SPD-Politiker Karamba Diaby

"Ich lasse mich nicht einschüchtern"

35:25 Minuten
Karamba Diaby im SPD-Büro in Halle (Saale).
Karamba Diaby: "Ich weiß, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen für eine offene Gesellschaft ist." © Gordon Welters/NYT/Redux/laif
Moderation: Tim Wiese |
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Das senegalesische Waisenkind Karamba Diaby wurde Doktor der Chemie, Schrebergarten-Experte und Bundestagsabgeordneter der SPD. Rassismus erlebt er trotzdem immer wieder - bis hin zur rohen Gewalt. Auf sein Büro in Halle wurde sogar geschossen.
Der Anschlag im Januar machte Karamba Diaby über seinen Wahlkreis hinaus bekannt. In der Scheibe seines Bürgerbüros in der Innenstadt von Halle an der Saale fanden sich Einschusslöcher, Morddrohungen folgten.
"So etwas kann man nicht einfach wegwischen, das bleibt an einem hängen", sagt er. "Aber ich lasse mich nicht einschüchtern. Ich weiß, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen für eine offene Gesellschaft ist, für eine demokratische und gewaltfreie Auseinandersetzung. Meinen Mut und meine Zuversicht habe ich nicht verloren. Das schaffen sie nicht."

Sorgen um die Mitarbeiter

Der Sozialdemokrat hält es für sehr bedenklich, wenn es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, die Gewalt als akzeptable Option und als Mittel ihrer Wahl sehen – und nicht den normalen, würde- und respektvollen Umgang miteinander. Man dürfe die Augen nicht davor verschließen, dass die gesellschaftliche Auseinandersetzung weniger friedlich geworden sei.
"Ich habe keine Angst. Aber ich mache mir natürlich Sorgen um die Gesellschaft: Wie weit kann das jetzt gehen? Und ich mache mir Sorgen um meine Mitarbeiter, die meistens im Bürgerbüro sind. Aber die Solidaritätswelle, die wir erfahren haben, sowohl von Hallenserinnen und Hallensern als auch im Allgemeinen, das gibt uns als Team Mut und Zuversicht."

Einmal wurde er verprügelt

Trotzdem ist auch Karamba Diaby persönlich in der Vergangenheit Opfer von Rassismus und Gewalt geworden, etwa 1990, als er von Rechten verprügelt wurde. Seitdem ist er in seinem Alltag vorsichtiger geworden.
"Deshalb sage ich: Man muss es nicht darauf ankommen lassen. Ich kenne Orte, wo ich zu bestimmten Uhrzeiten nicht auf bestimmte Leute treffen will. Das heißt nicht, dass es No-go-Areas gibt. Aber ich renne nicht naiv durch die Welt."
Die Empörungswelle angesichts rechtsradikaler Anschläge ist seiner Ansicht nach gut, sie genügt aber nicht. Jeder Einzelne müsse sich fragen, was er gegen diese Tendenzen tun könne – eine Möglichkeit sei, Fake News nicht weiter zu verbreiten.

Faszination Kleingarten

Wenn er nicht zu den Sitzungswochen des Bundestages in Berlin ist, spricht er möglichst direkt mit den Hallensern über Politik und ihre Anliegen. Einer der Schwerpunkte der Arbeit im Wahlkreis ist – neben der Sozialpolitik - das Kleingartenwesen. Seine Faszination für den Kleingarten erklärt er auch damit, dass das Bundeskleingartengesetz für ihn ein Grundgesetz im Kleinen ist:
"Dieses Gesetz hat Regelungen, die wir in der Gesellschaft überall brauchen. Man legt fest, wie miteinander umgegangen wird, aber auch, dass man sich um seine Anliegen zu kümmern hat. Auch unser Grundgesetz regelt unseren Umgang miteinander, beispielsweise, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Man sollte das Bundeskleingartengesetz lesen, weil es Parallelen zum Grundgesetz hat."
Diaby ist in einem Dorf im Senegal aufgewachsen. Nach dem Tod seiner Eltern lebte er in der Familie seiner Schwester. Nach Abitur und Studium in der senegalesischen Hauptstadt Dakar ging er in den 80er-Jahren mit einem Stipendium für den Ostblock in die DDR – nach seinem Diplom als Chemiker promovierte er über den Schwermetallhaushalt von Kleingärten in Halle. Im Bundestag ist er in den Ausschüssen für Umwelt und Bildung.
(AB)
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