"Wir müssen die Tiere ehren, die uns ernähren"
In seiner "Adler Wirtschaft" im Rheingau tafelten Angela Merkel und Wladimir Putin. Der Sternekoch Franz Keller wurde aus Wut über die industrielle Landwirtschaft Bauer. Heute züchtet er die Tiere, die er verarbeitet - und ist Bestseller-Autor.
Die Sterneküche hat in Franz Kellers Familie Tradition: Mutter Irma ist die erste Sterneköchin Deutschlands. Schon als Kind hilft er in der Küche und sorgt später für den zweiten Stern des Familienrestaurants "Schwarzer Adler" bei Freiburg. Eine bodenständige Küche, das 4-Gang-Menü kostet damals 12 bis 14 DM. "Menü war sowieso ein Schimpfwort. Das ist es ja zum Teil heute noch. Wir haben ja die sogenannten Tellergerichte: Eine Portion, und rechts und links hängt das Schnitzel rüber. Das ist leider sehr deutsch und schwer davon wegzukommen. Und deshalb hat mein Vater das Menü damals so preiswert gemacht, damit die Leute das überhaupt gegessen haben."
Der Lehrmeister war Paul Bocuse
Franz Keller wird Lehrling der französischen Kochlegende Paul Bocuse. Schon in frühen Jahren spürt er: "den absoluten Willen, nur das Beste zu bringen, koste es, was es wolle". Aber diese Küche kostet – unverständlich für den Vater, der den Sohn in den Familienbetrieb zurückholt. Es kommt zum Streit, Keller Junior geht und eröffnet 1979 sein erstes eigenes Restaurant in Köln – und holt erneut zwei Sterne. Doch bald gerät er finanziell an seine Grenzen. Das Beste wollen eben nicht alle bezahlen: "Großzügigkeit und großer Luxus beim Essen, die besten Produkte, das ist bei uns ja leider nicht so gang und gäbe. Eher das große Auto oder Designermöbel – und beim Essen sollte man dann sparsam sein, zumindest nach außen."
Doch er bleibt seiner Überzeugung treu und wird in den 80er-Jahren schließlich einer der bestbezahlten Sterneköche Deutschlands. Franz Keller bekocht Promis, wird für besondere Kochevents im Ausland gebucht, verdient als Gastro-Direktor des "Schlosshotels Bühler Höhe" in Baden-Baden das Rekordgehalt von einer halben Million DM.
Vom Einfachen das Beste
1993 hat er den Sternezirkus satt und verkündet offiziell seinen Ausstieg. Er besinnt sich seiner Wurzeln und eröffnet die "Adler Wirtschaft" in Hattenheim im Rheingau. Aus Wut über die schlechte Qualität von Lebensmitteln in Deutschland wird Franz Keller Bio-Bauer:
"Weil es die Produkte langsam aber sicher nicht mehr gibt, die ich kenne, die ich will – und von denen die meisten Menschen heute keine Ahnung mehr haben. Das, was wir heute an Schweinefleisch kaufen, hat nichts mehr mit Schweinefleisch zu tun. Fleisch kommt von Lebewesen, und Lebewesen sollte man erstmal eine gewisse Achtung entgegenbringen."
Heute bewirtschaftet er einen 14 Hektar großen Hof mit Kaninchen, Schweinen und Rindern, die er artgerecht hält. Seine Überzeugung: "Wir müssen die Tiere ehren, die uns ernähren." Diese Auffassung vertritt er auch in seinem in diesem Jahr erschienenen Bestseller "Vom Einfachen das Beste – Ein Sternekoch greift an".