Der BND und seine unlogischen Ausreden
Auch der deutsche EU-Diplomat Hansjörg Haber wurde wohl vom Auslandsgeheimdienst überwacht: Zur Begründung heißt es, dass die EU nun einmal rechtlich kein Inland sei. Diese BND-Logik allerdings klinge eher wie ein Denkfehler, kommentiert Falk Steiner.
So richtig überrascht mag man nicht mehr sein. Der Bundesnachrichtendienst, der Auslandsgeheimdienst der Bundesrepublik, hat in Anwendung seiner kreativen Rechtsfortbildung wohl auch einen deutschen EU-Diplomaten auf seiner Zielliste gehabt. Hansjörg Haber, ehemaliger deutscher Botschafter in Kairo und Beirut, derzeit Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes in der Türkei.
Pikanterweise ist dieses BND-Ziel zudem auch noch Ehemann der heutigen Innenstaatssekretärin Emily Haber – früher politische Direktorin im Auswärtigen Amt, was auch dem Bundesnachrichtendienst bekannt sein dürfte, und heute für das Innenministerium teilweise mit den Gesprächen zur NSA-Affäre betraut.
Haber gilt als verständnisvoll für die Arbeit der Nachrichtendienste, doch dass ihre Kommunikation, sozusagen als "Beifang", damit vielleicht auch gleich mit in die Fänge des BND geraten ist, scheint keineswegs ausgeschlossen.
Europäische Union als Ausland
Der BND hat seine Ausrede bereits seit bald 20 Jahren parat: die sogenannte Funktionsträgertheorie. Hansjörg Haber arbeitete – zumindest zeitweise – für eine regierungsartige Institution, die EU-Kommission.
Und diese EU ist rechtlich Ausland, so die Auffassung im BND, da sie nicht mehrheitlich deutsch ist. Und Haber als Deutscher, der ist, zumindest was seine dienstlichen Tätigkeiten angeht, damit auch kein Grundrechtsartikel-10-geschützter Mensch, wie jeder normale Bewohner der Bundesrepublik es wäre. So die BND-Logik, die für einen normal denkenden Menschen eher nach einem Logikfehler klingt.
Ja, Spitzendiplomaten müssen natürlich damit rechnen, ausgespäht zu werden. Und Haber, der in Russland, in Georgien, in Ägypten, dem Libanon und der Türkei arbeitete, dürfte oft Ziel von Spionagemaßnahmen gewesen sein. Er ist ein leiser Spitzendiplomat, einer, der an den heißesten Stellen der Diplomatie tätig ist.
Kaum überraschende Peinlichkeit
Doch das erlaubt dem BND natürlich nicht, ihn abzuhören – auch für ihn muss das berühmte Diktum "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht" gelten. Jener Satz, von dem der Bundesnachrichtendienst bis zur Äußerung der Kanzlerin nichts gewusst haben will.
Es sind also wieder einmal kaum überraschende, jedoch dennoch überaus peinliche Neuigkeiten für den BND. Er spioniert eigene Staatsbürger im Ausland aus, er setzte Suchbegriffe der NSA ein, die er laut Sachverständigem nicht einsetzen hätte dürfen und in der kommenden Woche soll in München auch noch der Prozess gegen den CIA-Spion beim BND, den technischen Sachbearbeiter Markus R. beginnen. Keine guten Zeiten für den BND-Präsidenten Gerhard Schindler und seine Aufsichtsbehörde, das Kanzleramt.