint zu dieser Hypothese: "Das hat außer SPD-Vize Ralf Stegner inzwischen auch Scholz selbst als 'absoluten Quatsch' dementiert. Außerdem gibt es viele Dementis aus Parteikreisen und Bundesjustizminister Heiko Maas sagte: Soviel Quatsch müsse man nicht mal dementieren. Gabriel sei als Parteichef derjenige, auf den die Kanzlerkandidatur zulaufe." Doch Gabriel gilt als angeschlagen, seit er im Dezember beim Parteitag nur mit 74 Prozent wiedergewählt wurde.
Aus der Krankheitspause zurück
"Gabriels Neigung zu impulsiven Entscheidungen ist bekannt. Es wäre also denkbar gewesen", so Gudula Geuther, "aber es stimmt offenbar schlicht nicht. Dafür spricht auch, dass Sigmar Gabriel sich gerade heute nach einer Krankheitspause zurückgemeldet hat. Er hat Schuldenerleichterungen für Griechenland gefordert, er ist nach Schweden gereist, er soll morgen auf dem Gerechtigkeitskongress der SPD auftreten."
Auch bei der Frage, ob tatsächlich erst im Mai 2017 über die Kanzlerkandidatur entschieden werde, gelte: "Es gibt nur einen Medienbericht, eben den der 'Bild am Sonntag', aber es gibt auch kein Dementi. Das gibt es nur für eine Formulierung der 'Bild'-Zeitung, die sie entfernt Gabriel zugeschrieben hat, ein Wahlkampf müsse kurz und schmutzig sein. (...) Hier gilt noch deutlich mehr als in der Rücktritsfrage: Unplausibel ist das nicht. Man kann auch umgekehrt sagen: Wenn es gut liefe für die SPD in Nordrhein-Westfalen, könnte Gabriel, wenn er es denn machen wollte, mit Rückenwind in die Kandidatur starten. Aber es ist nicht unumstritten, es bleibt natürlich von Mitte Mai bis September sehr wenig Zeit."