Ein virtuelles Fußballturnier für Kinder in Not
07:56 Minuten
Die Fußballer Sami Allagui und Maik Franz, ehemals für Hertha BSC aktiv, zeigen ein Herz für Kinder. Ihre Idee: ein digitales Fußballturnier. Der Erlös kommt der Arche-Stiftung zugute, die sich um sozial benachteiligte Kids kümmert.
"Seid ihr bereit? Mal ein bisschen mehr Emotionen hier, vielleicht auch mal ein bisschen höher?" Fotoshooting für die gute Sache: Sami Allagui und Maik Franz, die beiden Ex-Fußballprofis des Bundesligisten Hertha BSC, posieren mit den beiden Arche-Kindern Geraldo und Marcelino.
Ort des Geschehens sind die Räume der Arche-Kinderstiftung in Berlin-Friedrichshain. Die beiden ehemaligen Herthaner organisieren ein virtuelles Fußballturnier, mit dessen Hilfe sie Geld sammeln für Kinder in schwierigen Verhältnissen.
Digitales Fußballturnier
"Gehst du gleich drauf und dann klickst du für Team Sami. Wenn es dir gefällt." Sami Allagui erklärt dem elfjährigen Marcelino, wie er mitspielen kann: Im Netz für eines der beiden Teams abstimmen, die gerade spielen. Wer mehr Klicks erzielt, kommt eine Runde weiter.
Gerade hat das erste Wettklicken begonnen. 24 Stunden dauert eine Partie. Arche-Cup heißt das Online-Turnier, benannt nach der Arche-Kinderstiftung, die sich seit 1995 um Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien kümmert und komplett spendenfinanziert ist. 27 Standorte betreibt sie in Deutschland, jeweils einen in der Schweiz und in Polen. Genau der richtige Kooperationspartner, erklären die beiden Fußballstars, als sie ihr Projekt auf einer Online-Pressekonferenz vorstellen:
"Es ist kein schönes Thema, wenn man sich dann intensiver damit beschäftigt, wenn man dann hört, wie Kinder teilweise behandelt werden oder nicht behandelt werden, auch wegen häuslicher Gewalt, aber auch, wenn sie dann nicht zum Unterricht gebracht werden können und wenn sie Homeschooling gar nicht betreiben können, weil kein Computer da ist. Ich kriege da echt Gänsehaut, ich habe selbst zwei Jungs, einer ist sechs, einer ist vier, und wir wissen, dass es uns gut geht, und genau deshalb stehen wir hier, weil wir auch etwas mit bewegen wollen. Das ist unser Antrieb", sagt Maik Franz.
Und Allagui ergänzt: "Wichtig ist die Aufmerksamkeit, die wir für die Kids hervorbringen. Ich glaube, das ist wichtiger als jeder Cent, der dazukommt. Klar, der schadet nicht, im Gegenteil, der hilft natürlich auch, aber die Aufmerksamkeit, die wir dadurch für die Kinder erreichen, ist unbezahlbar."
"Es ist kein schönes Thema, wenn man sich dann intensiver damit beschäftigt, wenn man dann hört, wie Kinder teilweise behandelt werden oder nicht behandelt werden, auch wegen häuslicher Gewalt, aber auch, wenn sie dann nicht zum Unterricht gebracht werden können und wenn sie Homeschooling gar nicht betreiben können, weil kein Computer da ist. Ich kriege da echt Gänsehaut, ich habe selbst zwei Jungs, einer ist sechs, einer ist vier, und wir wissen, dass es uns gut geht, und genau deshalb stehen wir hier, weil wir auch etwas mit bewegen wollen. Das ist unser Antrieb", sagt Maik Franz.
Und Allagui ergänzt: "Wichtig ist die Aufmerksamkeit, die wir für die Kids hervorbringen. Ich glaube, das ist wichtiger als jeder Cent, der dazukommt. Klar, der schadet nicht, im Gegenteil, der hilft natürlich auch, aber die Aufmerksamkeit, die wir dadurch für die Kinder erreichen, ist unbezahlbar."
15.000 Euro für den Sieger
Acht Mannschaften nehmen teil. Der Sieger gewinnt 15.000 Euro. Das Geld kommt dem Arche-Standort zugute, für den das Team antritt. Richtig viel einspielen könnte eine zweite Aktion. Sami Allagui und Maik Franz ist es gelungen, von allen Fußballstars, die an dem Turnier teilnehmen, Originaltrikots samt Unterschriften zu erhalten. Die werden auf Ebay versteigert und könnten Höchstgebote erzielen. Für diese Aktion legten sich die Ex-Herthaner besonders ins Zeug.
Trikots des Bayern-Torjägers Robert Lewandowski oder des brasilianischen Weltstars Neymar? Kinderspiel. Allagui: "Unser Weltfußballer Lewandowski: Ich habe einen Freund von mir, Toni Tapalovic, der ist Torwarttrainer von Manuel Neuer, angerufen. Nach zwei Tagen war das Bild und die Aktion da, das Trikot war in der Post, zum ersten Mal Post vom FC Bayern. War leider kein Vertrag drin, aber ein Mega-Trikot. Der Fußball verbindet. Jeder Sportler ist genauso Mensch, Vater oder sonst was."
Franz: "Natürlich habe ich jetzt keinen privaten Kontakt zu Neymar, aber ich habe mit Robson Ponte zusammengespielt beim VfL Wolfsburg. Der ist wiederum Manager, sportlicher Leiter in Portugal, hatte den gleichen Berater wie Neymar, und über diese Schiene sind wir dann an das Trikot von Neymar gekommen. Das fand ich beeindruckend, dass alle, wenn sie von einem Projekt überzeugt sind - und hier geht es halt um die Kinder der Arche, es geht um Kinder, denen es nicht so gut geht - sofort dabei waren."
Franz: "Natürlich habe ich jetzt keinen privaten Kontakt zu Neymar, aber ich habe mit Robson Ponte zusammengespielt beim VfL Wolfsburg. Der ist wiederum Manager, sportlicher Leiter in Portugal, hatte den gleichen Berater wie Neymar, und über diese Schiene sind wir dann an das Trikot von Neymar gekommen. Das fand ich beeindruckend, dass alle, wenn sie von einem Projekt überzeugt sind - und hier geht es halt um die Kinder der Arche, es geht um Kinder, denen es nicht so gut geht - sofort dabei waren."
Zudem gibt es auch noch eine Sonderkollektion an Sportsachen aus hochwertigen Textilien und coolem Design. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Kleidung fließt ebenfalls in die Kassen der Arche-Kinderstiftung. Bernd Siggelkow, der vor 26 Jahren den ersten Arche-Standort in Deutschland in Berlin-Hellersdorf ins Leben rief, freut sich. Gerade jetzt in Zeiten von Corona, in denen gar keine oder nur wenige Kinder gleichzeitig die Einrichtungen besuchen dürften, sei es toll, dass seine Kinderstiftung von dem Engagement der beiden Fußballer profitieren kann:
"Als ich von der Aktion gehört habe und wir eigentlich mitten im Lockdown waren, habe ich viel an Kinder gedacht, die mittlerweile fünf bis 20 Kilo zugenommen haben, weil sie eben nicht mehr rauskommen, weil sie kein Sport machen, weil es keinen Schulsport gibt. Letzte Woche schrieb mir ein kleines, siebenjähriges Mädchen, schickte mir ein paar WhatsApp-Fotos von sich. Die wurden immer trauriger, und dann sprach sie eine Sprachnachricht: 'Bernd, ich möchte bitte wieder in die Arche kommen. Es ist zu Hause so langweilig, bitte, bei dir ist es immer spannend.' Man merkt dann natürlich, was für ein Gefühl die Kinder haben, was die gerade brauchen. Sie brauchen emotionale Nähe, bei uns in der Arche gibt es für einige ein kostenloses Mittagessen, seit einem Jahr gibt es das schon nicht mehr. Wir bringen die Lebensmittel jetzt nach Hause. Sie brauchen moralischen Beistand, sie werden oft nicht schulisch gefördert, sie haben keinen Laptop zu Hause."
"Als ich von der Aktion gehört habe und wir eigentlich mitten im Lockdown waren, habe ich viel an Kinder gedacht, die mittlerweile fünf bis 20 Kilo zugenommen haben, weil sie eben nicht mehr rauskommen, weil sie kein Sport machen, weil es keinen Schulsport gibt. Letzte Woche schrieb mir ein kleines, siebenjähriges Mädchen, schickte mir ein paar WhatsApp-Fotos von sich. Die wurden immer trauriger, und dann sprach sie eine Sprachnachricht: 'Bernd, ich möchte bitte wieder in die Arche kommen. Es ist zu Hause so langweilig, bitte, bei dir ist es immer spannend.' Man merkt dann natürlich, was für ein Gefühl die Kinder haben, was die gerade brauchen. Sie brauchen emotionale Nähe, bei uns in der Arche gibt es für einige ein kostenloses Mittagessen, seit einem Jahr gibt es das schon nicht mehr. Wir bringen die Lebensmittel jetzt nach Hause. Sie brauchen moralischen Beistand, sie werden oft nicht schulisch gefördert, sie haben keinen Laptop zu Hause."
Fußballer als Vorbild
Allein 500 Laptops hätten sie im vergangenen Jahr an Kinder aus sozial benachteiligten Familien verteilt. Das kostet Geld. Der Erlös aus dem Arche-Cup ist eine angenehme finanzielle Hilfe. Bernd Siggelkow ist überzeugt: Menschen wie die beiden Fußballer können Vorbilder werden für die Kids: "Wenn man dann noch merkt, das sind Menschen, die glauben an dich, die unterstützen dich, gerade Kinder, die kein Selbstwertgefühl haben, dann ist das ganz groß für die."
"Ich gucke gern Fußball. Wenn ich Fußballspiele sehe, dann macht es mir Spaß, dann will ich manchmal nicht schlafen gehen, denn ich will es einfach mal zu Ende gucken." Ja, der elfjährige Marcelino mag Fußball. Aber vor allem mag er es, in die Arche zu kommen. Was wegen Corona zuletzt selten der Fall war. Wenn es geht, dann kommt er mit seinem 15-jährigen Kumpel Geraldo und die beiden verbringen mit den anderen Kindern in der Einrichtung einen guten Nachmittag: Basketball spielen, an der Konsole sitzen, abhängen.
"Ich gucke gern Fußball. Wenn ich Fußballspiele sehe, dann macht es mir Spaß, dann will ich manchmal nicht schlafen gehen, denn ich will es einfach mal zu Ende gucken." Ja, der elfjährige Marcelino mag Fußball. Aber vor allem mag er es, in die Arche zu kommen. Was wegen Corona zuletzt selten der Fall war. Wenn es geht, dann kommt er mit seinem 15-jährigen Kumpel Geraldo und die beiden verbringen mit den anderen Kindern in der Einrichtung einen guten Nachmittag: Basketball spielen, an der Konsole sitzen, abhängen.
Ein Leben ohne die Arche ist für sie undenkbar: "Das wäre dann irgendwie richtig langweilig. Man braucht auch Hilfe mit Hausaufgaben. Man versteht ja jetzt auch nicht alles, und die Arche hilft halt, auch mit Problemen oder Streits. Wir klären das dann hier", sagt Marcelino. Und Geraldo meint: "Dann wäre es halt auch langweiliger und schwieriger zu Hause auf jeden Fall."
Der Arche-Cup soll wiederholt werden
Am Ostersonntag endet der Arche-Cup. Dann steht fest, welcher Standort die 15.000 Euro Preisgeld gewonnen hat und wie viele Euro die Versteigerung der 88 Trikots in die Kassen der Kinderstiftung gespült haben wird. Fürs nächstes Jahr planen die beiden Ex-Herthaner, den Arche-Cup zu wiederholen.
Dann vielleicht mit Fußballerinnen. Die fehlen in diesem Jahr komplett. Vor allem aber wieder für sozial benachteiligte Kinder. Noch sei das nötig, sagt Sami Allagui: "Mein Traum wäre, dass es den Kids so gut geht, dass man eigentlich nicht mehr so viel machen muss. Es müsste allen Kindern gleich gut gehen, und das versuchen wir zu unterstützen."