SPD im Osten

Scholz kann ans ostdeutsche Gemüt andocken

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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz neben Manuela Schwesig, der Ministerpräsidentin von mecklenburg-Vorpommern, auf einer Wahlkampftour.
Kommt vor allem in Mecklenburg-Vorpommern gut an: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Die Menschen mögen den nüchtern-hanseatischen Ton, sagt Steffen Mau. © imago / Chris Emil Janßen
Steffen Mau im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Die SPD kann mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz auch in Ostdeutschland punkten. Der Soziologe Steffen Mau sieht das in dessen Auftreten begründet. Auch das Thema "Respekt" ziehe.
Die jüngste Umfrage zum ARD-Deutschlandtrend von Infratest dimap bescheinigt der SPD bundesweit 26 Prozent, vier Punkte vor der Union. Erstmals seit Jahren liegt die Partei von Kanzlerkandidat Olaf Scholz auch in den ostdeutschen Bundesländern wieder vorn – auch wenn es regionale Unterschiede gibt.
Steffen Mau im Porträt
Scholz konnte eine Frage nach Ostdeutschland konkret beantworten, das hält ihm der Soziologe Steffen Mau zugute.© Marten Körner
Das liegt nach Auffassung des Soziologen Steffen Mau an den stark gesetzten sozialpolitischen Themen wie der Angleichung der Löhne und der Renten. Scholz könne zudem mit dem Begriff des Respekts an "unser ostdeutsches Gemüt" anschließen, wie Mau sagt:
"Da ist ja immer die Frage der Anerkennung der Lebensleistung – das ist so ein Schlüsselbegriff, der schon seit 30 Jahren eine Rolle spielt. Da passt diese Respekt-Idee relativ gut dazu."
Scholz sei im ersten Triell mit Armin Laschet und Annalena Baerbock auch der Einzige gewesen, der auf eine Frage zu Ostdeutschland konkret geantwortet habe, während die beiden anderen nur "Worthülsen" gebraucht hätten.
Er habe zum Beispiel die Frage der Repräsentantion von Ostdeutschen in den bundesdeutschen Eliten angesprochen: "Da merkt man schon, dass er offensichtlich in diesem Thema doch ein bisschen bewandert ist oder zumindest mehr weiß als das, was man allgemein sagen würde mit der abgehängten Region oder Strukturentwicklung."

Laschet von ostdeutscher Mentalität maximal entfernt

Besonders im Norden komme das "nüchterne, abgeklärte Hamburgische" des SPD-Kandidaten gut an, so Mau. Scholz' Ansprache sei bescheiden und beruhigend. Das biete nicht so viele Reibungsflächen. Unions-Kanzlerkandidat Laschet sei habituell als rheinischer Katholik von der ostdeutschen Mentalität wohl "maximal entfernt". Die Grünen-Kandidatin Baerbock gelte auch eher als eine "westdeutsche Pflanze". Ihre Partei sei im Osten nicht über das eigene universitäre, urbane Milieu hinausgekommen.
Mau betont, dass es in Ostdeutschland eine geringere Parteienbindung als im Westen gebe und eine "extrem starke Personenwahl".
(bth)

Steffen Mau ist Soziologe und Professor für Makrosoziologie am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität Berlin. Er forscht vor allem zu den Themen soziale Ungleichheit, Transnationalisierung, europäische Integration und Migration. Sein Buch "Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft" ist ein Bestseller. Mau, geboren 1968, wuchs selbst in der Rostocker Neubausiedlung auf. Sein neuestes Buch heißt: "Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert".

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