Sport gegen Rechts in Sachsen

Demokratietrainer bohren dicke Bretter

Ein dunkelhäutiger Fußballer trägt ein Trikot vom SG Dynamo Dresden mit dem Slogan "Love Dynamo Hate Racism"
Ein dunkelhäutiger Fußballer trägt ein Trikot vom SG Dynamo Dresden mit dem Slogan "Love Dynamo Hate Racism" © picture alliance / dpa / Thomas Eisenhuth
Von Alexandra Gerlach |
Seit Jahren versuchen Rechtsextremisten, in die Strukturen des sächsischen Sports einzudringen. Beliebtes Einfallstor sind die rund 4500 Sportvereine. Über zehn Jahre widmet sich der Landessportbund Sachsen bereits diesem Thema. Betroffen ist vor allem der Fußball.
Stadionsprecher: Liebe Zuschauer, die Mannschaften stehen bereit, heute für einen schönen, spannenden Fußballnachmittag, bei großer Kulisse, hier im Stadion am Bad!
"Man kann sagen, dass wir seit 2005 uns sehr intensiv mit der Thematik auseinandersetzen, wir haben damals mit dem Kulturbüro gemeinsam so genannte Handreichungen im Umgang mit der Thematik entwickelt."
… sagt Nadine Haase. Die gebürtige Berlinerin hat in Leipzig Sport studiert, aktiv Fußball gespielt und ist beim Landessportbund Sachsen als Projektleiterin "Sportverein(t) für Demokratie" angestellt. Dank finanzieller Förderung aus dem 2011 gestarteten Bundesprojekt "Zusammenhalt durch Teilhabe" sowie durch Landesmittel des Freistaates Sachsen kann der Landessportbund seit fünf Jahren intensiv an der politische Bildung und Aufklärung über Extremismus in den Sportvereinen arbeiten.
"Wir haben so genannte Demokratietrainer ausgebildet, die jetzt als Honorarkräfte für uns unterwegs sind, und wenn zum Beispiel das Kind irgendwo in den Brunnen gefallen ist, erfahren wir davon, man kann sagen, wir sind so die 'Feuerwehr im Sport', und dann fahren wir raus, sind mobil vor Ort und beraten. Und schauen hinter die Kulissen, was da genau passiert ist und so kommen wir an die Fälle ran."
Darüber hinaus werden alle Trainer und Ausbildungs- sowie Übungsleiter geschult. Vier bis fünf Lerneinheiten sind für jeden Pflicht, der eine Lizenz erwerben will. Das dient der Aufklärung und Prävention, wenn etwa über verbotene Abzeichen auf der Kleidung informiert wird. Nadine Haase und ihre zwei anderen hauptamtlichen sowie gut 20 nebenamtlichen Mitstreiter im Dienst der Extremismus-Bekämpfung werden jedoch auch gerufen, wenn es zu ernsthaften rassistischen und fremdenfeindlichen Vorfällen gekommen ist, zumeist auf Fußballplätzen:
"Na ja, also dieses klassische 'Du Negerschwein', oder wenn man dunkelhäutigen Spielern begegnet, dass so gesagt wird, 'geh zurück in Deinen Busch, oder wo Du herkommst', das sind schon schwerwiegende Pöbeleien, bis dahin, dass Nazi Heil!-Rufe geschrien werden oder auch der Hitlergruß gezeigt wird und meistens das dann auch noch in Formen von Gewalt oder körperlichen Ausschreitungen endet, also das ist dann meist noch die Spitze des Ganzen."

Widerstände in den Vereinsspitzen

Je nach Schwere des Vorfalls werden die Demokratieberater und Anti-Extremismus-Trainer des Landessportbundes dann von Zeugen, Vereinsvorständen oder Schiedsrichtern informiert, manchmal resultiert der Anruf auch aus einer Auflage des Sportgerichts. Nicht immer sind die Sportvereinsvorstände begeistert, wenn die Demokratietrainer ihr Kommen ankündigen. Vielfach, so sagt Nadine Haase, müsse sie dicke Bretter bohren, in der Regel treffe man in der Vereinsspitze zunächst auf Widerstand:
"Weil einfach Ängste vorhanden sind, viele Angst vor Verlust haben, Imageverlust, das Fördergelder eingestampft werden… Die erste Hürde muss überwunden werden. Und dann lässt die meistens auch nach, die Angst."
Die Arbeit mit den Vereinen sei absolute Vertrauenssache, betont die engagierte Projektleiterin. Ohne Vertrauen gehe gar nichts. Sie wolle nicht politischer Akteur werden, sagt Nadine Haase, sie könne dem Verein nur beratend zur Seite stehen und ihn dazu ermuntern, klar Stellung zu beziehen, wenn es in seinen Reihen zu rassistischen, extremistischen Ausfällen gekommen sei. Dann spreche sie intensiv über die Grundwerte des Sports:
"Wofür steht der Sport? Was bedeutet Fair-Play-Gedanke und auf Grund von gesellschaftlichen Entwicklungen, haben wir es natürlich auch immer wieder damit zu tun, dass es demokratiefeindliche Einstellungen gibt, und sich dazu der Sport auch noch einmal per se oder mit solchen Programmen positionieren muss."
Das sei derzeit ganz besonders wichtig mit Blick auf die von der islamfeindlichen Legida- und Pegida-Bewegung entfesselten, rassistischen Hetz-Kommentare in den sozialen Netzwerken. Diese beobachte man sehr genau, betont auch Landessportbund-Pressesprecher Jochen Meyer:
"Extremismus und Diskriminierung, Intoleranz widerspricht den Grundwerten des Sports und diese Grundwerte halten wir natürlich hoch in unserer Arbeit und deswegen ist uns das auch sehr wichtig."
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