Sorgen um das demokratische Gleichgewicht
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Die SPD-Politikerin Katarina Barley ist besorgt: Wegen der Coronapandemie sei die Arbeit in den europäischen Parlamenten eingeschränkt worden. Die Abgeordneten gerieten gegenüber den Regierungen in die Defensive, warnt die Vizepräsidentin des Europaparlaments.
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, betrachtet die Einschränkungen der parlamentarischen Arbeit im Bundestag und anderen europäischen Parlamenten durch die Coronapandemie mit Sorge. Man müsse sehr aufpassen, dass nicht das jeweilige Parlament gegenüber der Regierung in die Defensive gerate, sagt die ehemalige Bundesministerin.
Dass die Abgeordneten derzeit so wenig zu sagen hätten, sei für die Demokratie durchaus gefährlich: "Deutschland wird es überstehen, andere Länder vielleicht weniger." In Ungarn und Polen hätten die parlamentarischen Einschränkungen bereits dramatische Auswüchse angenommen, warnt die Juristin.
Verständnis für den Schutz durch Kontakteinschränkungen
Privat befürworte sie ausdrücklich die verhängten Kontaktsperren, betont Barley. Diese dienten dem Schutz von Erkrankten und Älteren.
Die SPD-Politikerin spricht sich deswegen auch dafür aus, dem Wunsch nach Kontakt zu Familie und Freunden nicht nachzugeben: "Gerade, wenn es dabei um die Eltern oder die eigenen Großeltern geht, muss man sich schon klar machen, dass man ihnen damit keinen Gefallen tut", betont sie.
Alternativen zu klassischen Familienbesuchen oder -zusammenkünften seien die Nutzung von Bild- und Tonmedien wie das Telefon, Skype oder Plattformen und Portale im Netz.
Infragestellen der alten Routinen
Durch die Einschränkungen ändere sich der Tagesablauf zwar gezwungenermaßen. Dies führe aber auch dazu, dass man nun über die eigenen Routinen nachdenke, so Barley:
"Ich jedenfalls denke darüber nach, wie ich sonst meinen Alltag organisiere, ob das wirklich alles so richtig ist, so sein muss, ob diese Hektik nicht eigentlich zu vermeiden ist."