Elisabeth Niejahr, geboren 1965, ist Chefreporterin der "Wirtschaftswoche". Zuvor war sie Hauptstadtkorrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit". Niejahr studierte Volkswirtschaft in Köln und Washington, parallel dazu verlief ihre Ausbildung an der Kölner Schule für Wirtschaftsjournalisten. Sie schreibt vor allem über Demografie, Arbeit, Gender und Fragen der politischen Kultur.
"Da übernimmt der Staat sich"
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Die Vorschläge aus dem Bundesfamilienministerium zur Reform des Unterhaltsrechts findet die Journalistin Elisabeth Niejahr nicht überzeugend. Da werde es noch viel Streit geben: Der Staat könne nicht jeden Einzelfall regeln und kontrollieren.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat die Debatte über das Unterhaltsrecht neu entfacht. Sie will Väter von Trennungskindern rechtlich besserstellen. Die SPD-Politikerin kündigte Reformen beim Unterhalt an. Es gehe nicht an, dass der Vater weiterhin den vollen Unterhalt zahlen müsse, auch wenn das Kind viel Zeit bei ihm verbringe und bei ihm ein eigenes Zimmer habe. Das Recht müsse der gesellschaftlichen Realität angepasst werden, forderte sie.
Sie finde die Vorschläge problematisch, sagte die Wirtschaftsjournalistin Elisabeth Niejahr im Deutschlandfunk Kultur. "Da wird es in der Sache auch noch viel, viel, viel Streit geben", sagte sie. Sie habe sich gewundert, dass eine sozialdemokratische Familienministerin so einen Vorschlag mache. "Das ist auch eine "Richtungsverschiebung." Bisher habe bei diesem Thema für die Sozialdemokraten vor allem das Kindeswohl im Vordergrund gestanden.
Wenn ein Elternteil allein erziehe – und das seien überwiegend die Mütter – blieben die Fixkosten für das Kind gleich, auch wenn es beim anderen Elternteil noch ein zweites Zimmer gebe. "Deswegen muss sie ja nicht weniger Miete zahlen", sagte Niejahr über eine alleinziehende Mutter. Auch die Kosten für Kleidung, Schule oder Urlaub blieben gleich.
Überforderte Jugendämter
Niejahr warnte davor, dass der Staat nach einer Scheidung kontrolliere, zu welchen Teilen Kinder bei welchem Elternteil versorgt werde. "Da kommen wir in Teufels Küche", sagte sie. Schon jetzt seien die Jugendämter mit ihren Aufgaben überfordert. Nur die Hälfte aller unterhaltspflichtigen Väter zahle überhaupt Unterhalt.
Deshalb seien die Kosten für den Unterhaltsvorschuss in den vergangenen Jahren extrem gestiegen, bei dem die Behörden für den säumigen Vater einspringen. Es gebe riesige Unterschiede bei den Kommunen bei dem Versuch, dieses Geld von den Vätern zurückzuholen. "Da liegt sehr viel im Argen." Auch sei es schwierig, den Jugendämtern noch zusätzliche Aufgaben zu übertragen. Ein solches Gesetz, wie von Giffey geplant, müsse schließlich kontrolliert werden. "Ich glaube, da übernimmt der Staat sich."
Grundsätzlich zeigte Niehaus Verständnis dafür, dass Väter, die sich für ihre Kinder engagierten, mehr Rechte einforderten. Allerdings sei es schon jetzt so, dass sich Eltern die Sorge teilen könnten und Kinder im Wechsel bei beiden leben könnten. "Wenn das Kind eine Woche bei dem Vater, eine Woche bei der Mutter ist, dann zahlt eben keiner von beiden Unterhalt, das ist gesetzlich klar geregelt."
Erfahrungen in den USA
Ihre Ansicht sei sehr stark von Recherchen in den USA geprägt, sagte Niejahr. Dort gelte bereits das sogenannte Wechselmodell. Und es gebe ein ernstzunehmendes Problem durch Fälle von Vätern, die ihre Kinder zu sich nähmen, um Geld zu sparen. Dem Kind nütze es nicht, wenn es zwei Zimmer habe. Es brauche vor allem eine Grundausstattung, die in vielen Familien nicht gegeben sei.
Sie glaube, dass es praktisch unmöglich sei, eine Regelung zu finden, die jedem Einzelfall gerecht werde, sagte die Journalistin. Es gebe eine große Zahl alleinerziehender Mütter, die in Armut lebten und deren Kinder in großen Schwierigkeiten seien. Sie neige deshalb bei der Abwägung der Interessen dazu, ihnen die Priorität zu geben und für sie mehr zu tun.
(gem)