Warum BMW keine Schecks mehr verteilt
BMW hat sein Verfahren zur Parteienfinanzierung bereits 2013 umgestellt. Der Autobauer unterstützt seither, wie es heißt, "die gesellschaftspolitische Arbeit der Parteien" mit einzelnen Kooperationen. Hört sich gut an. Sponsoring statt Spenden - der neue Trend?
Neulich im September auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main. Bundeskanzlerin Angela Merkel steigt in ein weißes Auto, in ein blaues, lässt sich von Autobauern die neuesten Trends erklären:
"Man steigt aus und das Auto parkt oder muss man noch drinsitzen?"
Nur einige Monate später, im Dezember, präsentiert sich die Bundeskanzlerin wieder vor Autos. Nur dieses Mal in Karlsruhe auf dem CDU-Parteitag. Neben der Automobilindustrie sind auch Vertreter der Geflügelwirtschaft, Automatenwirtschaft, der Bauwirtschaft und ein Tabakkonzern vertreten. Die Parteitagsdelegierten können sich zwanglos informieren und beeindrucken lassen.
Dasselbe Bild wenige Wochen zuvor beim CSU-Parteitag in München. Bei den Ausstellern dabei - wieder ein Autobauer. Der – wie alle Aussteller - hat sich diesen Parteitagsstand viel kosten lassen, überdurchschnittlich viel, vermuten Kritiker. Wieviel sagt keiner. Mehr als zwei Millionen-Euro hätte der CDU-Parteitag gekostet, heißt es. Ein Großteil der Finanzierung wurde durch die Aussteller abgedeckt. Die Standgebühren verbuchen die Firmen als normale Ausgaben. Nicht etwa als Spende, sondern als - Sponsoring. Der neue Trend der Parteienfinanzierung?
"Wenn ein Unternehmen Politiker beeinflussen will, dann möchte es natürlich in direkten Kontakt kommen",
sagt Annette Sawatzki von Lobbycontrol aus Berlin. Sponsoring sei die neue Spende. Großspenden wie anno dunnemals in der alten Bundesrepublik der 70er- und 80er-Jahre hätten ausgedient. Einfach nur Gelder rüberschieben, das lohne sich nicht mehr für die Firmen, so Sawatzki:
"Für eine simple Überweisung bedankt sich dann vielleicht der Schatzmeister mit einem Anruf, aber bei einem Stand bei einem Parteitag treffe ich direkt Parteifunktionäre, komme mit ihnen ins Gespräch, kann ihnen direkt meine Anliegen vortragen."
Einzelne Kooperationen
Ganz im alten Stil verhielten sich die Anteilseigner von BMW 2013 nach der Bundestagswahl. Ganz offensiv und auch nachvollziehbar spendeten die Quandtfamilie knapp 700.000 Euro an die CDU. Die Bundestagsverwaltung veröffentlichte die Spende knapp eine Woche später auf ihrer Website. Jetzt heißt der neue Trend Sponsoring. Das Verfahren zur Parteienfinanzierung habe man bereits im Jahr 2013 "sukzessive umgestellt", heißt es in einer Pressemittelung von BMW. Man unterstütze seither "die gesellschaftspolitische Arbeit der Parteien" mit einzelnen Kooperationen.
Konkret heißt das, dass man zum Beispiel Jugendorganisationen der Parteien stärker unterstützen möchte, so Nicola Brüning vom Berliner BMW-Büro. Sponsoring statt Spenden - der Parteienforscher und Politikwissenschaftler Michael Koß beobachtet diesen neuen Trend und ist skeptisch:
"Das Problem mit dem Sponsoring ist einfach nur, dass es intransparent ist, im Vergleich zu einer Spende muss eine Einnahme, die Parteien über Sponsoring verbucht nicht im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden, schon gar nicht eben mit Namen des Sponsors und dem Umfang."
Ein Hintertürchen, nein, vielmehr Einfallstor für Lobbyisten? Die Berliner Lobbycontrolleure befürchten genau das. Annette Sawatzki:
"Denn Sponsorzahlungen werden nirgendwo öffentlich gemacht, Großspenden müssen ab 50.000 Euro binnen weiniger Tage öffentlich gemacht werden. Bei Sponsoring, egal in welcher Höhe, ist das nicht der Fall."
Wie allergisch die Firmen auf Presseanfragen zum Thema reagieren, zeigen die Recherchen bei BMW. Zuerst wurde zugesagt, sich äußern zu wollen. Man wolle offensiv die neue Parteienunterstützung kommunizieren. Ein Hintergrundgespräch dazu sei auch kein Problem. Nur: Sobald sich ein Sprecher öffentlich äußern soll, blockt BMW ab. Abschließend heißt es aus München: " Zu dem Thema wird es kein Interview geben." Ein möglicher Grund für die Reserviertheit, so der Parteienforscher Koß:
"Steuern spielen sicherlich auch eine Rolle, weil Sponsoring ist ja steuerlich absetzbar im Gegensatz zu einer Unternehmensspende. Das gilt nur für natürliche Personen, nicht für juristische Personen. Letztere können Spenden eben nicht absetzen. Also da ist schon mal ein schöner Effekt. Und ein anderer ist auf jeden Fall die Intransparenz."
Firmen, die das Parteienprofil unterstützen
Natürlich springe man auf den Zug des Sponsorings statt Spenden auf, heißt es aus der bayerischen SPD. Die Parteitage über Aussteller zu finanzieren, das sei seit 2009 Usus. Dabei setze man vor allem auf Firmen, die das Parteienprofil unterstützen, wie die Solarindustrie. Dass die Bundesregierung bei Parteispenden sehr schnell mit Gesetzesänderungen reagieren kann, zeigte sie im vergangenen Dezember. Ganz schnell wurde ein Schlupfloch der AfD Stichwort Online-Goldshop geschlossen, ohne jedoch das Thema Sponsoring zu überarbeiten. Parteienforscher Koss klingt resigniert. Ist er es?
"Jein, also wenn Sie mich vor einem Jahr gefragt hätten wäre ich noch verhalten optimistisch gewesen, jetzt wo wir die Novelle des Parteiengesetzes im Dezember letzten Jahres gehabt haben, wo man ein Schlupfloch für die AfD geschlossen hat und alle anderen Probleme, die seit Jahren angesprochen werden überhaupt nicht angegangen ist, würde ich es vielleicht nicht Resignation nennen, aber es besteht einfach auch kein Grund zum Optimismus. Ja, ohne Skandal ändert sich scheinbar wohl nichts und das ist bedauerlich."