Reporter ohne Grenzen klagt gegen BND
Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen will gegen den Bundesnachrichtendienst notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Der Verein verdächtigt den BND, er habe den E-Mailverkehr mit ausländischen Partnern ausgespäht, wie Geschäftsführer Mihr erklärt.
Rund 280.000 E-Mails hat allein der deutsche Ableger von Reporter ohne Grenzen im Jahr 2013 empfangen und verschickt - viele davon gingen ins Ausland, denn die Organisation unterstützt die Arbeit von Journalisten weltweit und setzt sich für Presse- und Informationsfreiheit ein.
Jetzt verdächtigt Reporter ohne Grenzen den Bundesnachrichtendienst, er habe den E-Mailverkehr mit den ausländischen Partnern ausgespäht. Christian Mihr, der Geschäftsführer der Organisation in Deutschland:
Jetzt verdächtigt Reporter ohne Grenzen den Bundesnachrichtendienst, er habe den E-Mailverkehr mit den ausländischen Partnern ausgespäht. Christian Mihr, der Geschäftsführer der Organisation in Deutschland:
Mihr: "Regionale Arbeitsschwerpunkte der Organisation Reporter ohne Grenze sind unter anderem ja der Nahe und der Mittlere Osten und fast alle Länder des post-sowjetischen Raumes, UDSSR-Länder, Länder wie Syrien, Aserbaidschan, Ägypten, Usbekistan etc. Und vielen Medienberichten zufolge zielen zahlreiche BND-Operationen ja genau auf diese Weltregionen."
Deshalb müsse man davon ausgehen, dass auch E-Mails von Reporter ohne Grenzen vom BND erfasst und bearbeitet worden seien. Das funktioniere über ein Filtersystem des BND, das E-Mails auf bestimmte Schlagworte hin untersuche, sagt Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen.
Dabei steht der Kommunikationsverkehr der Presse eigentlich unter einem besonderen Schutz. Journalisten genießen das Zeugnisverweigerungsrecht zum Schutz ihrer Informanten. Durch die Überwachungspraxis des BND sei dies nicht mehr garantiert, meint Christian Mihr, und der Nachrichtendienst verstoße gegen das im Grundgesetz verankerte Fernmeldegeheimnis, ein Verbot, das vor unbefugtem Abhören schützen soll. Deshalb jetzt die Klage gegen den BND, eingereicht am Montag beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig:
Spielkamp: "Wir möchten, dass das Bundesverwaltungsgericht feststellt, dass der BND das Fernmeldegeheimnis verletzt hat. Und wir sagen, dass es keine Rechtsgrundlage gibt für die Datenbank VerAS, die der BND verwendet,"
sagt Vorstandsmitglied Spielkamp. Mit VerAS, das ausgeschrieben Verkehrsanalysesystem heißt, erfasse der BND Metadaten aus Telefongesprächen oder E-Mails.
"Glaubwürdigkeit gegenüber autoritären Staaten stärken"
Spielkamp: "Da muss man einfach sagen, es handelt sich um eine Vorratsdatenspeicherung ohne Rechtsgrundlage. Das heißt in dieser Datenbank werden Metadaten abgespeichert und in bis in die fünfte Ebene hinein analysiert - das kann man sich, glaube ich, relativ leicht klar machen, was das bedeutet, was die fünfte Ebene heißt: Das heißt, jemand von uns kommuniziert mit einen befreundeten Journalisten im Ausland, der wiederum mit einem befreundeten Journalisten kommuniziert, der wiederum mit einem Informanten kommuniziert, der zum Beispiel mit einem Rechtsverletzer kommunizert. Dann unterstellt der BND, dass da eine Verbindung zwischen uns und dieser Person besteht."
Die Überwachungspraxis des BND führe zu einer Aushöhlung des Informantenschutz, die wiederum Abschreckungseffekte bei Journalisten und Informanten mit sich brächten. Außerdem gehe es Reporter ohne Grenzen mit der Klage, so Geschäftsführer Mihr, darum,
Mihr: "die Glaubwürdigkeit Deutschlands gegenüber autoritären Staaten wieder zu stärken, wie China, Saudi-Arabien, Usbekistan. Dort gibt es eine willkürliche Überwachungspraxis, und hier sehen wir eine teilweise auch aus dem Ruder gelaufene Überwachung und die Sammlung von Metadaten, die ein Grundrecht wie das Recht auf Pressefreiheit bedroht."
Im deutschen Raum sind Klagen wie diese recht selten, noch dazu kommt, dass die Organisation aufzeigen muss, dass ihre Mitglieder wirklich von der Überwachung betroffen sind – ein schwieriges Unterfangen. Trotzdem: Vorstandsmitglied Matthias Spielkamp ist optimistisch:
"Da haben wir durchaus die Hoffnung, dass in dem Verfahren Informationen ans Licht kommen, die erstens für die Öffentlichkeit interessant sind, die für uns relevant sind und die wir unter Umständen dann auch weiter nutzen können in Zukunft."
Rund anderthalb Jahre werde das Verfahren dauern, schätzt Reporter ohne Grenzen. Notfalls sei man bereit, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.