Boykotte, Fäuste, Streiks
Regierungen nutzen Sportveranstaltungen gern für ihre politischen Zwecke. Aber auch Sportler und Fans platzieren im Stadion Protestbotschaften. Manchmal geht es dabei nicht um hehre Ziele, sondern um mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen.
"Die Olympischen Spiele müssen neutral sein, sonst verlieren sie ihren Sinn." Das sagte IOC-Präsident Thomas Bach im Vorfeld der Winterspiele 2014 in Sotchi. Doch so klar Bachs Stellungnahme erscheinen mag – von der Realität ist sie weit entfernt.
Immer schon sind Sportveranstaltungen von Regierungen für politische Zwecke missbraucht worden. Doch auch Sportler selbst haben ihre Wettkämpfe bereits häufig als Plattform für Protestbotschaften benutzt. Die Wahl der Mittel und die Ausmaße unterschieden sich jedoch mitunter deutlich voneinander.
Schwarzer Handschuh gegen Diskriminierung
Eine immer wiederkehrende Projektionsfläche für politischen und gesellschaftlichen Protest waren die Olympischen Spiele als größtes Sportereignis der Welt. Berühmte Einzelbeispiele sind die dunkelhäutigen US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos. 1968 in Mexiko City gewannen sie beim 200-Meter-Rennen Gold und Bronze – bei der Siegerehrung erhoben sie jeweils eine mit einem schwarzen Handschuh bekleidete Faust, um gegen die Diskriminierung von Afroamerikanern in ihrem Land zu protestieren. Smith und Carlos mussten daraufhin ihre Medaillen zurückgeben und wurden von den Spielen ausgeschlossen.
Olympia war aber auch Schauplatz kollektiver Proteste. Die Sommerspiele 1976 in Montreal wurden von mehr als 20 afrikanischen Nationen boykottiert – als Reaktion auf die Einladung Neuseelands, dessen Rugbymannschaft zuvor an einem Turnier im Apartheidstaat Südafrika teilgenommen hatte. Noch weitläufiger war der Olympia-Boykott 1980: Aus Protest gegen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan blieben etwa 40 Staaten den Spielen in Moskau fern, darunter die USA und die Bundesrepublik. Vier Jahre später tat es ihnen die Sowjetunion zusammen mit 13 weiteren Ländern nach. Die Spiele in Los Angeles fanden ohne deren Athleten statt.
Streiks für bessere Arbeitsbedingungen
Seit etwa Mitte der 90er Jahre sind auch wirtschaftliche Aspekte ein verstärktes Motiv für Proteste im Sport gewesen – etwa im Basketball oder Eishockey. In den USA haben Spielerstreiks für bessere Arbeitsbedingungen bereits mehrfach zu Verkürzungen oder sogar Absagen von Spielzeiten geführt. Gegen die zunehmende Kommerzialisierung haben aber auch schon Fans aufbegehrt, vor allem im europäischen Fußball. Anhänger des FC Liverpool waren damit Anfang Februar erfolgreich: Tausende von ihnen verließen bei einem Heimspiel weit vor Abpfiff demonstrativ das Stadion – die Eigentümer des Vereins nahmen ihre geplanten Preiserhöhungen für Eintrittskarten daraufhin zurück.
Hören Sie dazu auch das Gespräch mit Prof. Jürgen Mittag von der Deutschen Sportschule in Köln: