Kinder-Sportangebote

Soziale Teilhabe ermöglichen

06:35 Minuten
Ein Schulkind hüpft mit einem Ball zwischen den Beinen.
Der SC Bielefeld 04/26 möchte Kindern die Teilhabe am Sport ermöglichen, die sonst eher ausgeschlossen sind. © dpa / picture alliance / Patrick Pleul
Von Heinz Schindler |
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"Kinder von der Straße holen" ist die klassische Begründung für Jugendarbeit im Sportverein, auch wenn die Bindung an die Klubs oft nachlässt. Der SC Bielefeld 04/26 hat mit Angeboten wie „Quartier in Bewegung“ und „Open Sunday“ darauf reagiert.
Ein abgeschirmtes und fast schon idyllisches Stück Grün nur wenige Kilometer nördlich der Bielefelder Innenstadt mit einem Kunstrasenplatz und dem Vereinsheim – das ist die Anlage des SC Bielefeld 04/26.
Wenn hier zeitgleich einige der 23 Jugendmannschaften trainieren, kann man leicht vergessen, dass es im Einzugsbereich des Vereins auch Kinder gibt, für die das Dabeisein in einem Sportverein mit finanziellen Hürden verbunden ist und vielleicht auch das Betreten der Sportanlage schon ein Hemmnis darstellt.
Als Frank Riedel 2013 Geschäftsführer des Vereins wurde, hatte er sich eines fest vorgenommen:

Wenn ich was mache, dann gucke ich in Richtung Teilhabe, Förderung. Kindern den Weg zu bahnen in den Verein hinein, Angebote zu machen, die auch Kinder aus Familien erreichen, die jetzt eher weniger üppig ausgestattet sind im Geldbeutel.

Frank Riedel, Geschäftsführer des SC Bielefeld 04/26

Seine Ideen stießen auf offene Ohren im Verein, der ohnehin vor der Herausforderung stand, darauf zu reagieren, dass sich das Vereinsleben gewandelt hatte.

Ein Verein für den Stadtteil

Präsident Axel Gerlach hat es in den 50 Jahren seiner Mitgliedschaft erlebt.
„Früher war große Kameradschaft, Gemeinsamkeiten. Man hat also nicht nur Fußball gespielt, sondern auch nach dem Training oder im privaten Bereich sich getroffen und Sachen unternommen. Aber es hat viel eben Vereinsleben oder Familienleben im Verein stattgefunden.“

Der SC Bielefeld wandelte sich vom Stadtteilverein zum Verein im und für den Stadtteil. Suchte sich Partner außerhalb von Sportplatz und Vereinsheim und fand diese in den Grundschulen und Kindertagesstätten im Umfeld. Doch all dies muss finanziert werden.

Als kleiner Verein groß denken

Geschäftsführer Riedel wandte sich an die Landesregierung.

„Ich bin nach Düsseldorf gegangen, zum Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Weil mein Thema 'Teilhabeförderung über Sport' letztlich verortet ist auch in der Sozialpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen, die also damals wie heute Programme initiiert haben, Fördermittel aufgelegt haben, um eben Teilhabeförderung insbesondere in benachteiligten Quartieren zu organisieren. Und da war ich dann mit meinem Anliegen sehr wohl erfolgreich und wir sind jetzt im fünften Förderjahr insgesamt.“

Als kleiner Verein groß zu denken, das bringt Fördergelder, die es ermöglichen, in die Infrastruktur zu investieren statt in einzelne Maßnahmen. So entstehen niederschwellige Angebote – also welche, bei denen das Mitmachen so einfach wie möglich gemacht wird für die Kinder im Stadtteil.

"Open Sunday" in insgesamt acht Turnhallen

Eines davon ist der „Open Sunday“. Sophie Kemp leitet das Projekt und will Kinder runter vom Sofa bewegen.

Deshalb öffnen wir sonntags für mehrere Stunden die Turnhallen an mittlerweile acht Grundschulen hier in Bielefeld und laden alle Kinder ein, die Lust haben, zu uns zu kommen, Sport machen, sich zu bewegen, einfach vorbeizukommen. Die müssen sich da vorher nicht anmelden, die sind auch nicht bei uns im Verein Mitglied – oder müssen es zumindest nicht sein.

Sophie Kemp, Leiterin des Projekts "Open Sunday"

Die vielerorts gefürchteten Helikopter-Eltern haben hier übrigens Landeverbot.

„Also, die dürfen noch nicht mal mit in die Umkleide rein, um den Kindern die Schuhe zuzubinden."

Sport ohne Leisungsorientierung

Zu kommen oder auch nicht, je nach Lust und Laune, sich bewegen ohne Leistungsorientierung und keinerlei Verpflichtungen eingehen. Damit taten sich die 1.100 Mitglieder im SC Bielefeld weniger schwer als man vermuten mag, berichtet Präsident Gerlach. Und das, obwohl man mit Hilfe dieser Angebote kaum neue Mitglieder gewinnt.

„Also, die Zahl ist sehr, sehr gering. Und das ist ja auch nicht unser Anliegen, sondern wir wollen ja, dass die Kinder in Bewegung kommen und nicht die Vereinsmitgliedschaft als Schwerpunkt darstellen."
Sophie Kemp arbeitet hauptamtlich beim SC Bielefeld. Denn auch das ist eine Erkenntnis aus der Öffnung des Vereins: Im klassischen Ehrenamt funktioniert so etwas nicht.

„Ich kümmere mich bei den Projekten 'Open Sunday' und Co. um die ganze Organisation, manage alles. Kümmere mich um unseren bunten Ameisenhaufen an jugendlichen Ehrenamtlichen, die vor Ort die Angebote anleiten und betreuen. Kümmere mich darum, dass wir die Hallen haben, dass wir das Material haben.“

Sieben Vereine machen beim "Open Sunday" mit

An acht Standorten in Bielefeld fand im letzten Winterhalbjahr mehr als hundert Mal der "Open Sunday" statt. Sieben Vereine beteiligen sich mittlerweile daran. Doch die Fördermittel sind endlich.

„Für langfristige Arbeit, Entwicklung von Sportformaten für alle Kinder brauchen wir die Kommune als Plattform. Und wir leben hier in Bielefeld, eine Stadt, die eher zu den ärmeren Kommunen in Nordrhein-Westfalen gehört. Wir müssen immer damit rechnen, dass Haushaltssicherung droht und dergleichen mehr. Und das heißt natürlich, das ist ein hartes Geschäft, immer wieder an das Geld ranzukommen.“

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