Sport mit demenziell erkrankten Menschen

Wertschätzung und Empathie sind wichtig

Im Vordergrund: Der Hinterkopf einer weiblichen Person mit kinnlangen Haaren ist verschwommen zu sehen. Im Hintergrund: Eine Person sitzt mit angewinkelten Beinen auf einer Fitnessmatte und umschließt die Fußfesseln mit den Händen.
Sport hilft an Demenz Erkrankten nicht nur, die motorischen Fähigkeiten und die Muskelkraft zu verbessern, sondern ist auch ein Schritt aus der sozialen Isolation. © dpa Themendienst
Von Gerd Michalek |
Die Muskelkraft wird gestärkt, zugleich ist der Sport ein Schritt aus der sozialen Isolation: Wer Sport mit an Demenz erkrankten Menschen macht, wählt idealerweise Bewegungsabläufe, die diesen aus ihrem gesunden Leben vertraut sind.
Diplomsportlehrer Larsen Lechler arbeitet am Malteser St. Hildegard-Krankenhaus in Köln-Lindenthal regelmäßig mit Menschen, die an einer demenziellen Erkrankung leiden. Die Patienten kommen meist in Kleingruppen zusammen, manche werden aber auch einzeln betreut. Teilweise machen Angehörige die Übungen mit. Schließlich sind sie als vertraute Person eine Art "Anker" in der Sport-Stunde. Viele wollen wissen, welches Bewegungsangebot am ehesten zu dem Erkrankten passt.
"Da finde ich die Biografie sehr wichtig. Man sollte sich daran orientieren, was der Erkrankte immer gerne getan hat, denn da wird die motorische Funktion noch am besten vorhanden sein wie die Erinnerung daran und das Verbinden mit Freude. Selbst wenn jemand gerne Rad gefahren ist, spricht nichts dagegen, dass man mit Menschen mit Demenz Rad fährt, aber man sollte eben gucken wie gut ist die motorische Fähigkeit."

Übungsleiter sollten sich an einen festen Ablauf halten

Sport hilft an Demenz Erkrankten nicht nur die motorischen Fähigkeiten und die Muskelkraft zu verbessern, sondern ist auch ein Schritt aus der sozialen Isolation. Denn Sport sorgt für ein besseres Selbstwertgefühl. Vorausgesetzt, die Patienten werden individuell unterstützt. Ergotherapeutin Catrin Michelss schult Übungsleiter eigens für diese Aufgabe. Die Kölnerin zählt auf, was zu einer guten Übungsstunde gehört:
"Ritual einbinden, einen ähnlichen Stundenablauf, einen Hauptteil, der Alltagsbezug hat für die Menschen mit Demenz, ein klares Stundenende."
Nicht zu vergessen: eine geduldige und besonnene Grundhaltung des Übungsleiters.
"Dass man einen Mensch mit Demenz so akzeptiert in seinem Verhalten, das er zeigt, ihn wertschätzt, und dass man Empathie entwickelt."
Die zehn Teilnehmerinnen des Workshops leiten teilweise schon über 40 Jahre lang Sportgruppen, in denen einzelne Mitglieder vergesslich geworden sind und offensichtlich an einer demenziellen Erkrankung leiden. Immer wieder stellt sich den Trainerinnen die Frage, wie sie auf Dauer dem Einzelnen, aber auch der ganzen Gruppe gerecht werden können?

Demenzerkrankungen können sehr unterschiedlich verlaufen

"Neu habe ich in diesem Lehrgang erfahren, dass man sich doch viel mehr Gedanken machen muss, sich viel mehr auf die Teilnehmer einstellen muss und sie nicht alle über einen Kamm scheren kann."
Demenz ist nicht gleich Demenz. Manche der über 50 verschiedenen Formen verlaufen schleichend, andere stufenförmig. Manche Übungsstunde hat es daher in sich: Wenn die Bitte zum Mitmachen zunächst auf null Resonanz stößt, kann es daran liegen, dass ein an Demenz Erkrankter erst Minuten später reagieren kann. Es gibt viel zu beachten, erläutert Diplomsportler Larsen Lechler.
Was tun, wenn Bewegungsvorgaben nicht richtig befolgt werden? Korrigieren oder einfach machen lassen? Eine Frage, die auf alle Lebensbereiche zutrifft und die sich auch für die Angehörigen immer wieder stellt:
"Ja, die Angehörigen sind quasi miterkrankt. Weil sie stehen vor einer Situation, wo sich ihr Leben für immer kolossal verändern wird. Ich erlebe es in den Gruppen, dass überkorrigiert wird, damit es mit Essen, mit Trinken, mit der sportlichen Übung richtig gemacht wird. Das wäre manchmal wünschenswert, dass eine Akzeptanz der Erkrankung an die Stelle tritt und Lob für das, was noch möglich ist!"

Auch Klänge können Demenzkranken helfen. Wie? Darüber sprach Christine Schön mit Jörg Degenhardt. Den Beitrag können Sie hier nachhören:

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