Spielend lernen - am Computer
In New York gibt es eine Schule, in der man nur eins machen muss: Computerspielen. Das Prinzip der Quest to Learn Schule basiert darauf, dass Schüler wesentlich besser und motivierter lernen, wenn sie das spielerisch am Rechner tun. Ein Modell auch für Deutschland?
Die Schüler sitzen auf einem Floß in der Mitte des Klassenzimmers und paddeln. Ihre Aufgabe: Dem Hai entkommen, Hilfspakete einsammeln und den Rettungshubschrauber auf sich aufmerksam machen. Dafür gibt es Punkte. Ein ganz normaler Schultag in der staatlichen Quest to Learn Schule in New York, erklärt die Direktorin für integriertes Lernen, Rebecca Rufo-Tepper:
""Der ganze Stundenplan basiert auf einem Spielprinzip. Das heißt, wir haben geschaut, was Kinder so an Spielen fasziniert und wie sie dadurch schneller lernen können. Und dann haben wir darüber nachgedacht, wie wir digitale Spiele und reale Spiele in den Stundenplan integrieren können und wo die Schüler mit komplexen Aufgaben konfrontiert werden können, die sie lösen müssen."
Das Floß auf dem die Schüler sitzen ist aber nicht real, sondern nur von einem Beamer auf den Fußboden projiziert. Wenn die Schüler paddeln, dann bewegt sich das virtuelle Floß vorwärts: "Motion Capture" heißt das im Fachjargon. Ziel des Rollenspiels ist es, dass sich die Schüler in die Lage von Schiffbrüchigen einfühlen, als Team arbeiten und die gefährlichen Tiere im Ozean kennenlernen.
"Unsere Klassen arbeiten nicht wie die einer normalen Schule. Wir haben keine Englischstunde, oder Mathe. Unsere Klassen heißen 'Domains', in denen wir verschiedene Disziplinen zusammenbringen. Also morgens gibt es zum Beispiel die Domain 'Wie die Dinge funktionieren'. Da werden die Schüler von kleinen, virtuellen Figuren, den Trugels per Mail oder Skype gebeten, ihnen zu helfen, ein Haus zu bauen. Dann müssen die Schüler zum Beispiel ein Grundriss eines Hauses entwerfen, um den Trugels zu helfen."
An der staatlichen Quest to Learn Schule lernen rund 250 Schüler der Klassen sechs bis acht. Ab der neunten bekommen sie wieder klassischen Unterricht in einer anderen Schule. Der Schultag an der Quest to Learn Schule ist nicht in Stunden unterteilt, sondern in Domains, die zwischen einer und zwei Stunden dauern. Zum Beispiel gibt es die Domain "Sport fürs Gehirn", bei der die Schüler selber ein Computerspiel designen. Ziel des Schulkonzeptes ist es, dass die Schüler spielerisch lernen, ohne Prüfungsdruck durch Klassenarbeiten oder Test.
"Druck läuft Spiel zuwider und nimmt ihm einfach jedwede Möglichkeit sich zu entfalten. Spiel ist etwas, das freiwillig geschieht, wo ich mich drauf einlasse als Kind auch dieses notenlose, das ist aus dem Montessori-Bereich bekannt, das ist sehr, sehr anregend, kann für Schüler sehr, sehr positiv sein"."
Sagt der Medienpädagoge Torben Kohring vom ComputerProjekt Köln, der sich seit Jahren damit auseinandersetzt, wie Computerspiele die Entwicklung von Jugendlichen beeinflussen:
""Computerspiele bieten einmalige Strukturen zu motivieren, den Spieler dabei zu halten, den Spieler dazu zu bringen, sich intensiv mit einer Aufgabe auseinanderzusetzen. Und das ist sicherlich etwas, bei dem sich viele Lehrer fragen: Warum können die sich sieben Stunden auf einer Computerspiel einlassen, und wenn ich denen zehn Minuten was erzähle, dann schalten sie ab."
Durch das Spielen bekommen die Schüler ein schnelles, eindeutiges Feedback auf Erfolg oder Misserfolg, zum Beispiel in Form von Punkten. Gewinnt der Schüler, wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet, das für ein angenehmes Gefühl sorgt und leistungsfähiger macht. Und durch die virtuellen Spielewelten, wie zum Beispiel beim Paddeln im Meer, eröffnen sich für Schüler und Lehrer vollkommen neue Möglichkeiten.
"Wenn man einen Urwald an der Schule erschaffen will, das ist nur mit hohen Geldmitteln zu ermöglichen. Sich aber mal in einen Urwald zu begeben und verschiedene Vegetationszonen kennen zu lernen, alles im virtuellen Raum, macht es natürlich sehr, sehr greifbar für den Schüler."
Um neue Spielkonzepte zu entwickeln, arbeiten Lehrer und Gamedesigner an der Quest-to-Learn Schule gemeinsam an den Aufgaben, erklärt die Game-Designerin Sheila Ponnet:
"Jede Domain hat ein Team. Jeder Lehrer arbeitet mit einem Game-Designer zusammen und wir entwickeln den Lehrplan zusammen. Und wenn wir wissen, was wir vermitteln wollen, dann überlegen wir, wie wir das in eine Spielmission umwandeln können. Das ist alles."
Allerdings würde der Lehrer dadurch in Zukunft noch lange nicht überflüssig.
"Der Lehrer unterrichtet die Kinder. Ich als Game-Designer hab doch keine Ahnung, wie man Kinder unterrichtet. Wir brauchen die Expertise von beiden"
Auch nachmittags bietet die Schule eine Menge weiterer Möglichkeiten zum spielerischen Lernen. Zum Beispiel im Minecraft-Club, in dem die Schüler im gleichnamigen Spiel alle möglichen Figuren und Gebäude erschaffen können. Von diesen freien Gestaltungsmöglichkeiten ist der Game-Designer Brandon Tramblee fasziniert:
"Es ist eine ganz offene Welt ohne konkretes Ziel, aber du darfst total kreativ sein, kannst die Welt so formen, wie du willst. Im Minecraft-Club gibt es dann zum Beispiel einen Wettbewerb, wer die größten Gebäude baut. Wir suchen immer nach Spielen, Werkzeugen und Technologien, die helfen, auf kreative Art und Weise zu lernen. Und Minecraft nutzen wir im Moment sehr viel im Unterricht."
Seit drei Jahren nun besteht die Computerspiel-Schule und ständig kommen Politiker vorbei, um sich das Modellprojekt anzuschauen. In Chicago hat gerade eine zweite Quest to Learn Schule aufgemacht. Die Direktorin Rebecca Rufo-Tepper sieht das als Bestätigung ihrer Arbeit:
"Die Leute wertschätzen unsere Schule, weil sie sehen, dass wir uns wirklich danach richten, was Kinder wollen und das mit dem verbinden, was Schüler lernen sollen. Wir sagen aber auch den Eltern: Wenn ihr eine traditionelle Schule wollt, dann müsst ihr euch woanders umsehen. Aber die, die sich für unsere Schule entscheiden, schätzen uns sehr."
In Deutschland gibt es noch keine derartige Schule, obwohl Experten das Potential von Computerspielen für das Lernen bereits erkannt haben, sagt der Medienpädagoge Torben Kohring:
""Ja das bedeutet auch Mut. Weil man muss sich vom Lehrenden, zum Wissenspartner weiter entwickeln und auch den Mut haben, von den Schülern zu lernen. Also es ist wirklich ein partnerschaftliches Verhältnis und das fordert Mut von den Lehrern und so ist die Ausbildung an den Unis leider noch nicht"."
Aber eins zu eins könne man das Konzept aus den USA nicht übernehmen, meint Torben Kohring, dafür sei es in Deutschland noch einige Jahre zu früh.
""Der ganze Stundenplan basiert auf einem Spielprinzip. Das heißt, wir haben geschaut, was Kinder so an Spielen fasziniert und wie sie dadurch schneller lernen können. Und dann haben wir darüber nachgedacht, wie wir digitale Spiele und reale Spiele in den Stundenplan integrieren können und wo die Schüler mit komplexen Aufgaben konfrontiert werden können, die sie lösen müssen."
Das Floß auf dem die Schüler sitzen ist aber nicht real, sondern nur von einem Beamer auf den Fußboden projiziert. Wenn die Schüler paddeln, dann bewegt sich das virtuelle Floß vorwärts: "Motion Capture" heißt das im Fachjargon. Ziel des Rollenspiels ist es, dass sich die Schüler in die Lage von Schiffbrüchigen einfühlen, als Team arbeiten und die gefährlichen Tiere im Ozean kennenlernen.
"Unsere Klassen arbeiten nicht wie die einer normalen Schule. Wir haben keine Englischstunde, oder Mathe. Unsere Klassen heißen 'Domains', in denen wir verschiedene Disziplinen zusammenbringen. Also morgens gibt es zum Beispiel die Domain 'Wie die Dinge funktionieren'. Da werden die Schüler von kleinen, virtuellen Figuren, den Trugels per Mail oder Skype gebeten, ihnen zu helfen, ein Haus zu bauen. Dann müssen die Schüler zum Beispiel ein Grundriss eines Hauses entwerfen, um den Trugels zu helfen."
An der staatlichen Quest to Learn Schule lernen rund 250 Schüler der Klassen sechs bis acht. Ab der neunten bekommen sie wieder klassischen Unterricht in einer anderen Schule. Der Schultag an der Quest to Learn Schule ist nicht in Stunden unterteilt, sondern in Domains, die zwischen einer und zwei Stunden dauern. Zum Beispiel gibt es die Domain "Sport fürs Gehirn", bei der die Schüler selber ein Computerspiel designen. Ziel des Schulkonzeptes ist es, dass die Schüler spielerisch lernen, ohne Prüfungsdruck durch Klassenarbeiten oder Test.
"Druck läuft Spiel zuwider und nimmt ihm einfach jedwede Möglichkeit sich zu entfalten. Spiel ist etwas, das freiwillig geschieht, wo ich mich drauf einlasse als Kind auch dieses notenlose, das ist aus dem Montessori-Bereich bekannt, das ist sehr, sehr anregend, kann für Schüler sehr, sehr positiv sein"."
Sagt der Medienpädagoge Torben Kohring vom ComputerProjekt Köln, der sich seit Jahren damit auseinandersetzt, wie Computerspiele die Entwicklung von Jugendlichen beeinflussen:
""Computerspiele bieten einmalige Strukturen zu motivieren, den Spieler dabei zu halten, den Spieler dazu zu bringen, sich intensiv mit einer Aufgabe auseinanderzusetzen. Und das ist sicherlich etwas, bei dem sich viele Lehrer fragen: Warum können die sich sieben Stunden auf einer Computerspiel einlassen, und wenn ich denen zehn Minuten was erzähle, dann schalten sie ab."
Durch das Spielen bekommen die Schüler ein schnelles, eindeutiges Feedback auf Erfolg oder Misserfolg, zum Beispiel in Form von Punkten. Gewinnt der Schüler, wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet, das für ein angenehmes Gefühl sorgt und leistungsfähiger macht. Und durch die virtuellen Spielewelten, wie zum Beispiel beim Paddeln im Meer, eröffnen sich für Schüler und Lehrer vollkommen neue Möglichkeiten.
"Wenn man einen Urwald an der Schule erschaffen will, das ist nur mit hohen Geldmitteln zu ermöglichen. Sich aber mal in einen Urwald zu begeben und verschiedene Vegetationszonen kennen zu lernen, alles im virtuellen Raum, macht es natürlich sehr, sehr greifbar für den Schüler."
Um neue Spielkonzepte zu entwickeln, arbeiten Lehrer und Gamedesigner an der Quest-to-Learn Schule gemeinsam an den Aufgaben, erklärt die Game-Designerin Sheila Ponnet:
"Jede Domain hat ein Team. Jeder Lehrer arbeitet mit einem Game-Designer zusammen und wir entwickeln den Lehrplan zusammen. Und wenn wir wissen, was wir vermitteln wollen, dann überlegen wir, wie wir das in eine Spielmission umwandeln können. Das ist alles."
Allerdings würde der Lehrer dadurch in Zukunft noch lange nicht überflüssig.
"Der Lehrer unterrichtet die Kinder. Ich als Game-Designer hab doch keine Ahnung, wie man Kinder unterrichtet. Wir brauchen die Expertise von beiden"
Auch nachmittags bietet die Schule eine Menge weiterer Möglichkeiten zum spielerischen Lernen. Zum Beispiel im Minecraft-Club, in dem die Schüler im gleichnamigen Spiel alle möglichen Figuren und Gebäude erschaffen können. Von diesen freien Gestaltungsmöglichkeiten ist der Game-Designer Brandon Tramblee fasziniert:
"Es ist eine ganz offene Welt ohne konkretes Ziel, aber du darfst total kreativ sein, kannst die Welt so formen, wie du willst. Im Minecraft-Club gibt es dann zum Beispiel einen Wettbewerb, wer die größten Gebäude baut. Wir suchen immer nach Spielen, Werkzeugen und Technologien, die helfen, auf kreative Art und Weise zu lernen. Und Minecraft nutzen wir im Moment sehr viel im Unterricht."
Seit drei Jahren nun besteht die Computerspiel-Schule und ständig kommen Politiker vorbei, um sich das Modellprojekt anzuschauen. In Chicago hat gerade eine zweite Quest to Learn Schule aufgemacht. Die Direktorin Rebecca Rufo-Tepper sieht das als Bestätigung ihrer Arbeit:
"Die Leute wertschätzen unsere Schule, weil sie sehen, dass wir uns wirklich danach richten, was Kinder wollen und das mit dem verbinden, was Schüler lernen sollen. Wir sagen aber auch den Eltern: Wenn ihr eine traditionelle Schule wollt, dann müsst ihr euch woanders umsehen. Aber die, die sich für unsere Schule entscheiden, schätzen uns sehr."
In Deutschland gibt es noch keine derartige Schule, obwohl Experten das Potential von Computerspielen für das Lernen bereits erkannt haben, sagt der Medienpädagoge Torben Kohring:
""Ja das bedeutet auch Mut. Weil man muss sich vom Lehrenden, zum Wissenspartner weiter entwickeln und auch den Mut haben, von den Schülern zu lernen. Also es ist wirklich ein partnerschaftliches Verhältnis und das fordert Mut von den Lehrern und so ist die Ausbildung an den Unis leider noch nicht"."
Aber eins zu eins könne man das Konzept aus den USA nicht übernehmen, meint Torben Kohring, dafür sei es in Deutschland noch einige Jahre zu früh.