Special Olympics

Lebensfreude, Inklusion und ein Ort für den Breitensport

07:18 Minuten
Das Maskottchen der Special Olympics World Games, "Unity", hält die Fackel für die Special Olympics World Games
Die Special Olympics World Games beginnen am 17. Juni in Berlin (hier das Maskottchen "Unity" mit der Fackel). © dpa / picture alliance / Christoph Soeder
Von Werner Nording |
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Leichtathletik, Fußball, Tischtennis: drei der Sportarten, in denen die Athleten bei den Special Olympics World Games in Berlin um Medaillen kämpfen. Bei den Landesspielen in Niedersachsen gab es dazu für Sportler mit Behinderung einen Vorausscheid.
Pia, Monica und Lisa sind in der Bezirkssportanlage Rüningen zum 50-Meter-Lauf gestartet. Schon nach ein paar Metern bleibt die kleine Pia stehen, lacht, freut sich sichtlich, dass sie dabei ist und wirkt kein bisschen traurig. Pia spricht nicht. Sie ist Autistin. Ihre Lehrerin sagt:
"Wichtig ist, dass es ihr Spaß macht. Es geht einfach darum, dass sie lernen, hier an den Sport heranzukommen und Freude an der Bewegung haben."

Für geistig Behinderte ist Sport oft nicht möglich

Nur vier bis sechs Prozent der Menschen mit geistiger Behinderung oder kognitiver Einschränkung können überhaupt regelmäßig Sport treiben. Fast 300.000 Betroffene haben dazu in Deutschland keine Chance, sagt Vera Neugebauer, die Präsidentin von Special Olympics Niedersachsen.

Das ist auch eine politische Forderung, dass gerade Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung auch stärker wahrgenommen werden, stärker als kompetente Gesprächspartner einbezogen werden. Sie wissen genau, was ihr Bedarf ist, was sie brauchen, was sie sich wünschen.

Vera Neugebauer, Präsidentin von Special Olympics Niedersachsen

Unter der Schirmherrschaft des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil starten die Landesspiele mit dem Entzünden der olympischen Fackel vor dem Braunschweiger Rathaus. Dann tragen Athletinnen und Athleten das Feuer durch die Innenstadt zur Eröffnungsfeier in die Volkswagenhalle.
Die beiden Beachvolleyballer Marcel Glindemann und Hanna Pitsch neben Vera Neugebauer von den Special Olympics Niedersachen (rechts) beim Entzünden der olympischen Fackel in Braunschweig.
Die beiden Beachvolleyballer Marcel Glindemann und Hanna Pitsch neben Vera Neugebauer von den Special Olympics Niedersachen (rechts) beim Entzünden der olympischen Fackel in Braunschweig.© Werner Nording
Die Rekordschwimmerin Mirjam Prahst Martinez legt als Athletensprecherin für alle 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den olympischen Eid ab: "Ich will gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen kann, will ich mutig mein Bestes geben."  
Es geht los mit dem Caritas-Verein Altenoythe.

Sportler sind zwischen 8 und 64 Jahre alt

40 Lebenshilfeorganisationen und Förderschulen aus ganz Niedersachsen haben 51 Delegationen und Familien angemeldet, die nun feierlich ihre Flaggen hissen. Die Sportlerinnen und Sportler sind zwischen 8 und 64 Jahren. 700 Betreuer, Trainer, Helfende und ehrenamtliche Kampfrichter sowie Schiedsrichter sind dabei.
Vertreten sind neben der Leichtathletik auch Schwimmen, Fußball, Tischtennis, Boccia, Judo, Golf, Tennis, Segeln und Badminton. Das Ziel der Special Olympics liegt nicht ausschließlich auf Leistung und Medaillen, sondern vielmehr auf Lebensfreude, Inklusion und darauf, einen Ort für Breitensport zu schaffen. 
So auch beim Tischtennis. Detlev Steitzer aus Celle trainiert zweimal pro Woche. Der 62-Jährige arbeitet in der Schlosserei der Lebenshilfe und baut viele Grills. Bei den Special Olympics European Summer Games 2014 in Antwerpen hat er mit seinem Partner Gold im Doppel geholt.
Auch für die World Games in zwei Wochen in Berlin ist er qualifiziert. Detlevs Idol ist der deutsche Weltklasse-Tischtennisspieler Timo Boll, den er aber nur vom Fernsehen kennt.
Auch für die Organisation sind, soweit wie möglich, selbst Menschen mit Behinderung verantwortlich. So hilft Daniel-Uwe Post einem Fahrer beim Transport von Wasserkisten oder Medaillen. Der 37-Jährige arbeitet bei der Lebenshilfe Wolfsburg in einer Lagerhalle und fährt Gabelstapler. Daniel-Uwe ist nicht von Geburt an behindert, sondern hatte mit zehn einen schweren Unfall am Kopf und musste das Sprechen neu lernen. Bei den Special Olympics hilft er schon seit Jahren.
"Die Stimmung ist immer super. Es macht viel Freude, mit anderen Menschen von verschiedenen Städten so viel Freude zu erleben."

Sportler ohne Medaille bekommen Ehrenschleife

Katja Rehberg, die Vorsitzende des Leichtathletikverbandes im Landkreis Braunschweig, nimmt die Gold-, Silber- und Bronzemedaille von einem Samtkissen und hängt sie den freudestrahlenden Siegerinnen um den Hals - hier bei der Siegerehrung im Kugelstoßen der Frauen):
"Ich bitte nach vorne, auf den dritten Platz ist gelandet Anastasia Deubel, herzlichen Glückwunsch. "
Die Siegerehrung vor allen anderen Athletinnen und Athleten ist besonders wichtig.
Wer keine Medaille gewonnen hat, bekommt zumindest eine Ehrenschleife als öffentliche Anerkennung übereicht. Die Ergotherapeutin Frederike Peinecke von den Dr. Rohrbach Schulen aus Hannover arbeitet als Helferin mit und genießt die entspannte Atmosphäre der Spiele.

Die meisten haben einfach nur Spaß am Sport. Manche wollen vielleicht sogar eine Medaille gewinnen und sind dann besonders ambitioniert, wenn sie hierherkommen. Andere wissen vielleicht gar nicht mal, worum es genau geht und sehen dann das Sportangebot und die Sonne und denken sich: Cool, ein schöner Tag auf dem Sportplatz.

Ergotherapeutin Frederike Peinecke

Julius und Marlene Dietrich waren Anfang April in Berlin, um sich wie alle anderen Teilnehmer aus Deutschland für die Weltspiele ausstatten zu lassen. Der 23-jährige Julius ist mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommen und arbeitet jetzt im Rewe-Markt Lehrte bei Braunschweig im Tiefkühlbereich.

Special Olympics in Berlin: "Das ist wirklich etwas Besonderes"

Seine 25-jährige Schwester studiert Sport und Deutsch fürs Lehramt. Die beiden sind ein Tandem-Team und haben sich im Tennis für Berlin qualifiziert. Julius bekommt schon jetzt Gänsehaut, wenn er nur daran denkt, mit dem deutschen Trikot vor 75.000 Zuschauern ins Olympiastadion einzuziehen.
"Das ist wirklich was Besonderes, weil ich da noch nie mitgespielt habe bei den World Games. Bundesadler ist etwas Besonderes für mich, weil ich das das allererste Mal auf meiner Haut trage."

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