Spielerisch, unverkrampft und komisch
Wie spiegelt sich das Schaffen von Richard Wagner in der deutschen Gegenwartskunst? Die Ausstellung "Mythos Wagner" in Leipzig geht dieser Frage nach und zeigt einen Querschnitt durch 50 Jahre Kunstgeschichte in der Auseinandersetzung mit Komponisten.
Die entseelten Körper von Tristan und Isolde begrüßen den Besucher beim Betreten der Ausstellungsräume. Auf dem Bild des Künstlers Henning von Gierke stehen sich ein Mann und eine Frau am Strand gegenüber. Aus den Körpern der beiden scheinen die Seelen gen Himmel zu steigen. Die Sehnsucht und die unerfüllte Liebe sind nahezu greifbar. Von Gierke ist einer von fünf zeitgenössischen Künstlern, deren Werke in der Ausstellung gezeigt werden. Die Kuratorin Dr. Margit im Schlaa erklärt die Idee:
"Wir haben uns überlegt, wie der Nachhall dieses Mythos Wagners in der Kunst aussieht. Und wir haben festgestellt, dass es ein kontinuierliches, ungebrochenes Interesse an Wagner gibt. Wir haben exemplarisch einen Querschnitt durch 50 Jahre Kunstgeschichte in der Auseinandersetzung mit Wagner präsentiert."
Zu sehen sind zum Beispiel Werke von Markus Lüpertz und Anselm Kiefer. Sie repräsentieren die Generation von Künstlern, die sich schon in den 70er-Jahren mit Tabuthemen und Mythen der deutschen Kultur befasst hat. In einem Raum füllt Kiefers bekannter Holzstich "Brunhilde Grane" eine gesamte Wand aus. Auf dieses Werk ist die Kuratorin besonders stolz.
"Der hat tatsächlich, als erster deutscher Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg, angefangen, die jüngste deutsche Geschichte und ihre Mythen aufzuarbeiten und Wagner war natürlich immer Bestandteil dieser Zeit, weil er als Inbegriff für die stigmatisierte Kultur im Dritten Reich gilt."
Auf dem schwarz-weißen Druck zu sehen ist eine Profilansicht von Brünnhildes Pferd Grane. Es steht als Skelett in einem brennenden Scheiterhaufen. Durch die T-Form wirkt das Bild wie ein Grabstein und unterstreicht so die dramatische Düsternis der dargestellten Szene.
Neben Kiefer und Lüpertz werden auch Bilder des Performance- und Videokünstlers Jonathan Meese gezeigt. Der 43-Jährige wird derzeit als einer der Wagner-Experten gehandelt, denn 2016 wird Meese Regie, Bühnenbild und Kostüm für den Bayreuther "Parsifal" übernehmen. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Festspiele, dass eine einzelne Person für all diese Bereiche verantwortlich ist. Für seine Porträtserie hat Meese Wagners hervorstechendste Gesichtszüge zu einfachen, grafischen Formen stilisiert. Nase, Kinn und Baskenmütze sind nunmehr schwarze Dreiecke.
"Wir haben uns überlegt, wie der Nachhall dieses Mythos Wagners in der Kunst aussieht. Und wir haben festgestellt, dass es ein kontinuierliches, ungebrochenes Interesse an Wagner gibt. Wir haben exemplarisch einen Querschnitt durch 50 Jahre Kunstgeschichte in der Auseinandersetzung mit Wagner präsentiert."
Zu sehen sind zum Beispiel Werke von Markus Lüpertz und Anselm Kiefer. Sie repräsentieren die Generation von Künstlern, die sich schon in den 70er-Jahren mit Tabuthemen und Mythen der deutschen Kultur befasst hat. In einem Raum füllt Kiefers bekannter Holzstich "Brunhilde Grane" eine gesamte Wand aus. Auf dieses Werk ist die Kuratorin besonders stolz.
"Der hat tatsächlich, als erster deutscher Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg, angefangen, die jüngste deutsche Geschichte und ihre Mythen aufzuarbeiten und Wagner war natürlich immer Bestandteil dieser Zeit, weil er als Inbegriff für die stigmatisierte Kultur im Dritten Reich gilt."
Auf dem schwarz-weißen Druck zu sehen ist eine Profilansicht von Brünnhildes Pferd Grane. Es steht als Skelett in einem brennenden Scheiterhaufen. Durch die T-Form wirkt das Bild wie ein Grabstein und unterstreicht so die dramatische Düsternis der dargestellten Szene.
Neben Kiefer und Lüpertz werden auch Bilder des Performance- und Videokünstlers Jonathan Meese gezeigt. Der 43-Jährige wird derzeit als einer der Wagner-Experten gehandelt, denn 2016 wird Meese Regie, Bühnenbild und Kostüm für den Bayreuther "Parsifal" übernehmen. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Festspiele, dass eine einzelne Person für all diese Bereiche verantwortlich ist. Für seine Porträtserie hat Meese Wagners hervorstechendste Gesichtszüge zu einfachen, grafischen Formen stilisiert. Nase, Kinn und Baskenmütze sind nunmehr schwarze Dreiecke.
Wagner als Popikone
"Er hat versucht diese sehr stark reduzierte Form, mit einem hohen Wiedererkennungswert, zu verbinden mit Elementen des klassischen Herrscherporträts und mit Elementen der zeitgenössischen Medienkultur. In dieser Verbindung ist aus Wagner eine Popikone geworden, die man nahtlos in die Alltagsrealität des 21. Jahrhunderts integrieren kann."
Jonathan Meese steht stellvertretend für eine jüngere Künstlergeneration, deren Umgang mit dem Werk und der Person Richard Wagner eher spielerisch und weniger problembeladen ist. Zu dieser Generation gehört auch der Hamburger Thorsten Brinkmann. Er inszeniert Themen oder Figuren als Selbstporträts. Dazu verkleidet er sich mit Stoffen vom Flohmarkt und gebrauchten Gegenständen und macht dann mit dem Selbstauslöser Fotos von sich. Allerdings ist darauf sein Gesicht immer verdeckt. Für die Ausstellung "Mythos Wagner" hat sich Brinkmann die Ringfiguren als Motive ausgesucht: Siegfried, Brünnhilde, den Zwerg und den Drachen. Durch die skurril wirkende Kostümierung verlieren die Figuren ihre Bedeutungsschwere und wirken gleichzeitig befremdlich und komisch. Für Brinkmann ist das kein Widerspruch, im Gegenteil.
"Der Ring der Nibelungen, also wie die sich verhalten, das ist schon auch lustig. Die hauen sich da gegenseitig die Köpfe ein, da gibt’s Inzest. Ich glaub die einzige Frau, mit der Siegfried nicht verwandt ist, ist die letzte, das ist Gudrune. Alle anderen, da ist eine Tante, die sind irgendwie alle blutsverwandt. Und das spielt alles keine Rolle, und das ist schon auch erstaunlich. Das les ich mir gerne durch und da kann ich lachen bei."
Die augenzwinkernde Herangehensweise ermöglicht es dem Betrachter, sich dem Figurenkosmos Wagners unverkrampft zu nähern.
"Also für mich ist es ein Weg da einen unbefangenen Zugang zu haben. Man kann so auch vor allem, also auch anderen, die noch gar nichts damit zu tun hatten einen Zugang ermöglichen, der angstfreier ist oder nicht so einschüchternd. Das kann einen ja auch erstmal ziemlich befangen machen, und das hat so eine Schwere, und da geht einem viel verloren, weil ich glaube da gibt’s schon viel zu entdecken."
Viel entdeckt hat auch der Maler Henning von Gierke. Angefangen hat seine Wagner-Begeisterung vor über 30 Jahren.
"Also ich war mit 25 in einer Spätvorstellung gegangen von Syberberg, Verfilmung von Parsifal und hatte bis dahin noch nie so in Wagner reingehört. Das fing um elf Uhr nachts an und siehe da, um fünf Uhr morgens war ich immer noch wach. Das hat mich tief berührt. Da hab ich dann angefangen Wagner zu hören, und dann sind noch mal 10 Jahre vergangen oder noch länger, ich glaub ich war Anfang 40, als von Bayreuth der Auftrag kam, den Lohengrin zu machen, und das hat mich dann restlos begeistert."
Von Gierke hat in der Folge an zahlreichen Wagner-Inszenierungen in Bayreuth, München und Tokio mitgearbeitet. Für eine Ausstellung im Wagner-Museum Bayreuth hat er 2006 die Rauminstallation "Fundstätten, Archäologie" angefertigt. Die ist auch in der Klinger-Villa in Leipzig zu sehen. Sie besteht aus quadratischen Kistenmodulen, die wie eine archäologische Ausgrabungsstätte aussehen. Darin findet man unter anderem Schwerter, Speere, Vogelfedern und Rüstungsteile.
"Ich schildere die Dinge, die ich finde als Wagner-Interpret, wenn ich anfange beim Ring zu graben. Da finde ich die Goldherrschaft und den Hass, und ich finde die Nibelungen, die Runen, Speere, die zwei Raben, und ich finde das Skelett von Grane. All diese Motive finde ich und die gilt es auf der Bühne zu benennen oder umzusetzen. Diesen Gedankenprozess zeige ich in dieser Installation."
Jonathan Meese steht stellvertretend für eine jüngere Künstlergeneration, deren Umgang mit dem Werk und der Person Richard Wagner eher spielerisch und weniger problembeladen ist. Zu dieser Generation gehört auch der Hamburger Thorsten Brinkmann. Er inszeniert Themen oder Figuren als Selbstporträts. Dazu verkleidet er sich mit Stoffen vom Flohmarkt und gebrauchten Gegenständen und macht dann mit dem Selbstauslöser Fotos von sich. Allerdings ist darauf sein Gesicht immer verdeckt. Für die Ausstellung "Mythos Wagner" hat sich Brinkmann die Ringfiguren als Motive ausgesucht: Siegfried, Brünnhilde, den Zwerg und den Drachen. Durch die skurril wirkende Kostümierung verlieren die Figuren ihre Bedeutungsschwere und wirken gleichzeitig befremdlich und komisch. Für Brinkmann ist das kein Widerspruch, im Gegenteil.
"Der Ring der Nibelungen, also wie die sich verhalten, das ist schon auch lustig. Die hauen sich da gegenseitig die Köpfe ein, da gibt’s Inzest. Ich glaub die einzige Frau, mit der Siegfried nicht verwandt ist, ist die letzte, das ist Gudrune. Alle anderen, da ist eine Tante, die sind irgendwie alle blutsverwandt. Und das spielt alles keine Rolle, und das ist schon auch erstaunlich. Das les ich mir gerne durch und da kann ich lachen bei."
Die augenzwinkernde Herangehensweise ermöglicht es dem Betrachter, sich dem Figurenkosmos Wagners unverkrampft zu nähern.
"Also für mich ist es ein Weg da einen unbefangenen Zugang zu haben. Man kann so auch vor allem, also auch anderen, die noch gar nichts damit zu tun hatten einen Zugang ermöglichen, der angstfreier ist oder nicht so einschüchternd. Das kann einen ja auch erstmal ziemlich befangen machen, und das hat so eine Schwere, und da geht einem viel verloren, weil ich glaube da gibt’s schon viel zu entdecken."
Viel entdeckt hat auch der Maler Henning von Gierke. Angefangen hat seine Wagner-Begeisterung vor über 30 Jahren.
"Also ich war mit 25 in einer Spätvorstellung gegangen von Syberberg, Verfilmung von Parsifal und hatte bis dahin noch nie so in Wagner reingehört. Das fing um elf Uhr nachts an und siehe da, um fünf Uhr morgens war ich immer noch wach. Das hat mich tief berührt. Da hab ich dann angefangen Wagner zu hören, und dann sind noch mal 10 Jahre vergangen oder noch länger, ich glaub ich war Anfang 40, als von Bayreuth der Auftrag kam, den Lohengrin zu machen, und das hat mich dann restlos begeistert."
Von Gierke hat in der Folge an zahlreichen Wagner-Inszenierungen in Bayreuth, München und Tokio mitgearbeitet. Für eine Ausstellung im Wagner-Museum Bayreuth hat er 2006 die Rauminstallation "Fundstätten, Archäologie" angefertigt. Die ist auch in der Klinger-Villa in Leipzig zu sehen. Sie besteht aus quadratischen Kistenmodulen, die wie eine archäologische Ausgrabungsstätte aussehen. Darin findet man unter anderem Schwerter, Speere, Vogelfedern und Rüstungsteile.
"Ich schildere die Dinge, die ich finde als Wagner-Interpret, wenn ich anfange beim Ring zu graben. Da finde ich die Goldherrschaft und den Hass, und ich finde die Nibelungen, die Runen, Speere, die zwei Raben, und ich finde das Skelett von Grane. All diese Motive finde ich und die gilt es auf der Bühne zu benennen oder umzusetzen. Diesen Gedankenprozess zeige ich in dieser Installation."