Sport-App für Krebskranke

Mit Bewegung durch die Therapie

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Eine Person dehnt das linke Bein.
Sport kann die Krebsnachsorge unterstützen. © Unsplash / Abigail Keenan
Von Peter Kolakowski |
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Sport wirkt sich bei Krebspatienten vorteilhaft auf Körper und Psyche aus. Eine App unterstützt sie mit einem Bewegungsprogramm zusätzlich zur Organisation von Arztterminen und nützlichen Infos. So können Betroffene auch zu Hause aktiv sein.
Helmut Schneider nimmt gern die Treppe, nicht nur beim Einkaufen in der Stadt. Um fit zu bleiben, macht er auch gezielt Treppensport. Nach überstandener Krebserkrankung mit anschließender Chemo will Helmut Schneider wieder Kraft sammeln.
Was ihm dabei hilft, ist eine App aus dem Internet mit Sport und Fitnesstipps. "Ich habe diese App entdeckt, die da heißt ‚Sport in der Krebsnachsorge‘. Diese App finde ich gut, weil es da Möglichkeiten für Anfänger und Fortgeschrittene gibt", erzählt er.

Sportliche Aktivität hilft Krebskranken

Dass sich sportliche Aktivität bei krebskranken Menschen vorteilhaft auf Körper und Psyche auswirkt, wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen.
Bewegung sei das A und O, erläutert der Sportwissenschaftler und Sportpsychologe Joachim Wiskemann vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen, das die Sport-App mitentwickelt hat. Wiskemann leitet dort die Arbeitsgruppe für onkologische Sport- und Bewegungstherapie und ist zudem Initiator des Netzwerkes Onko aktiv.
Das Netzwerk hat zum Ziel, Bewegungsangebote so wohnortnah wie möglich für die Patienten anzubieten.
Screenshot der Downlooadseite der App „Onko-NachsorgeAktiv”.
Die Nachsorge App soll sportliche Aktivitäten leichter machen.© Screenshot
"Das Wichtigste ist, körperlich aktiv zu sein, und das gelingt, wenn man einer körperlichen Aktivität nachgeht, die einem Spaß macht. Wir sprechen mittlerweile von mehreren hundert Studien, die im Kontext einer Krebserkrankung untersucht haben, inwieweit strukturierte Sportprogramme, Bewegungsprogramme Patienten helfen, Nebenwirkungen der Therapie oder auch Komplikationen der Krebserkrankung zu mildern", erklärt Joachim Wiskemann.
"Man muss auch hier sagen: Wenn es gelingt, Patienten unter Chemotherapie, unter Radiotherapie oder auch danach aktiv zu halten, dann kommen sie besser durch die Therapien durch und haben sehr wahrscheinlich auch eine bessere Prognose, leben also länger nach der Krebserkrankung."

Üben mit der App – zusätzlich zur Reha

Auch Waltraud Seibert, 65 Jahre alt, möchte auf ihr regelmäßiges Sportprogramm auf keinen Fall mehr verzichten. Sie geht einmal die Woche zum kostenlosen Reha-Sport in der Gruppe. Doch sie will mehr tun und nutzt ebenfalls die App.
"Ich habe Darmkrebs gehabt mit Lebermetastasen, war insgesamt 77 Tage im Krankenhaus, sechs Mal im OP, zwölf Mal Chemo. Ich war ziemlich schwach am Anfang und erschöpft und müde, bin aber sofort wieder eingestiegen in die Bewegung", erzählt sie.
"Man hat einfach gemerkt, es geht aufwärts, man ist positiv eingestellt und wird wieder gesund. Ich möchte wieder so werden wie früher. In der Zwischenzeit bin ich auch fast schon so weit."
Zwar sei auch in der Ärzteschaft das Wissen über die lindernde oder heilende Wirkung von Bewegung bei oder nach Krebs gestiegen, so Joachim Wiskemann vom Netzwerk Onko aktiv, allerdings bei weitem nicht genug.
"Da gibt es ja auch ganz viele Vorbehalte", sagt der Sportpsychologe. "Wir wissen, dass viele Menschen in der Gesellschaft der Bewegung nicht so viel Bedeutung zumessen. Es ist eben auch kein Medikament, was ich kurz mal verabreichen kann, sondern es bedeutet eine Verhaltensänderung. Deswegen bedeutet das aus ärztlicher Sicht auch Arbeit. Wir sehen ganz klar einen großen Informationsbedarf."

Unterschiedliche Programme, je nach Leistungsfähigkeit

Nun hat auch Joachim Wiskemann sein Smartphone aus der Tasche geholt und beschreibt die App, die Krebspatienten bei der Therapie unterstützen soll: Zum Beispiel auch dabei, die ganzen Termine, die rund um die Therapie zu koordinieren sind, nicht zu vergessen.
Sie bietet auch die Möglichkeit sich umfassend über ein Bewegungsprogramm zu informieren, das im Netzwerk Onko aktiv entwickelt wurde.
"Wenn ich jetzt hier durch meine App scrolle, sehe ich unterschiedliche Programme für Patienten in unterschiedlichen Leistungssituationen: Wenn man eher sagt, ich bin ein Beginner, ich habe noch gar keine Erfahrung mit Bewegung, da gibt es ein Programm, das etwas leichter und zeitlich nicht so umfangreich ist", erklärt er.
Über die Tage und Wochen hinweg könne das Programm sukzessive gesteigert werden. Alle Übungen sind auf einem Video dargestellt, versehen mit einer Kurzanleitung zum Durchlesen.
"So kann ich auch, wenn ich gerade zu Hause bin und nicht in die Therapieeinrichtung gehen kann, ein Bewegungsprogramm umsetzen und habe auch über die App die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen", erläutert Joachim Wiskemann.

Keine Datenübermittlung an Dritte

Die in der App beschriebenen Bewegungsprogramme eignen sich allerdings nicht für alle Patienten. So sollte zum Beispiel Bauchmuskeltraining nach einer Magenkrebsoperation auf jeden Fall vermieden werden.
Die App, die auch die eigene Patientenakte speichern kann sowie Veranstaltungshinweise zum Thema Krebsnachsorge, übermittelt keine Daten an Dritte, ist auch ohne Internetanschluss nutzbar und kann in den einschlägigen App-Stores heruntergeladen werden – kostenlos. Titel: "Onko-NachsorgeAktiv" (für Android und iOS).
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