"Gegen Spinnenangst hilft nur Spinnenwissen"
34:52 Minuten
Viele ekeln sich, ihn faszinieren Spinnen. Peter Jäger fesseln die Tiere seit seiner Kindheit. 400 neue Arten hat er entdeckt, die meisten in Südostasien. Der Forscher ist auch Herr über 500.000 Spinnentiere im Frankfurter Senckenberg-Museum.
Udo Lindenberg, Nina Hagen und David Bowie sind oder waren Musiker, so weit, so bekannt. Aber, es gibt sie auch als Spinnen. Das ist möglich ist, weil Peter Jäger drei Arten der Riesenkrabbenspinnen nach ihnen benannt hat. Das geht? "Ja, das geht", erklärt der Spinnenforscher.
"Es gibt das Programm Biopatenschaften. Und da gibt es so einen Katalog, nicht nur mit Spinnen, auch mit Orchideen, Schmetterlingen oder Reptilien, wo man sich eine Art heraussuchen kann, für sich selber, oder auch für seine Angebetete. Und dann darf man 2.600 Euro spenden." Das Geld, so Peter Jäger, geht zu Hälfte an das Institut, das die Spinne entdeckt und beschrieben hat, und zur anderen Hälfte an das Land, wo sie gefunden wurde.
Das Muster macht den Unterschied
Dass der Arachnologe einer Spinnenart ausgerechnet den Namen David Bowie gab, war natürlich kein Zufall. Es überrascht wohl wenig, dass er Fan von Bowies Musik ist. Was der Laie weniger vermutet ist, dass Peter Jäger Gemeinsamkeiten sieht zwischen dem Musiker aus London und der Spezies "Heteropoda davidbowie", die vor allem in Malaysia, Singapur, Thailand und Indonesien vorkommt.
Als der Wissenschaftler diese Riesenkrabbenspinne zuerst beschrieb, entdeckte er, "dass sie eine gelb-schwarze Musterung frontal hat, wenn man ihr ins Gesicht schaut. Und das hat sie unterschieden von allen anderen über 200 Arten in dieser Gattung. So war David Bowie auch. Weil er diesen Glam-Rock herausgebracht und sich angemalt hat."
Eine Spinne namens Greta Thunberg
48.000 Spinnenarten sind heute bekannt, so Peter Jäger. 400 davon hat er selbst beschrieben. Eine halbe Million Spinnenarten, so schätzen Wissenschaftler, gibt es weltweit, etwa 1.000 in Deutschland.
Doch auch Spinnen sind bedroht. Um darauf aufmerksam zu machen, hat Peter Jäger eine Spezies nach der Klimaaktivistin Greta Thunberg benannt. "Wenn man als Biologe in den Tropen und Subtropen unterwegs ist, sieht man, wie die Lebensräume durch Abholzung leiden. Wenn man in Malaysia die Küste entlangfährt, gibt es nur noch Palmölplantagen. Das tut natürlich sehr weh."
Denn: Ohne Spinnen, sagt Peter Jäger, hätten wir Menschen ein riesiges Problem. "Ich bemühe immer das Bild, wenn man sich alle Spinnen von dieser Welt wegdenken würde, würden wir in einem Tag nicht mehr atmen können, weil sich die Insekten so vermehren, dass wir dann Insekten schlucken. Die Lunge wäre voller Insekten."
Spinnenangst ist ein "tradiertes Verhalten"
Für Spinnen interessiert sich Peter Jäger schon seit seiner Kindheit. Er war fünf, als er Spinnen in ein Gurkenglas steckte und sie beobachtete. Seine Mutter hatte eine regelrechte Spinnenphobie. Doch "die habe ich ihr aberzogen". Später, erzählt der 52-jährige Wissenschaftler, hat sie "meine Vogelspinnen gefüttert, wenn ich auf Reisen war."
Dass viele Menschen mit Angst und Abneigung auf Spinnen reagieren, wäre evolutionär bedingt, erklärt Peter Jäger. "Es ist ein tradiertes Verhalten. Es reicht ein spitzer Schrei der Mutter, das kann auch ein Lehrer sein, oder eine Oma. Und dieser wird aufgenommen und ein Leben lang festgehalten. Das kann man aber ganz leicht wieder loswerden."
"Jede Spinne hat eine Geschichte"
Die Menschen von ihrer Spinnenangst zu befreien, ist für den Biologen ganz wichtig. Denn die Tiere besitzen für ihn eine hohe Symbolkraft. Wenn man "jemanden davon überzeugt, dass eine Spinne interessant ist, dann ist das stellvertretend für die gesamte Natur." Dann habe man auch wieder Respekt vor der Natur.
"Gegen Spinnenangst hilft nur Spinnenwissen", erklärt Peter Jäger." Also jede Spinne hat eigentlich eine Geschichte. Und das habe ich gemacht mit Schulklassen, mit Kindergartengruppen, mit Erwachsenen. Man muss nur einen Schritt näher gehen, dann sieht man, wie toll sie sind."